Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Siebzehnter Gesang. Immer auf wilde Ziegen und flüchtige Hasen und Rehe: 295Aber jezt, da sein Herr entfernt war, lag er verachtet Auf dem großen Haufen vom Miste der Mäuler und Rinder, Welcher am Thore des Hofes gehäuft ward, daß ihn Odüßeus Knechte von dannen führen, des Königes Aecker zu düngen; Hier lag Argos der Hund, von Ungeziefer zerfreßen. 300 Dieser, da er nun endlich den nahen Odüßeus erkannte, Wedelte zwar mit dem Schwanz, und senkte die Ohren herunter; Aber er war zu schwach, sich seinem Herren zu nähern. Und Odüßeus sah es, und trocknete heimlich die Thräne, Unbemerkt von Eumaios, und fragete seinen Begleiter: 305 Wunderbar ist es, Eumaios, daß dieser Hund auf dem Miste Ihm antwortetest du, Eumaios, Hüter der Schweine: Siebzehnter Geſang. Immer auf wilde Ziegen und fluͤchtige Haſen und Rehe: 295Aber jezt, da ſein Herr entfernt war, lag er verachtet Auf dem großen Haufen vom Miſte der Maͤuler und Rinder, Welcher am Thore des Hofes gehaͤuft ward, daß ihn Oduͤßeus Knechte von dannen fuͤhren, des Koͤniges Aecker zu duͤngen; Hier lag Argos der Hund, von Ungeziefer zerfreßen. 300 Dieſer, da er nun endlich den nahen Oduͤßeus erkannte, Wedelte zwar mit dem Schwanz, und ſenkte die Ohren herunter; Aber er war zu ſchwach, ſich ſeinem Herren zu naͤhern. Und Oduͤßeus ſah es, und trocknete heimlich die Thraͤne, Unbemerkt von Eumaios, und fragete ſeinen Begleiter: 305 Wunderbar iſt es, Eumaios, daß dieſer Hund auf dem Miſte Ihm antworteteſt du, Eumaios, Huͤter der Schweine: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0339" n="333"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebzehnter Geſang.</hi></fw><lb/> Immer auf wilde Ziegen und fluͤchtige Haſen und Rehe: <note place="right">295</note><lb/> Aber jezt, da ſein Herr entfernt war, lag er verachtet<lb/> Auf dem großen Haufen vom Miſte der Maͤuler und Rinder,<lb/> Welcher am Thore des Hofes gehaͤuft ward, daß ihn Oduͤßeus<lb/> Knechte von dannen fuͤhren, des Koͤniges Aecker zu duͤngen;<lb/> Hier lag Argos der Hund, von Ungeziefer zerfreßen. <note place="right">300</note><lb/> Dieſer, da er nun endlich den nahen Oduͤßeus erkannte,<lb/> Wedelte zwar mit dem Schwanz, und ſenkte die Ohren herunter;<lb/> Aber er war zu ſchwach, ſich ſeinem Herren zu naͤhern.<lb/> Und Oduͤßeus ſah es, und trocknete heimlich die Thraͤne,<lb/> Unbemerkt von Eumaios, und fragete ſeinen Begleiter: <note place="right">305</note></p><lb/> <p>Wunderbar iſt es, Eumaios, daß dieſer Hund auf dem Miſte<lb/> Liegt! Sein Koͤrper iſt ſchoͤn von Bildung; aber ich weiß nicht,<lb/> Ob er mit dieſer Geſtalt auch ſchnell im Laufe geweſen,<lb/> Oder ſo, wie die Hund' um der Reichen Tiſche gewoͤhnlich<lb/> Sind; denn ſolche Herren erziehn ſie bloß zum Vergnuͤgen. <note place="right">310</note></p><lb/> <p>Ihm antworteteſt du, Eumaios, Huͤter der Schweine:<lb/> Freilich! denn dies iſt der Hund des ferne geſtorbenen Mannes.<lb/> Waͤr' er derſelbige noch an Geſtalt und mutigen Thaten,<lb/> Als wie Oduͤßeus ihn, gen Troja ſchiffend, zuruͤckließ;<lb/> Sicherlich wuͤrdeſt du jezo die Kraft und die Schnelle bewundern! <note place="right">315</note><lb/> Trieb er ein Wildpret auf im dichtverwachſenen Waldthal,<lb/> Nimmer entfloh es ihm; denn er war auch ein weidlicher Spuͤrhund.<lb/> Aber nun liegt er im Elend hier; denn fern von der Heimat<lb/> Starb ſein Herr, und die Weiber, die faulen, verſaͤumen ihn gaͤnzlich.<lb/> Das iſt die Art der Bedienten: Sobald ihr Herr ſie nicht antreibt, <note place="right">320</note><lb/> Werden ſie traͤge zum Guten, und gehn nicht gern an die Arbeit.<lb/> Zeus allwaltender Rath nimt ſchon die Haͤlfte der Tugend<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [333/0339]
Siebzehnter Geſang.
Immer auf wilde Ziegen und fluͤchtige Haſen und Rehe:
Aber jezt, da ſein Herr entfernt war, lag er verachtet
Auf dem großen Haufen vom Miſte der Maͤuler und Rinder,
Welcher am Thore des Hofes gehaͤuft ward, daß ihn Oduͤßeus
Knechte von dannen fuͤhren, des Koͤniges Aecker zu duͤngen;
Hier lag Argos der Hund, von Ungeziefer zerfreßen.
Dieſer, da er nun endlich den nahen Oduͤßeus erkannte,
Wedelte zwar mit dem Schwanz, und ſenkte die Ohren herunter;
Aber er war zu ſchwach, ſich ſeinem Herren zu naͤhern.
Und Oduͤßeus ſah es, und trocknete heimlich die Thraͤne,
Unbemerkt von Eumaios, und fragete ſeinen Begleiter:
295
300
305
Wunderbar iſt es, Eumaios, daß dieſer Hund auf dem Miſte
Liegt! Sein Koͤrper iſt ſchoͤn von Bildung; aber ich weiß nicht,
Ob er mit dieſer Geſtalt auch ſchnell im Laufe geweſen,
Oder ſo, wie die Hund' um der Reichen Tiſche gewoͤhnlich
Sind; denn ſolche Herren erziehn ſie bloß zum Vergnuͤgen.
310
Ihm antworteteſt du, Eumaios, Huͤter der Schweine:
Freilich! denn dies iſt der Hund des ferne geſtorbenen Mannes.
Waͤr' er derſelbige noch an Geſtalt und mutigen Thaten,
Als wie Oduͤßeus ihn, gen Troja ſchiffend, zuruͤckließ;
Sicherlich wuͤrdeſt du jezo die Kraft und die Schnelle bewundern!
Trieb er ein Wildpret auf im dichtverwachſenen Waldthal,
Nimmer entfloh es ihm; denn er war auch ein weidlicher Spuͤrhund.
Aber nun liegt er im Elend hier; denn fern von der Heimat
Starb ſein Herr, und die Weiber, die faulen, verſaͤumen ihn gaͤnzlich.
Das iſt die Art der Bedienten: Sobald ihr Herr ſie nicht antreibt,
Werden ſie traͤge zum Guten, und gehn nicht gern an die Arbeit.
Zeus allwaltender Rath nimt ſchon die Haͤlfte der Tugend
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