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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Waltet in jeder Gefahr. Vernim denn, was ich dir sage:
Stünden auch funfzig Schaaren der vielfachredenden Menschen V. 49.
Um uns her, und trachteten dich im Kampfe zu tödten; 50
Dennoch raubtest du ihnen die fetten Rinder und Schafe.
Aber schlummre nun ein! Die ganze Nacht zu durchwachen,
Ist ermattend; du wirst ja der Trübsal jezo entrinnen!

Also sprach sie, und deckte Odüßeus Augen mit Schlummer.
Und zum Olümpos empor erhub sich die heilige Göttin, 55
Als ihn der Schlummer umfing, den Gram zerstreute, die Glieder
Sanft auflöste. Allein Odüßeus edle Gemahlin
Fuhr aus dem Schlafe, sie saß auf dem weichen Lager, und weinte.
Als sie endlich ihr Herz mit vielen Thränen erleichtert,
Flehte sie Artemis an, die treflichste unter den Weibern: 60

Hochgepriesene Göttin, o Artemis, Tochter Kronions,
Träfest du doch mein Herz mit deinem Bogen, und nähmest
Meinen bekümmerten Geist gleich jezo! Oder ein Sturmwind V. 63.
Raubte durch finstere Wege mich schnell von hinnen, und würfe
Mich am fernen Gestade des ebbenden Ozeans nieder: 65
So wie die Stürme vordem Pandareos Töchter entführten!
Ihrer Eltern beraubt von den Göttern, blieben sie hülflos V. 67.

V. 49. Eine Schaar bestand in spätern Zeiten aus fünfundzwanzig.
V. 63. Wenn jemand weggekommen war, daß man nicht wußte, wie oder
wohin; so glaubte man, die Harpüen oder Sturmwinde hätten ihn geraubt, und
an den Ozean getragen. Pänepoleia redet hier von dem Ozean gegen Westen, wo-
hin der grade Weg durch das finstere Land der Kimmerier ging. Dort war näm-
lich der Eingang des Schattenreichs, wo die Erinnen oder Furien wohnten.
V. 67. Aädons Schwestern Kleothära und Merope, die Töchter Pandareos,
den Zeus wegen eines Verbrechens samt seinem Weibe getödtet hatte. Aus dicker
Milch, Honig und Wein machte man ein Gemüse für Kinder.

Oduͤßee.
Waltet in jeder Gefahr. Vernim denn, was ich dir ſage:
Stuͤnden auch funfzig Schaaren der vielfachredenden Menſchen V. 49.
Um uns her, und trachteten dich im Kampfe zu toͤdten; 50
Dennoch raubteſt du ihnen die fetten Rinder und Schafe.
Aber ſchlummre nun ein! Die ganze Nacht zu durchwachen,
Iſt ermattend; du wirſt ja der Truͤbſal jezo entrinnen!

Alſo ſprach ſie, und deckte Oduͤßeus Augen mit Schlummer.
Und zum Oluͤmpos empor erhub ſich die heilige Goͤttin, 55
Als ihn der Schlummer umfing, den Gram zerſtreute, die Glieder
Sanft aufloͤſte. Allein Oduͤßeus edle Gemahlin
Fuhr aus dem Schlafe, ſie ſaß auf dem weichen Lager, und weinte.
Als ſie endlich ihr Herz mit vielen Thraͤnen erleichtert,
Flehte ſie Artemis an, die treflichſte unter den Weibern: 60

Hochgeprieſene Goͤttin, o Artemis, Tochter Kronions,
Traͤfeſt du doch mein Herz mit deinem Bogen, und naͤhmeſt
Meinen bekuͤmmerten Geiſt gleich jezo! Oder ein Sturmwind V. 63.
Raubte durch finſtere Wege mich ſchnell von hinnen, und wuͤrfe
Mich am fernen Geſtade des ebbenden Ozeans nieder: 65
So wie die Stuͤrme vordem Pandareos Toͤchter entfuͤhrten!
Ihrer Eltern beraubt von den Goͤttern, blieben ſie huͤlflos V. 67.

V. 49. Eine Schaar beſtand in ſpaͤtern Zeiten aus fuͤnfundzwanzig.
V. 63. Wenn jemand weggekommen war, daß man nicht wußte, wie oder
wohin; ſo glaubte man, die Harpuͤen oder Sturmwinde haͤtten ihn geraubt, und
an den Ozean getragen. Paͤnepoleia redet hier von dem Ozean gegen Weſten, wo-
hin der grade Weg durch das finſtere Land der Kimmerier ging. Dort war naͤm-
lich der Eingang des Schattenreichs, wo die Erinnen oder Furien wohnten.
V. 67. Aaͤdons Schweſtern Kleothaͤra und Merope, die Toͤchter Pandareos,
den Zeus wegen eines Verbrechens ſamt ſeinem Weibe getoͤdtet hatte. Aus dicker
Milch, Honig und Wein machte man ein Gemuͤſe fuͤr Kinder.
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[386/0392] Oduͤßee. Waltet in jeder Gefahr. Vernim denn, was ich dir ſage: Stuͤnden auch funfzig Schaaren der vielfachredenden Menſchen V. 49. Um uns her, und trachteten dich im Kampfe zu toͤdten; Dennoch raubteſt du ihnen die fetten Rinder und Schafe. Aber ſchlummre nun ein! Die ganze Nacht zu durchwachen, Iſt ermattend; du wirſt ja der Truͤbſal jezo entrinnen! 50 Alſo ſprach ſie, und deckte Oduͤßeus Augen mit Schlummer. Und zum Oluͤmpos empor erhub ſich die heilige Goͤttin, Als ihn der Schlummer umfing, den Gram zerſtreute, die Glieder Sanft aufloͤſte. Allein Oduͤßeus edle Gemahlin Fuhr aus dem Schlafe, ſie ſaß auf dem weichen Lager, und weinte. Als ſie endlich ihr Herz mit vielen Thraͤnen erleichtert, Flehte ſie Artemis an, die treflichſte unter den Weibern: 55 60 Hochgeprieſene Goͤttin, o Artemis, Tochter Kronions, Traͤfeſt du doch mein Herz mit deinem Bogen, und naͤhmeſt Meinen bekuͤmmerten Geiſt gleich jezo! Oder ein Sturmwind V. 63. Raubte durch finſtere Wege mich ſchnell von hinnen, und wuͤrfe Mich am fernen Geſtade des ebbenden Ozeans nieder: So wie die Stuͤrme vordem Pandareos Toͤchter entfuͤhrten! Ihrer Eltern beraubt von den Goͤttern, blieben ſie huͤlflos V. 67. 65 V. 49. Eine Schaar beſtand in ſpaͤtern Zeiten aus fuͤnfundzwanzig. V. 63. Wenn jemand weggekommen war, daß man nicht wußte, wie oder wohin; ſo glaubte man, die Harpuͤen oder Sturmwinde haͤtten ihn geraubt, und an den Ozean getragen. Paͤnepoleia redet hier von dem Ozean gegen Weſten, wo- hin der grade Weg durch das finſtere Land der Kimmerier ging. Dort war naͤm- lich der Eingang des Schattenreichs, wo die Erinnen oder Furien wohnten. V. 67. Aaͤdons Schweſtern Kleothaͤra und Merope, die Toͤchter Pandareos, den Zeus wegen eines Verbrechens ſamt ſeinem Weibe getoͤdtet hatte. Aus dicker Milch, Honig und Wein machte man ein Gemuͤſe fuͤr Kinder.

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/392>, abgerufen am 23.11.2024.