Unter Aigisthos Hand und der Hand des heillosen Weibes.
Also besprachen diese sich jezo unter einander. Jezo nahte sich ihnen der rüstige Argosbesieger, Und ihm folgte zur Tiefe die Schaar der erschlagenen Freier. 100 Voll Verwunderung gingen die Könige ihnen entgegen. Und der hohe Schatten von Atreus Sohn Agamemnon Kannte des Melaniden, des tapfern Amfimedons Seele, Welcher sein Gastfreund war in Ithaka's felsichtem Eiland. Zu dem Kommenden sprach die Seele des großen Atreiden: 105
Was, Amfimedon, führt euch ins unterirdische Dunkel? Lauter erlesene Männer von gleichem Alter! Man würde Schwerlich in Einer Stadt so trefliche Männer erlesen! Tödtet' euch etwa in Schiffen der Erderschüttrer Poseidon, Da er den wilden Orkan und die steigenden Wogen empörte? 110 Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Männer, Als ihr die schönen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebt, Oder indem sie die Stadt und ihre Weiber verfochten? Lieber, sage mir dies; ich war ja im Leben dein Gastfreund. Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hause bewirtet, 115 Als ich Odüßeus ermahnte, dem göttlichen Menelaos Mit gen Troja zu folgen in schöngebordeten Schiffen? Erst nach einem Monat entschifften wir eurem Gestade, Und beredeten kaum den Städteverwüster Odüßeus.
Also sprach er; ihm gab Amfinomos Seele zur Antwort: 120 Atreus rühmlicher Sohn, weitherschender Held Agamemnon, Dieses weiß ich noch alles, und will umständlich erzählen, Wie uns so plözlich die Stunde des schrecklichen Todes ereilt hat. Siehe, wir liebten die Gattin des langentfernten Odüßeus.
Vierundzwanzigſter Geſang.
Unter Aigiſthos Hand und der Hand des heilloſen Weibes.
Alſo beſprachen dieſe ſich jezo unter einander. Jezo nahte ſich ihnen der ruͤſtige Argosbeſieger, Und ihm folgte zur Tiefe die Schaar der erſchlagenen Freier. 100 Voll Verwunderung gingen die Koͤnige ihnen entgegen. Und der hohe Schatten von Atreus Sohn Agamemnon Kannte des Melaniden, des tapfern Amfimedons Seele, Welcher ſein Gaſtfreund war in Ithaka's felſichtem Eiland. Zu dem Kommenden ſprach die Seele des großen Atreiden: 105
Was, Amfimedon, fuͤhrt euch ins unterirdiſche Dunkel? Lauter erleſene Maͤnner von gleichem Alter! Man wuͤrde Schwerlich in Einer Stadt ſo trefliche Maͤnner erleſen! Toͤdtet' euch etwa in Schiffen der Erderſchuͤttrer Poſeidon, Da er den wilden Orkan und die ſteigenden Wogen empoͤrte? 110 Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Maͤnner, Als ihr die ſchoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebt, Oder indem ſie die Stadt und ihre Weiber verfochten? Lieber, ſage mir dies; ich war ja im Leben dein Gaſtfreund. Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hauſe bewirtet, 115 Als ich Oduͤßeus ermahnte, dem goͤttlichen Menelaos Mit gen Troja zu folgen in ſchoͤngebordeten Schiffen? Erſt nach einem Monat entſchifften wir eurem Geſtade, Und beredeten kaum den Staͤdteverwuͤſter Oduͤßeus.
Alſo ſprach er; ihm gab Amfinomos Seele zur Antwort: 120 Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherſchender Held Agamemnon, Dieſes weiß ich noch alles, und will umſtaͤndlich erzaͤhlen, Wie uns ſo ploͤzlich die Stunde des ſchrecklichen Todes ereilt hat. Siehe, wir liebten die Gattin des langentfernten Oduͤßeus.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0459"n="453"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Vierundzwanzigſter Geſang.</hi></fw><lb/>
Unter Aigiſthos Hand und der Hand des heilloſen Weibes.</p><lb/><p>Alſo beſprachen dieſe ſich jezo unter einander.<lb/>
Jezo nahte ſich ihnen der ruͤſtige Argosbeſieger,<lb/>
Und ihm folgte zur Tiefe die Schaar der erſchlagenen Freier. <noteplace="right">100</note><lb/>
Voll Verwunderung gingen die Koͤnige ihnen entgegen.<lb/>
Und der hohe Schatten von Atreus Sohn Agamemnon<lb/>
Kannte des Melaniden, des tapfern Amfimedons Seele,<lb/>
Welcher ſein Gaſtfreund war in Ithaka's felſichtem Eiland.<lb/>
Zu dem Kommenden ſprach die Seele des großen Atreiden: <noteplace="right">105</note></p><lb/><p>Was, Amfimedon, fuͤhrt euch ins unterirdiſche Dunkel?<lb/>
Lauter erleſene Maͤnner von gleichem Alter! Man wuͤrde<lb/>
Schwerlich in Einer Stadt ſo trefliche Maͤnner erleſen!<lb/>
Toͤdtet' euch etwa in Schiffen der Erderſchuͤttrer Poſeidon,<lb/>
Da er den wilden Orkan und die ſteigenden Wogen empoͤrte? <noteplace="right">110</note><lb/>
Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Maͤnner,<lb/>
Als ihr die ſchoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebt,<lb/>
Oder indem ſie die Stadt und ihre Weiber verfochten?<lb/>
Lieber, ſage mir dies; ich war ja im Leben dein Gaſtfreund.<lb/>
Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hauſe bewirtet, <noteplace="right">115</note><lb/>
Als ich Oduͤßeus ermahnte, dem goͤttlichen Menelaos<lb/>
Mit gen Troja zu folgen in ſchoͤngebordeten Schiffen?<lb/>
Erſt nach einem Monat entſchifften wir eurem Geſtade,<lb/>
Und beredeten kaum den Staͤdteverwuͤſter Oduͤßeus.</p><lb/><p>Alſo ſprach er; ihm gab Amfinomos Seele zur Antwort: <noteplace="right">120</note><lb/>
Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherſchender Held Agamemnon,<lb/>
Dieſes weiß ich noch alles, und will umſtaͤndlich erzaͤhlen,<lb/>
Wie uns ſo ploͤzlich die Stunde des ſchrecklichen Todes ereilt hat.<lb/>
Siehe, wir liebten die Gattin des langentfernten Oduͤßeus.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[453/0459]
Vierundzwanzigſter Geſang.
Unter Aigiſthos Hand und der Hand des heilloſen Weibes.
Alſo beſprachen dieſe ſich jezo unter einander.
Jezo nahte ſich ihnen der ruͤſtige Argosbeſieger,
Und ihm folgte zur Tiefe die Schaar der erſchlagenen Freier.
Voll Verwunderung gingen die Koͤnige ihnen entgegen.
Und der hohe Schatten von Atreus Sohn Agamemnon
Kannte des Melaniden, des tapfern Amfimedons Seele,
Welcher ſein Gaſtfreund war in Ithaka's felſichtem Eiland.
Zu dem Kommenden ſprach die Seele des großen Atreiden:
100
105
Was, Amfimedon, fuͤhrt euch ins unterirdiſche Dunkel?
Lauter erleſene Maͤnner von gleichem Alter! Man wuͤrde
Schwerlich in Einer Stadt ſo trefliche Maͤnner erleſen!
Toͤdtet' euch etwa in Schiffen der Erderſchuͤttrer Poſeidon,
Da er den wilden Orkan und die ſteigenden Wogen empoͤrte?
Oder ermordeten euch auf dem Lande feindliche Maͤnner,
Als ihr die ſchoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebt,
Oder indem ſie die Stadt und ihre Weiber verfochten?
Lieber, ſage mir dies; ich war ja im Leben dein Gaſtfreund.
Weißt du nicht mehr, wie ihr mich in eurem Hauſe bewirtet,
Als ich Oduͤßeus ermahnte, dem goͤttlichen Menelaos
Mit gen Troja zu folgen in ſchoͤngebordeten Schiffen?
Erſt nach einem Monat entſchifften wir eurem Geſtade,
Und beredeten kaum den Staͤdteverwuͤſter Oduͤßeus.
110
115
Alſo ſprach er; ihm gab Amfinomos Seele zur Antwort:
Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherſchender Held Agamemnon,
Dieſes weiß ich noch alles, und will umſtaͤndlich erzaͤhlen,
Wie uns ſo ploͤzlich die Stunde des ſchrecklichen Todes ereilt hat.
Siehe, wir liebten die Gattin des langentfernten Oduͤßeus.
120
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/459>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.