ein gar herrlicher, kräftiger Mann, der die stumme Größe der Kunst recht inniglich fühlte, und es besser achtete, selber große Werke hervorzubringen, als mit zierlichen, leichten Worten um große Werke der Kunst herumzuspielen. Sein Bruder Agostino dagegen war, neben seiner Kunst, ein feiner Weltmann, ein Litteratus und Sonnetten¬ dichter, der über Kunstsachen gern viel Worte machte. Als nun beyde von Rom zurückge¬ kommen waren, und wieder in ihrer Akade¬ mie in Bologna saßen und arbeiteten, fing dieser Agostino einstmals an, die merkwür¬ dige antike Gruppe des Laokoon gar weit¬ läuftig zu beschreiben, und alle die einzelnen Schönheiten mit gar zierlichen Reden her¬ auszustreichen. Wie nun sein Bruder Anni¬ bale ganz kalt und träumerisch daneben stand, als wenn er es nicht verstände, ward jener ungehalten, und fragte: ob er denn nichts
ein gar herrlicher, kräftiger Mann, der die ſtumme Größe der Kunſt recht inniglich fühlte, und es beſſer achtete, ſelber große Werke hervorzubringen, als mit zierlichen, leichten Worten um große Werke der Kunſt herumzuſpielen. Sein Bruder Agoſtino dagegen war, neben ſeiner Kunſt, ein feiner Weltmann, ein Litteratus und Sonnetten¬ dichter, der über Kunſtſachen gern viel Worte machte. Als nun beyde von Rom zurückge¬ kommen waren, und wieder in ihrer Akade¬ mie in Bologna ſaßen und arbeiteten, fing dieſer Agoſtino einſtmals an, die merkwür¬ dige antike Gruppe des Laokoon gar weit¬ läuftig zu beſchreiben, und alle die einzelnen Schönheiten mit gar zierlichen Reden her¬ auszuſtreichen. Wie nun ſein Bruder Anni¬ bale ganz kalt und träumeriſch daneben ſtand, als wenn er es nicht verſtände, ward jener ungehalten, und fragte: ob er denn nichts
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ein gar herrlicher, kräftiger Mann, der die
ſtumme Größe der Kunſt recht inniglich
fühlte, und es beſſer achtete, ſelber große
Werke hervorzubringen, als mit zierlichen,
leichten Worten um große Werke der Kunſt
herumzuſpielen. Sein Bruder Agoſtino
dagegen war, neben ſeiner Kunſt, ein feiner
Weltmann, ein Litteratus und Sonnetten¬
dichter, der über Kunſtſachen gern viel Worte
machte. Als nun beyde von Rom zurückge¬
kommen waren, und wieder in ihrer Akade¬
mie in Bologna ſaßen und arbeiteten, fing
dieſer Agoſtino einſtmals an, die merkwür¬
dige antike Gruppe des Laokoon gar weit¬
läuftig zu beſchreiben, und alle die einzelnen
Schönheiten mit gar zierlichen Reden her¬
auszuſtreichen. Wie nun ſein Bruder Anni¬
bale ganz kalt und träumeriſch daneben ſtand,
als wenn er es nicht verſtände, ward jener
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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/222>, abgerufen am 24.11.2024.
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