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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Und ein anderes Jahr mit den kreisenden Horen herankam;
Führt' er gen Libüa mich im meerdurchwallenden Schiffe, 295
Unter dem listigen Schein, als braucht' er mich bei der Ladung:
Um mich dort zu verkaufen, und großen Gewinn zu erwerben.
Ihn begleitet' ich zwar argwöhnend, aber ich mußte.
Und sie steurten, im Wehn des reinen beständigen Nordwinds,
Ueber Kräta dahin; doch Zeus beschloß ihr Verderben. 300
Als wir das grüne Gestade von Kräta jezo verlaßen,
Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu sehn war;
Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewölk aus
Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag über der Tiefe.
Und nun donnerte Zeus, der hochgeschleuderte Stral schlug 305
Schmetternd ins Schiff; und es schwankte vom Donner des Gottes erschüttert,
Alles war Schwefeldampf, und die Männer entstürzten dem Boden.
Aehnlich den Waßerkrähn, bekämpften sie, rings um das Schiff her,
Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr.
Aber Kronion gab, in der schrecklichen Angst und Betäubung, 310
Selber den hohen Mast des blaugeschnäbelten Schiffes
Mir in die Hände, damit ich noch dem Verderben entflöhe.
Diesen umschlang ich, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten.
Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Nächte
Warf mich ans Land der Thesproten die hochherrollende Woge. V. 315. 315
Alda nahm mich Feidon, der edle thesprotische König,
Freundlich und gastfrei auf; denn es fand sein Sohn am Gestade
Mich von Frost und Arbeit entkräfteten liegen, und führte
Mich mit stüzender Hand zu seines Vaters Palaste,

V. 315. Die Thesproten wohnten Scheria gegenüber, an der Westseite von
Griechenland.

Oduͤßee.
Und ein anderes Jahr mit den kreiſenden Horen herankam;
Fuͤhrt' er gen Libuͤa mich im meerdurchwallenden Schiffe, 295
Unter dem liſtigen Schein, als braucht' er mich bei der Ladung:
Um mich dort zu verkaufen, und großen Gewinn zu erwerben.
Ihn begleitet' ich zwar argwoͤhnend, aber ich mußte.
Und ſie ſteurten, im Wehn des reinen beſtaͤndigen Nordwinds,
Ueber Kraͤta dahin; doch Zeus beſchloß ihr Verderben. 300
Als wir das gruͤne Geſtade von Kraͤta jezo verlaßen,
Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu ſehn war;
Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus
Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe.
Und nun donnerte Zeus, der hochgeſchleuderte Stral ſchlug 305
Schmetternd ins Schiff; und es ſchwankte vom Donner des Gottes erſchuͤttert,
Alles war Schwefeldampf, und die Maͤnner entſtuͤrzten dem Boden.
Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften ſie, rings um das Schiff her,
Steigend und ſinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr.
Aber Kronion gab, in der ſchrecklichen Angſt und Betaͤubung, 310
Selber den hohen Maſt des blaugeſchnaͤbelten Schiffes
Mir in die Haͤnde, damit ich noch dem Verderben entfloͤhe.
Dieſen umſchlang ich, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten.
Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Naͤchte
Warf mich ans Land der Theſproten die hochherrollende Woge. V. 315. 315
Alda nahm mich Feidon, der edle theſprotiſche Koͤnig,
Freundlich und gaſtfrei auf; denn es fand ſein Sohn am Geſtade
Mich von Froſt und Arbeit entkraͤfteten liegen, und fuͤhrte
Mich mit ſtuͤzender Hand zu ſeines Vaters Palaſte,

V. 315. Die Theſproten wohnten Scheria gegenuͤber, an der Weſtſeite von
Griechenland.
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[274/0280] Oduͤßee. Und ein anderes Jahr mit den kreiſenden Horen herankam; Fuͤhrt' er gen Libuͤa mich im meerdurchwallenden Schiffe, Unter dem liſtigen Schein, als braucht' er mich bei der Ladung: Um mich dort zu verkaufen, und großen Gewinn zu erwerben. Ihn begleitet' ich zwar argwoͤhnend, aber ich mußte. Und ſie ſteurten, im Wehn des reinen beſtaͤndigen Nordwinds, Ueber Kraͤta dahin; doch Zeus beſchloß ihr Verderben. Als wir das gruͤne Geſtade von Kraͤta jezo verlaßen, Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu ſehn war; Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe. Und nun donnerte Zeus, der hochgeſchleuderte Stral ſchlug Schmetternd ins Schiff; und es ſchwankte vom Donner des Gottes erſchuͤttert, Alles war Schwefeldampf, und die Maͤnner entſtuͤrzten dem Boden. Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften ſie, rings um das Schiff her, Steigend und ſinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. Aber Kronion gab, in der ſchrecklichen Angſt und Betaͤubung, Selber den hohen Maſt des blaugeſchnaͤbelten Schiffes Mir in die Haͤnde, damit ich noch dem Verderben entfloͤhe. Dieſen umſchlang ich, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten. Und neun Tage trieb ich umher; in der zehnten der Naͤchte Warf mich ans Land der Theſproten die hochherrollende Woge. V. 315. Alda nahm mich Feidon, der edle theſprotiſche Koͤnig, Freundlich und gaſtfrei auf; denn es fand ſein Sohn am Geſtade Mich von Froſt und Arbeit entkraͤfteten liegen, und fuͤhrte Mich mit ſtuͤzender Hand zu ſeines Vaters Palaſte, 295 300 305 310 315 V. 315. Die Theſproten wohnten Scheria gegenuͤber, an der Weſtſeite von Griechenland.

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/280>, abgerufen am 25.11.2024.