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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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mals befand, zeugen auch folgende Zeilen,
die ich unter seinen Papieren gefunden habe:

Ach was ist es, das mich also dränget,
Mich mit heißen Armen eng umfänget,
Daß ich mit ihm fern von hinnen ziehen,
Daß ich soll dem Vaterhaus' entfliehen?
Ach was muß ich ohne mein Verschulden
Für Versuchung und für Marter dulden!
Gottes Sohn! um Deiner Wunden willen,
Kannst Du nicht die Angst des Herzens stillen?
Kannst Du mir nicht Offenbarung schenken,
Was ich innerlich soll wohl bedenken?
Kannst Du mir die rechte Bahn nicht zeigen?
Nicht mein Herz zum rechten Wege neigen?
Wenn Du mich nicht bald zu Dir errettest,
Oder, in den Schooß der Erde bettest,
Muß ich mich der fremden Macht ergeben,
Muß, geängstigt, dem zu Willen leben,
Was mich zieht von meines Vaters Seite,
Unbekannten Mächten Raub und Beute! --

mals befand, zeugen auch folgende Zeilen,
die ich unter ſeinen Papieren gefunden habe:

Ach was iſt es, das mich alſo dränget,
Mich mit heißen Armen eng umfänget,
Daß ich mit ihm fern von hinnen ziehen,
Daß ich ſoll dem Vaterhauſ' entfliehen?
Ach was muß ich ohne mein Verſchulden
Für Verſuchung und für Marter dulden!
Gottes Sohn! um Deiner Wunden willen,
Kannſt Du nicht die Angſt des Herzens ſtillen?
Kannſt Du mir nicht Offenbarung ſchenken,
Was ich innerlich ſoll wohl bedenken?
Kannſt Du mir die rechte Bahn nicht zeigen?
Nicht mein Herz zum rechten Wege neigen?
Wenn Du mich nicht bald zu Dir erretteſt,
Oder, in den Schooß der Erde betteſt,
Muß ich mich der fremden Macht ergeben,
Muß, geängſtigt, dem zu Willen leben,
Was mich zieht von meines Vaters Seite,
Unbekannten Mächten Raub und Beute! —
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[252/0260] mals befand, zeugen auch folgende Zeilen, die ich unter ſeinen Papieren gefunden habe: Ach was iſt es, das mich alſo dränget, Mich mit heißen Armen eng umfänget, Daß ich mit ihm fern von hinnen ziehen, Daß ich ſoll dem Vaterhauſ' entfliehen? Ach was muß ich ohne mein Verſchulden Für Verſuchung und für Marter dulden! Gottes Sohn! um Deiner Wunden willen, Kannſt Du nicht die Angſt des Herzens ſtillen? Kannſt Du mir nicht Offenbarung ſchenken, Was ich innerlich ſoll wohl bedenken? Kannſt Du mir die rechte Bahn nicht zeigen? Nicht mein Herz zum rechten Wege neigen? Wenn Du mich nicht bald zu Dir erretteſt, Oder, in den Schooß der Erde betteſt, Muß ich mich der fremden Macht ergeben, Muß, geängſtigt, dem zu Willen leben, Was mich zieht von meines Vaters Seite, Unbekannten Mächten Raub und Beute! —

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/260>, abgerufen am 24.11.2024.