dem guten alten Pater sehr dringend an, mir immer noch mehr schöne Geschichten aus der Mahlerchronika zu erzählen. "Ich will mich besinnen," sagte er mit lächelndem Munde, "ich rede gern von den alten Mah¬ lergeschichten." Und nun erzählte er mir fürwahr eine ganze Menge der schönsten Hi¬ storien; denn er hatte alle Bücher, die je von der Kunst geschrieben sind, oftmals ge¬ lesen, und wußte das Beste daraus im Kopfe. Mir waren seine Erzählungen so eindring¬ lich, daß ich sie fast noch mit seinen Worten bis jetzt behalten habe, und ich will ein Theil davon zur Lust wieder erzählen.
Als wir in dem Bildersaal, wo wir uns befanden, auf ein Gemählde von dem vor¬ trefflichen Domenichino trafen, sagte er mir, daß dieser Mahler ein merkwürdiges Beyspiel von einem heißen Eifer in der Kunst abgebe, und fuhr, um dies zu bewei¬ sen, also fort:
dem guten alten Pater ſehr dringend an, mir immer noch mehr ſchöne Geſchichten aus der Mahlerchronika zu erzählen. »Ich will mich beſinnen,« ſagte er mit lächelndem Munde, »ich rede gern von den alten Mah¬ lergeſchichten.« Und nun erzählte er mir fürwahr eine ganze Menge der ſchönſten Hi¬ ſtorien; denn er hatte alle Bücher, die je von der Kunſt geſchrieben ſind, oftmals ge¬ leſen, und wußte das Beſte daraus im Kopfe. Mir waren ſeine Erzählungen ſo eindring¬ lich, daß ich ſie faſt noch mit ſeinen Worten bis jetzt behalten habe, und ich will ein Theil davon zur Luſt wieder erzählen.
Als wir in dem Bilderſaal, wo wir uns befanden, auf ein Gemählde von dem vor¬ trefflichen Domenichino trafen, ſagte er mir, daß dieſer Mahler ein merkwürdiges Beyſpiel von einem heißen Eifer in der Kunſt abgebe, und fuhr, um dies zu bewei¬ ſen, alſo fort:
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0218"n="210"/>
dem guten alten Pater ſehr dringend an,<lb/>
mir immer noch mehr ſchöne Geſchichten aus<lb/>
der Mahlerchronika zu erzählen. »Ich will<lb/>
mich beſinnen,« ſagte er mit lächelndem<lb/>
Munde, »ich rede gern von den alten Mah¬<lb/>
lergeſchichten.« Und nun erzählte er mir<lb/>
fürwahr eine ganze Menge der ſchönſten Hi¬<lb/>ſtorien; denn er hatte alle Bücher, die je<lb/>
von der Kunſt geſchrieben ſind, oftmals ge¬<lb/>
leſen, und wußte das Beſte daraus im Kopfe.<lb/>
Mir waren ſeine Erzählungen ſo eindring¬<lb/>
lich, daß ich ſie faſt noch mit ſeinen Worten<lb/>
bis jetzt behalten habe, und ich will ein<lb/>
Theil davon zur Luſt wieder erzählen.</p><lb/><p>Als wir in dem Bilderſaal, wo wir uns<lb/>
befanden, auf ein Gemählde von dem vor¬<lb/>
trefflichen <hirendition="#g">Domenichino</hi> trafen, ſagte er<lb/>
mir, daß dieſer Mahler ein merkwürdiges<lb/>
Beyſpiel von einem heißen Eifer in der<lb/>
Kunſt abgebe, und fuhr, um dies zu bewei¬<lb/>ſen, alſo fort:<lb/></p></div></body></text></TEI>
[210/0218]
dem guten alten Pater ſehr dringend an,
mir immer noch mehr ſchöne Geſchichten aus
der Mahlerchronika zu erzählen. »Ich will
mich beſinnen,« ſagte er mit lächelndem
Munde, »ich rede gern von den alten Mah¬
lergeſchichten.« Und nun erzählte er mir
fürwahr eine ganze Menge der ſchönſten Hi¬
ſtorien; denn er hatte alle Bücher, die je
von der Kunſt geſchrieben ſind, oftmals ge¬
leſen, und wußte das Beſte daraus im Kopfe.
Mir waren ſeine Erzählungen ſo eindring¬
lich, daß ich ſie faſt noch mit ſeinen Worten
bis jetzt behalten habe, und ich will ein
Theil davon zur Luſt wieder erzählen.
Als wir in dem Bilderſaal, wo wir uns
befanden, auf ein Gemählde von dem vor¬
trefflichen Domenichino trafen, ſagte er
mir, daß dieſer Mahler ein merkwürdiges
Beyſpiel von einem heißen Eifer in der
Kunſt abgebe, und fuhr, um dies zu bewei¬
ſen, alſo fort:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/218>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.