Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Odüßee. Und dann kehrten sie schnell zu ihres Vaters Palaste.Als ihn Autolükos dort und Autolükos Söhne mit Sorgfalt Hatten geheilt; da beschenkten sie ihn sehr reichlich, und ließen, 460 Froh des Jünglings, ihn froh nach seiner heimischen Insel Ithaka ziehn. Sein Vater und seine trefliche Mutter Freuten sich herzlich ihn wiederzusehn, und fragten nach allem, Wo er die Narbe bekommen; da sagt' er die ganze Geschichte: Wie ein Eber sie ihm mit weißem Zahne gehauen, 465 Als er auf dem Parnaß mit Autolükos Söhnen gejaget. Diese betastete jezo mit flachen Händen die Alte, Wahrlich du bist Odüßeus, mein Kind! und ich habe nicht eher Also sprach sie, und wandte die Augen nach Pänelopeia, Mütterchen, mache mich nicht unglücklich! Du hast mich an deiner Oduͤßee. Und dann kehrten ſie ſchnell zu ihres Vaters Palaſte.Als ihn Autoluͤkos dort und Autoluͤkos Soͤhne mit Sorgfalt Hatten geheilt; da beſchenkten ſie ihn ſehr reichlich, und ließen, 460 Froh des Juͤnglings, ihn froh nach ſeiner heimiſchen Inſel Ithaka ziehn. Sein Vater und ſeine trefliche Mutter Freuten ſich herzlich ihn wiederzuſehn, und fragten nach allem, Wo er die Narbe bekommen; da ſagt' er die ganze Geſchichte: Wie ein Eber ſie ihm mit weißem Zahne gehauen, 465 Als er auf dem Parnaß mit Autoluͤkos Soͤhnen gejaget. Dieſe betaſtete jezo mit flachen Haͤnden die Alte, Wahrlich du biſt Oduͤßeus, mein Kind! und ich habe nicht eher Alſo ſprach ſie, und wandte die Augen nach Paͤnelopeia, Muͤtterchen, mache mich nicht ungluͤcklich! Du haſt mich an deiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0384" n="378"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Oduͤßee.</hi></fw><lb/> Und dann kehrten ſie ſchnell zu ihres Vaters Palaſte.<lb/> Als ihn Autoluͤkos dort und Autoluͤkos Soͤhne mit Sorgfalt<lb/> Hatten geheilt; da beſchenkten ſie ihn ſehr reichlich, und ließen, <note place="right">460</note><lb/> Froh des Juͤnglings, ihn froh nach ſeiner heimiſchen Inſel<lb/> Ithaka ziehn. Sein Vater und ſeine trefliche Mutter<lb/> Freuten ſich herzlich ihn wiederzuſehn, und fragten nach allem,<lb/> Wo er die Narbe bekommen; da ſagt' er die ganze Geſchichte:<lb/> Wie ein Eber ſie ihm mit weißem Zahne gehauen, <note place="right">465</note><lb/> Als er auf dem Parnaß mit Autoluͤkos Soͤhnen gejaget.</p><lb/> <p>Dieſe betaſtete jezo mit flachen Haͤnden die Alte,<lb/> Und erkannte ſie gleich, und ließ den Fuß aus den Haͤnden<lb/> Sinken, er fiel in die Wanne; da klang die eherne Wanne,<lb/> Stuͤrzt' auf die Seite herum, und das Waßer floß auf den Boden. <note place="right">470</note><lb/> Freud' und Angſt ergriffen das Herz der Alten: die Augen<lb/> Wurden mit Thraͤnen erfuͤllt, und athmend ſtockte die Stimme.<lb/> Endlich erholte ſie ſich, und faßt ihn ans Kinn, und ſagte:</p><lb/> <p>Wahrlich du biſt Oduͤßeus, mein Kind! und ich habe nicht eher<lb/> Meinen Herren erkannt, bevor ich dich ringsum betaſtet! <note place="right">475</note></p><lb/> <p>Alſo ſprach ſie, und wandte die Augen nach Paͤnelopeia,<lb/> Willens ihr zu verkuͤnden, ihr lieber Gemahl ſei zu Hauſe.<lb/> Aber die Koͤnigin konnte ſo wenig hoͤren als ſehen;<lb/> Denn Athaͤnaͤ lenkte ihr Herz ab. Aber Oduͤßeus<lb/> Faßte ſchnell mit der rechten Hand die Kehle der Alten, <note place="right">480</note><lb/> Und mit der andern zog er ſie naͤher heran, und ſagte;</p><lb/> <p>Muͤtterchen, mache mich nicht ungluͤcklich! Du haſt mich an deiner<lb/> Bruſt geſaͤugt; und jezo, nach vielen Todesgefahren,<lb/> Bin ich im zwanzigſten Jahre zur Heimat wiedergekehret.<lb/> Aber da du mich nun durch Gottes Fuͤgung erkannt haſt, <note place="right">485</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [378/0384]
Oduͤßee.
Und dann kehrten ſie ſchnell zu ihres Vaters Palaſte.
Als ihn Autoluͤkos dort und Autoluͤkos Soͤhne mit Sorgfalt
Hatten geheilt; da beſchenkten ſie ihn ſehr reichlich, und ließen,
Froh des Juͤnglings, ihn froh nach ſeiner heimiſchen Inſel
Ithaka ziehn. Sein Vater und ſeine trefliche Mutter
Freuten ſich herzlich ihn wiederzuſehn, und fragten nach allem,
Wo er die Narbe bekommen; da ſagt' er die ganze Geſchichte:
Wie ein Eber ſie ihm mit weißem Zahne gehauen,
Als er auf dem Parnaß mit Autoluͤkos Soͤhnen gejaget.
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Dieſe betaſtete jezo mit flachen Haͤnden die Alte,
Und erkannte ſie gleich, und ließ den Fuß aus den Haͤnden
Sinken, er fiel in die Wanne; da klang die eherne Wanne,
Stuͤrzt' auf die Seite herum, und das Waßer floß auf den Boden.
Freud' und Angſt ergriffen das Herz der Alten: die Augen
Wurden mit Thraͤnen erfuͤllt, und athmend ſtockte die Stimme.
Endlich erholte ſie ſich, und faßt ihn ans Kinn, und ſagte:
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Wahrlich du biſt Oduͤßeus, mein Kind! und ich habe nicht eher
Meinen Herren erkannt, bevor ich dich ringsum betaſtet!
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Alſo ſprach ſie, und wandte die Augen nach Paͤnelopeia,
Willens ihr zu verkuͤnden, ihr lieber Gemahl ſei zu Hauſe.
Aber die Koͤnigin konnte ſo wenig hoͤren als ſehen;
Denn Athaͤnaͤ lenkte ihr Herz ab. Aber Oduͤßeus
Faßte ſchnell mit der rechten Hand die Kehle der Alten,
Und mit der andern zog er ſie naͤher heran, und ſagte;
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Muͤtterchen, mache mich nicht ungluͤcklich! Du haſt mich an deiner
Bruſt geſaͤugt; und jezo, nach vielen Todesgefahren,
Bin ich im zwanzigſten Jahre zur Heimat wiedergekehret.
Aber da du mich nun durch Gottes Fuͤgung erkannt haſt,
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