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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Hurtig, Melanthios, eil' und zünd' hier Feuer im Saal an,
Stelle davor den Seßel, und breite Felle darüber,
Hol' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett:
Daß wir Jüngling' am Feuer den Bogen wärmen und salben;
Dann versuchen wir ihn, und endigen hurtig den Wettkampf. 180

Sprachs; und Melanthios zündet' ein helles Feuer im Saal an,
Stellte davor den Seßel, und breitete Felle darüber,
Holt' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett.
Und die Jünglinge salbten und prüften den Bogen; doch keiner
Konnt' ihn spannen, zu sehr gebrach es den Händen an Stärke. 185
Aber Antinoos selbst und Eurümachos saßen noch ruhig,
Beide Häupter der Freier, und ihre tapfersten Helden.

Jezo gingen zugleich aus der Thüre des hohen Palastes
Beide, der Rinderhirt und der männerbeherschende Sauhirt.
Ihnen folgte sofort der göttergleiche Odüßeus. 190
Als sie jezt aus der Thür' und dem Vorhof waren gekommen,
Redet' Odüßeus sie an, und sprach die freundlichen Worte:

Hört, ich möcht' euch was sagen, du Rinderhirt und du Sauhirt!
Oder verschweig' ichs lieber? Mein Herz gebeut mir zu reden.
Wen vertheidigtet ihr, wenn jezo mit einmal Odüßeus 195
Hier aus der Fremde käm', und ihn ein Himmlischer brächte?
Wolltet ihr dann die Freier vertheidigen, oder Odüßeus?
Redet heraus, wie euch das Herz im Busen gebietet!

Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder:
Vater Zeus, erfülltest du doch mein heißes Verlangen, 200
Daß ein Himmlischer jenen zur Heimat führte! Du solltest
Sehn, was auch meine Kraft und meine Hände vermöchten!
Auch Eumaios flehte zu allen unsterblichen Göttern,

Oduͤßee.
Hurtig, Melanthios, eil' und zuͤnd' hier Feuer im Saal an,
Stelle davor den Seßel, und breite Felle daruͤber,
Hol' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett:
Daß wir Juͤngling' am Feuer den Bogen waͤrmen und ſalben;
Dann verſuchen wir ihn, und endigen hurtig den Wettkampf. 180

Sprachs; und Melanthios zuͤndet' ein helles Feuer im Saal an,
Stellte davor den Seßel, und breitete Felle daruͤber,
Holt' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett.
Und die Juͤnglinge ſalbten und pruͤften den Bogen; doch keiner
Konnt' ihn ſpannen, zu ſehr gebrach es den Haͤnden an Staͤrke. 185
Aber Antinoos ſelbſt und Euruͤmachos ſaßen noch ruhig,
Beide Haͤupter der Freier, und ihre tapferſten Helden.

Jezo gingen zugleich aus der Thuͤre des hohen Palaſtes
Beide, der Rinderhirt und der maͤnnerbeherſchende Sauhirt.
Ihnen folgte ſofort der goͤttergleiche Oduͤßeus. 190
Als ſie jezt aus der Thuͤr' und dem Vorhof waren gekommen,
Redet' Oduͤßeus ſie an, und ſprach die freundlichen Worte:

Hoͤrt, ich moͤcht' euch was ſagen, du Rinderhirt und du Sauhirt!
Oder verſchweig' ichs lieber? Mein Herz gebeut mir zu reden.
Wen vertheidigtet ihr, wenn jezo mit einmal Oduͤßeus 195
Hier aus der Fremde kaͤm', und ihn ein Himmliſcher braͤchte?
Wolltet ihr dann die Freier vertheidigen, oder Oduͤßeus?
Redet heraus, wie euch das Herz im Buſen gebietet!

Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder:
Vater Zeus, erfuͤllteſt du doch mein heißes Verlangen, 200
Daß ein Himmliſcher jenen zur Heimat fuͤhrte! Du ſollteſt
Sehn, was auch meine Kraft und meine Haͤnde vermoͤchten!
Auch Eumaios flehte zu allen unſterblichen Goͤttern,

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[406/0412] Oduͤßee. Hurtig, Melanthios, eil' und zuͤnd' hier Feuer im Saal an, Stelle davor den Seßel, und breite Felle daruͤber, Hol' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett: Daß wir Juͤngling' am Feuer den Bogen waͤrmen und ſalben; Dann verſuchen wir ihn, und endigen hurtig den Wettkampf. 180 Sprachs; und Melanthios zuͤndet' ein helles Feuer im Saal an, Stellte davor den Seßel, und breitete Felle daruͤber, Holt' aus der Kammer alsdann eine große Scheibe von Stierfett. Und die Juͤnglinge ſalbten und pruͤften den Bogen; doch keiner Konnt' ihn ſpannen, zu ſehr gebrach es den Haͤnden an Staͤrke. Aber Antinoos ſelbſt und Euruͤmachos ſaßen noch ruhig, Beide Haͤupter der Freier, und ihre tapferſten Helden. 185 Jezo gingen zugleich aus der Thuͤre des hohen Palaſtes Beide, der Rinderhirt und der maͤnnerbeherſchende Sauhirt. Ihnen folgte ſofort der goͤttergleiche Oduͤßeus. Als ſie jezt aus der Thuͤr' und dem Vorhof waren gekommen, Redet' Oduͤßeus ſie an, und ſprach die freundlichen Worte: 190 Hoͤrt, ich moͤcht' euch was ſagen, du Rinderhirt und du Sauhirt! Oder verſchweig' ichs lieber? Mein Herz gebeut mir zu reden. Wen vertheidigtet ihr, wenn jezo mit einmal Oduͤßeus Hier aus der Fremde kaͤm', und ihn ein Himmliſcher braͤchte? Wolltet ihr dann die Freier vertheidigen, oder Oduͤßeus? Redet heraus, wie euch das Herz im Buſen gebietet! 195 Ihm antwortete drauf der Oberhirte der Rinder: Vater Zeus, erfuͤllteſt du doch mein heißes Verlangen, Daß ein Himmliſcher jenen zur Heimat fuͤhrte! Du ſollteſt Sehn, was auch meine Kraft und meine Haͤnde vermoͤchten! Auch Eumaios flehte zu allen unſterblichen Goͤttern, 200

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/412>, abgerufen am 25.11.2024.