Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.zu klügeln und zu kritisiren. Das Mahlen Den Beschluß machte der Pater mit ei¬ "Einer der frühsten Mahler," erzählte P
zu klügeln und zu kritiſiren. Das Mahlen Den Beſchluß machte der Pater mit ei¬ »Einer der frühſten Mahler,« erzählte P
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zu klügeln und zu kritiſiren. Das Mahlen
war ihm eine heilige Bußübung; und manch¬
mal, wenn er Chriſti Leiden am Kreuz
mahlte, ſah man während der Arbeit große
Thränen über ſein Geſicht fließen. — Das
Alles iſt nicht ein ſchönes Mährchen, ſon¬
dern die reine Wahrheit.« —
Den Beſchluß machte der Pater mit ei¬
ner recht ſeltſamen Geſchichte, welche eben¬
falls in jene alte Periode der religiöſen Mah¬
lerkunſt fällt.
»Einer der frühſten Mahler,« erzählte
er, »welcher uns Spinello genannt wird,
mahlte in ſeinem Alter für die Kirche S.
Agnolo zu Arezzo ein ſehr großes Altarblatt,
worauf er den Lucifer und den Sturz der
böſen Engel vorſtellte: in der Luft den En¬
gel Michael, wie er mit dem ſiebenköpfigen
Drachen kämpft, und unten den Lucifer in
der Geſtalt des ſcheußlichſten Ungeheuers.
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Zitationshilfe: | Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/233>, abgerufen am 16.02.2025. |