Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Sechzehnter Gesang. Blutig entweiht; denn selbst das Eisen ziehet den Mann an! --Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im Saale 295 Und zween Speere zurück, und zween stierlederne Schilde; Daß wir beim Ueberfall sie ergreifen. Jene wird sicher Pallas Athänä verblenden, und Zeus allwaltende Vorsicht! Noch verkünd' ich dir dieses, bewahr es im innersten Herzen! Bist du wirklich mein Sohn, und unsers edlen Geblütes; 300 So erfahre von dir kein Mensch, daß Odüßeus daheim sei: Nicht Laertäs einmal darfs wißen, oder der Sauhirt, Keiner auch von dem Gesinde, ja selbst nicht Pänelopeia; Sondern nur ich und du: damit wir der Weiber Gesinnung Prüfen, auch unsere Knechte zugleich ein wenig erforschen, 305 Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret, Oder wer untreu ward, und deine Ehre dir weigert. Und sein treflicher Sohn Tälemachos sagte dagegen: Also besprachen diese sich jezo unter einander. Sechzehnter Geſang. Blutig entweiht; denn ſelbſt das Eiſen ziehet den Mann an! —Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im Saale 295 Und zween Speere zuruͤck, und zween ſtierlederne Schilde; Daß wir beim Ueberfall ſie ergreifen. Jene wird ſicher Pallas Athaͤnaͤ verblenden, und Zeus allwaltende Vorſicht! Noch verkuͤnd' ich dir dieſes, bewahr es im innerſten Herzen! Biſt du wirklich mein Sohn, und unſers edlen Gebluͤtes; 300 So erfahre von dir kein Menſch, daß Oduͤßeus daheim ſei: Nicht Laertaͤs einmal darfs wißen, oder der Sauhirt, Keiner auch von dem Geſinde, ja ſelbſt nicht Paͤnelopeia; Sondern nur ich und du: damit wir der Weiber Geſinnung Pruͤfen, auch unſere Knechte zugleich ein wenig erforſchen, 305 Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret, Oder wer untreu ward, und deine Ehre dir weigert. Und ſein treflicher Sohn Taͤlemachos ſagte dagegen: Alſo beſprachen dieſe ſich jezo unter einander. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0321" n="315"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechzehnter Geſang.</hi></fw><lb/> Blutig entweiht; denn ſelbſt das Eiſen ziehet den Mann an! —<lb/> Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im Saale <note place="right">295</note><lb/> Und zween Speere zuruͤck, und zween ſtierlederne Schilde;<lb/> Daß wir beim Ueberfall ſie ergreifen. Jene wird ſicher<lb/> Pallas Athaͤnaͤ verblenden, und Zeus allwaltende Vorſicht!<lb/> Noch verkuͤnd' ich dir dieſes, bewahr es im innerſten Herzen!<lb/> Biſt du wirklich mein Sohn, und unſers edlen Gebluͤtes; <note place="right">300</note><lb/> So erfahre von dir kein Menſch, daß Oduͤßeus daheim ſei:<lb/> Nicht Laertaͤs einmal darfs wißen, oder der Sauhirt,<lb/> Keiner auch von dem Geſinde, ja ſelbſt nicht Paͤnelopeia;<lb/> Sondern nur ich und du: damit wir der Weiber Geſinnung<lb/> Pruͤfen, auch unſere Knechte zugleich ein wenig erforſchen, <note place="right">305</note><lb/> Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret,<lb/> Oder wer untreu ward, und deine Ehre dir weigert.</p><lb/> <p>Und ſein treflicher Sohn Taͤlemachos ſagte dagegen:<lb/> Vater, ich hoffe, du ſollſt mein Herz hinfuͤhro noch naͤher<lb/> Kennen lernen; ich bin nicht unvorſichtig und ſorglos! <note place="right">310</note><lb/> Aber ich glaube doch nicht, daß dieſe Pruͤfung uns beiden<lb/> Auch im mindeſten nuͤze. Denn uͤberlege nur ſelber:<lb/> Lange gingſt du umher, wenn du die Werke der Maͤnner<lb/> Nahe belauſchen wollteſt; indeß verſchwelgen die andern<lb/> Ruhig in deinem Palaſt und ohne Scheu dein Vermoͤgen. <note place="right">315</note><lb/> Zwar der Weiber Geſinnung zu pruͤfen, rath' ich dir ſelber:<lb/> Wer dich im Hauſe verachtet, und wer unſtraͤflich geblieben.<lb/> Aber daß wir die Maͤnner auf allen Hoͤfen erforſchen,<lb/> Dieſes wuͤnſcht' ich nicht; verſpar' es lieber auf kuͤnftig,<lb/> Wenn du wirklich ein Zeichen vom großen Kronion geſehn haſt. <note place="right">320</note></p><lb/> <p>Alſo beſprachen dieſe ſich jezo unter einander.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [315/0321]
Sechzehnter Geſang.
Blutig entweiht; denn ſelbſt das Eiſen ziehet den Mann an! —
Aber uns beiden laß zwei Schwerter unten im Saale
Und zween Speere zuruͤck, und zween ſtierlederne Schilde;
Daß wir beim Ueberfall ſie ergreifen. Jene wird ſicher
Pallas Athaͤnaͤ verblenden, und Zeus allwaltende Vorſicht!
Noch verkuͤnd' ich dir dieſes, bewahr es im innerſten Herzen!
Biſt du wirklich mein Sohn, und unſers edlen Gebluͤtes;
So erfahre von dir kein Menſch, daß Oduͤßeus daheim ſei:
Nicht Laertaͤs einmal darfs wißen, oder der Sauhirt,
Keiner auch von dem Geſinde, ja ſelbſt nicht Paͤnelopeia;
Sondern nur ich und du: damit wir der Weiber Geſinnung
Pruͤfen, auch unſere Knechte zugleich ein wenig erforſchen,
Wo man uns beide noch mit treuem Herzen verehret,
Oder wer untreu ward, und deine Ehre dir weigert.
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Und ſein treflicher Sohn Taͤlemachos ſagte dagegen:
Vater, ich hoffe, du ſollſt mein Herz hinfuͤhro noch naͤher
Kennen lernen; ich bin nicht unvorſichtig und ſorglos!
Aber ich glaube doch nicht, daß dieſe Pruͤfung uns beiden
Auch im mindeſten nuͤze. Denn uͤberlege nur ſelber:
Lange gingſt du umher, wenn du die Werke der Maͤnner
Nahe belauſchen wollteſt; indeß verſchwelgen die andern
Ruhig in deinem Palaſt und ohne Scheu dein Vermoͤgen.
Zwar der Weiber Geſinnung zu pruͤfen, rath' ich dir ſelber:
Wer dich im Hauſe verachtet, und wer unſtraͤflich geblieben.
Aber daß wir die Maͤnner auf allen Hoͤfen erforſchen,
Dieſes wuͤnſcht' ich nicht; verſpar' es lieber auf kuͤnftig,
Wenn du wirklich ein Zeichen vom großen Kronion geſehn haſt.
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Alſo beſprachen dieſe ſich jezo unter einander.
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