Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Dritter Gesang. Als sie den hohen Palast des Königs jezo erreichten,Sezten sich alle in Reihn auf prächtige Thronen und Seßel. Und den Kommenden mischte der Greis von neuem im Kelche390 Süßen balsamischen Wein; im elften Jahre des Alters Wählte die Schaffnerin ihn, und löste den spündenden Deckel. Diesen mischte der Greis und flehete, opfernd des Trankes, Viel zu der Tochter des Gottes mit wetterleuchtenden Schilde. Als sie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken,395 Gingen sie alle heim, der süßen Ruhe zu pflegen. Aber Tälemachos hieß der Roßebändiger Nestor Dort im Palaste ruhn, den Sohn des edlen Odüßeus, Unter der tönenden Hall', im schöngebildeten Bette. Neben ihm ruhte der Held Peisistratos, welcher allein noch400 Unvermählt von den Söhnen in Nestors Hause zurückblieb. Aber er selber schlief im Innern des hohen Palastes, Und die Königin schmückte das Ehbett ihres Gemahles. Als nun die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Dritter Geſang. Als ſie den hohen Palaſt des Koͤnigs jezo erreichten,Sezten ſich alle in Reihn auf praͤchtige Thronen und Seßel. Und den Kommenden miſchte der Greis von neuem im Kelche390 Suͤßen balſamiſchen Wein; im elften Jahre des Alters Waͤhlte die Schaffnerin ihn, und loͤſte den ſpuͤndenden Deckel. Dieſen miſchte der Greis und flehete, opfernd des Trankes, Viel zu der Tochter des Gottes mit wetterleuchtenden Schilde. Als ſie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken,395 Gingen ſie alle heim, der ſuͤßen Ruhe zu pflegen. Aber Taͤlemachos hieß der Roßebaͤndiger Neſtor Dort im Palaſte ruhn, den Sohn des edlen Oduͤßeus, Unter der toͤnenden Hall', im ſchoͤngebildeten Bette. Neben ihm ruhte der Held Peiſiſtratos, welcher allein noch400 Unvermaͤhlt von den Soͤhnen in Neſtors Hauſe zuruͤckblieb. Aber er ſelber ſchlief im Innern des hohen Palaſtes, Und die Koͤnigin ſchmuͤckte das Ehbett ihres Gemahles. Als nun die daͤmmernde Fruͤhe mit Roſenfingern erwachte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0065" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dritter Geſang</hi>.</fw><lb/> Als ſie den hohen Palaſt des Koͤnigs jezo erreichten,<lb/> Sezten ſich alle in Reihn auf praͤchtige Thronen und Seßel.<lb/> Und den Kommenden miſchte der Greis von neuem im Kelche<note place="right">390</note><lb/> Suͤßen balſamiſchen Wein; im elften Jahre des Alters<lb/> Waͤhlte die Schaffnerin ihn, und loͤſte den ſpuͤndenden Deckel.<lb/> Dieſen miſchte der Greis und flehete, opfernd des Trankes,<lb/> Viel zu der Tochter des Gottes mit wetterleuchtenden Schilde.<lb/> Als ſie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken,<note place="right">395</note><lb/> Gingen ſie alle heim, der ſuͤßen Ruhe zu pflegen.<lb/> Aber Taͤlemachos hieß der Roßebaͤndiger Neſtor<lb/> Dort im Palaſte ruhn, den Sohn des edlen Oduͤßeus,<lb/> Unter der toͤnenden Hall', im ſchoͤngebildeten Bette.<lb/> Neben ihm ruhte der Held Peiſiſtratos, welcher allein noch<note place="right">400</note><lb/> Unvermaͤhlt von den Soͤhnen in Neſtors Hauſe zuruͤckblieb.<lb/> Aber er ſelber ſchlief im Innern des hohen Palaſtes,<lb/> Und die Koͤnigin ſchmuͤckte das Ehbett ihres Gemahles.</p><lb/> <p>Als nun die daͤmmernde Fruͤhe mit Roſenfingern erwachte,<lb/> Da erhub ſich vom Lager der Roßebaͤndiger Neſtor,<note place="right">405</note><lb/> Ging hinaus, und ſezte ſich auf gehauene Steine,<lb/> Vor der hohen Pforte des ſchoͤngebauten Palaſtes,<lb/> Weiß und glaͤnzend wie Oel. Auf dieſen pflegte vor Alters<lb/> Naͤleus ſich hinzuſezen, an Rath den Unſterblichen aͤhnlich.<lb/> Aber er war ſchon todt und in der Schatten Behauſung.<note place="right">410</note><lb/> Nun ſaß Neſtor darauf, der geraͤniſche Huͤter der Griechen,<lb/> Seinen Stab in der Hand. Da ſammelten ſich um den Vater<lb/> Eilend aus den Gemaͤchern, Echefron, Stratios, Perſeus,<lb/> Und Araͤtos der Held, und der goͤttliche Thraſuͤmaͤdaͤs.<lb/> Auch der ſechſte der Bruͤder Peiſiſtratos eilte zu Neſtor.<note place="right">415</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [59/0065]
Dritter Geſang.
Als ſie den hohen Palaſt des Koͤnigs jezo erreichten,
Sezten ſich alle in Reihn auf praͤchtige Thronen und Seßel.
Und den Kommenden miſchte der Greis von neuem im Kelche
Suͤßen balſamiſchen Wein; im elften Jahre des Alters
Waͤhlte die Schaffnerin ihn, und loͤſte den ſpuͤndenden Deckel.
Dieſen miſchte der Greis und flehete, opfernd des Trankes,
Viel zu der Tochter des Gottes mit wetterleuchtenden Schilde.
Als ſie ihr Opfer vollbracht, und nach Verlangen getrunken,
Gingen ſie alle heim, der ſuͤßen Ruhe zu pflegen.
Aber Taͤlemachos hieß der Roßebaͤndiger Neſtor
Dort im Palaſte ruhn, den Sohn des edlen Oduͤßeus,
Unter der toͤnenden Hall', im ſchoͤngebildeten Bette.
Neben ihm ruhte der Held Peiſiſtratos, welcher allein noch
Unvermaͤhlt von den Soͤhnen in Neſtors Hauſe zuruͤckblieb.
Aber er ſelber ſchlief im Innern des hohen Palaſtes,
Und die Koͤnigin ſchmuͤckte das Ehbett ihres Gemahles.
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Als nun die daͤmmernde Fruͤhe mit Roſenfingern erwachte,
Da erhub ſich vom Lager der Roßebaͤndiger Neſtor,
Ging hinaus, und ſezte ſich auf gehauene Steine,
Vor der hohen Pforte des ſchoͤngebauten Palaſtes,
Weiß und glaͤnzend wie Oel. Auf dieſen pflegte vor Alters
Naͤleus ſich hinzuſezen, an Rath den Unſterblichen aͤhnlich.
Aber er war ſchon todt und in der Schatten Behauſung.
Nun ſaß Neſtor darauf, der geraͤniſche Huͤter der Griechen,
Seinen Stab in der Hand. Da ſammelten ſich um den Vater
Eilend aus den Gemaͤchern, Echefron, Stratios, Perſeus,
Und Araͤtos der Held, und der goͤttliche Thraſuͤmaͤdaͤs.
Auch der ſechſte der Bruͤder Peiſiſtratos eilte zu Neſtor.
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