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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Eine Grotte, nicht fern von dem Oelbaum, lieblich und dunkel,
Ist den Nümfen geweiht, die man Naiaden benennet.
Steinerne Krüge stehn und zweigehenkelte Urnen 105
Innerhalb; und Bienen bereiten drinnen ihr Honig.
Aber die Nümfen weben auf langen steinernen Stühlen
Feiergewande, mit Purpur gefärbt, ein Wunder zu schauen.
Unversiegende Quellen durchströmen sie. Zwo sind der Pforten:
Eine gen Mitternacht, durch welche die Menschen hinabgehn; 110
Mittagwärts die andre geheiligte: diese durchwandelt
Nie ein sterblicher Mensch; sie ist der Unsterblichen Eingang.

Jene lenkten hinein, denn sie kannten den Hafen schon vormals.
Siehe da eilte das Schiff bis an die Hälfte des Kieles
Stürmend ans Land: so stark war der Schwung von der Ruderer Händen. 115
Und sie stiegen vom Schiffe mit zierlichen Bänken ans Ufer,
Hoben zuerst Odüßeus vom Hinterverdecke des Schiffes,
Samt dem leinenen Teppich und schönen purpurnen Polster,
Und dann legten sie ihn, wie er schlummerte, nieder im Sande.
Und sie enthoben das Gut, das die edlen Faiaken beim Abschied 120
Ihm geschenkt, durch Fügung der mutigen Pallas Athänä.
Dieses legten sie alles zuhauf am Stamme des Oelbaums,
Außer dem Wege, daß kein vorübergehender Wandrer
Heimlich zu rauben käme, bevor Odüßeus erwachte.
Und nun fuhren sie heim. Doch Poseidaon vergaß nicht 125
Seiner Drohung, die er dem göttergleichen Odüßeus
Ehmals hatte gedroht; er forschte den Willen Kronions:

Vater Zeus, auf immer ist bei den unsterblichen Göttern
Meine Ehre dahin, da Sterbliche meiner nicht achten,
Jene Faiaken, die selbst von meinem Blute gezeugt sind! 130

Oduͤßee.
Eine Grotte, nicht fern von dem Oelbaum, lieblich und dunkel,
Iſt den Nuͤmfen geweiht, die man Naiaden benennet.
Steinerne Kruͤge ſtehn und zweigehenkelte Urnen 105
Innerhalb; und Bienen bereiten drinnen ihr Honig.
Aber die Nuͤmfen weben auf langen ſteinernen Stuͤhlen
Feiergewande, mit Purpur gefaͤrbt, ein Wunder zu ſchauen.
Unverſiegende Quellen durchſtroͤmen ſie. Zwo ſind der Pforten:
Eine gen Mitternacht, durch welche die Menſchen hinabgehn; 110
Mittagwaͤrts die andre geheiligte: dieſe durchwandelt
Nie ein ſterblicher Menſch; ſie iſt der Unſterblichen Eingang.

Jene lenkten hinein, denn ſie kannten den Hafen ſchon vormals.
Siehe da eilte das Schiff bis an die Haͤlfte des Kieles
Stuͤrmend ans Land: ſo ſtark war der Schwung von der Ruderer Haͤnden. 115
Und ſie ſtiegen vom Schiffe mit zierlichen Baͤnken ans Ufer,
Hoben zuerſt Oduͤßeus vom Hinterverdecke des Schiffes,
Samt dem leinenen Teppich und ſchoͤnen purpurnen Polſter,
Und dann legten ſie ihn, wie er ſchlummerte, nieder im Sande.
Und ſie enthoben das Gut, das die edlen Faiaken beim Abſchied 120
Ihm geſchenkt, durch Fuͤgung der mutigen Pallas Athaͤnaͤ.
Dieſes legten ſie alles zuhauf am Stamme des Oelbaums,
Außer dem Wege, daß kein voruͤbergehender Wandrer
Heimlich zu rauben kaͤme, bevor Oduͤßeus erwachte.
Und nun fuhren ſie heim. Doch Poſeidaon vergaß nicht 125
Seiner Drohung, die er dem goͤttergleichen Oduͤßeus
Ehmals hatte gedroht; er forſchte den Willen Kronions:

Vater Zeus, auf immer iſt bei den unſterblichen Goͤttern
Meine Ehre dahin, da Sterbliche meiner nicht achten,
Jene Faiaken, die ſelbſt von meinem Blute gezeugt ſind! 130

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[250/0256] Oduͤßee. Eine Grotte, nicht fern von dem Oelbaum, lieblich und dunkel, Iſt den Nuͤmfen geweiht, die man Naiaden benennet. Steinerne Kruͤge ſtehn und zweigehenkelte Urnen Innerhalb; und Bienen bereiten drinnen ihr Honig. Aber die Nuͤmfen weben auf langen ſteinernen Stuͤhlen Feiergewande, mit Purpur gefaͤrbt, ein Wunder zu ſchauen. Unverſiegende Quellen durchſtroͤmen ſie. Zwo ſind der Pforten: Eine gen Mitternacht, durch welche die Menſchen hinabgehn; Mittagwaͤrts die andre geheiligte: dieſe durchwandelt Nie ein ſterblicher Menſch; ſie iſt der Unſterblichen Eingang. 105 110 Jene lenkten hinein, denn ſie kannten den Hafen ſchon vormals. Siehe da eilte das Schiff bis an die Haͤlfte des Kieles Stuͤrmend ans Land: ſo ſtark war der Schwung von der Ruderer Haͤnden. Und ſie ſtiegen vom Schiffe mit zierlichen Baͤnken ans Ufer, Hoben zuerſt Oduͤßeus vom Hinterverdecke des Schiffes, Samt dem leinenen Teppich und ſchoͤnen purpurnen Polſter, Und dann legten ſie ihn, wie er ſchlummerte, nieder im Sande. Und ſie enthoben das Gut, das die edlen Faiaken beim Abſchied Ihm geſchenkt, durch Fuͤgung der mutigen Pallas Athaͤnaͤ. Dieſes legten ſie alles zuhauf am Stamme des Oelbaums, Außer dem Wege, daß kein voruͤbergehender Wandrer Heimlich zu rauben kaͤme, bevor Oduͤßeus erwachte. Und nun fuhren ſie heim. Doch Poſeidaon vergaß nicht Seiner Drohung, die er dem goͤttergleichen Oduͤßeus Ehmals hatte gedroht; er forſchte den Willen Kronions: 115 120 125 Vater Zeus, auf immer iſt bei den unſterblichen Goͤttern Meine Ehre dahin, da Sterbliche meiner nicht achten, Jene Faiaken, die ſelbſt von meinem Blute gezeugt ſind! 130

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/256>, abgerufen am 22.11.2024.