Als nun der siebente Tag von Zeus Kronion gesandt ward, Siehe da legten sich schnell die reißenden Wirbel der Windsbraut; 400 Und wir stiegen ins Schiff, und steurten ins offene Weltmeer, Aufgerichtet den Mast, und gespannt die schimmernden Segel.
Als wir das grüne Gestade Thrinakia's jezo verlaßen, Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu sehn war; Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewölk aus 405 Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag über der Tiefe. Und nicht lange mehr eilte das laufende Schiff; denn mit Einmal Kam lautbrausend der West mit fürchterlich zuckenden Wirbeln. Plözlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Mastbaums; Aber der Mast fiel krachend zurück, und Segel und Stange 410 Sanken hinab in den Raum; die Last des fallenden stürzte Hinten im Schiff dem Piloten aufs Haupt, und zerknirschte mit Einmal Alle Gebeine des Haupts; da schoß er, ähnlich dem Taucher, Köpflings herab vom Verdeck, und der Geist entwich den Gebeinen. Und nun donnerte Zeus; der hochgeschleuderte Stral schlug 415 Schmetternd ins Schiff: und es schwankte, vom Donner des Gottes erschüttert; Alles war Schwefeldampf, und die Freund' entstürzten dem Boden. Aehnlich den Waßerkrähn, bekämpften sie, rings um das Schiff her, Steigend und sinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. Einsam durchwandelt' ich jezo das Schiff; da trennte der Wogen 420 Sturz von den Seiten den Kiel, und trug die eroberte Trümmer; Schmetterte dann auf den Kiel den Mastbaum nieder; an diesem Hing noch das Segeltau, von Ochsenleder geflochten. Eilend ergriff ich das Tau, und verband den Kiel und den Mastbaum; Sezte mich drauf, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten. 425
Jezo legten sich schnell die reißenden Wirbel des Westes;
Oduͤßee.
Als nun der ſiebente Tag von Zeus Kronion geſandt ward, Siehe da legten ſich ſchnell die reißenden Wirbel der Windsbraut; 400 Und wir ſtiegen ins Schiff, und ſteurten ins offene Weltmeer, Aufgerichtet den Maſt, und geſpannt die ſchimmernden Segel.
Als wir das gruͤne Geſtade Thrinakia's jezo verlaßen, Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu ſehn war; Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus 405 Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe. Und nicht lange mehr eilte das laufende Schiff; denn mit Einmal Kam lautbrauſend der Weſt mit fuͤrchterlich zuckenden Wirbeln. Ploͤzlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Maſtbaums; Aber der Maſt fiel krachend zuruͤck, und Segel und Stange 410 Sanken hinab in den Raum; die Laſt des fallenden ſtuͤrzte Hinten im Schiff dem Piloten aufs Haupt, und zerknirſchte mit Einmal Alle Gebeine des Haupts; da ſchoß er, aͤhnlich dem Taucher, Koͤpflings herab vom Verdeck, und der Geiſt entwich den Gebeinen. Und nun donnerte Zeus; der hochgeſchleuderte Stral ſchlug 415 Schmetternd ins Schiff: und es ſchwankte, vom Donner des Gottes erſchuͤttert; Alles war Schwefeldampf, und die Freund' entſtuͤrzten dem Boden. Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften ſie, rings um das Schiff her, Steigend und ſinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr. Einſam durchwandelt' ich jezo das Schiff; da trennte der Wogen 420 Sturz von den Seiten den Kiel, und trug die eroberte Truͤmmer; Schmetterte dann auf den Kiel den Maſtbaum nieder; an dieſem Hing noch das Segeltau, von Ochſenleder geflochten. Eilend ergriff ich das Tau, und verband den Kiel und den Maſtbaum; Sezte mich drauf, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten. 425
Jezo legten ſich ſchnell die reißenden Wirbel des Weſtes;
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0250"n="244"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Oduͤßee.</hi></fw><lb/>
Als nun der ſiebente Tag von Zeus Kronion geſandt ward,<lb/>
Siehe da legten ſich ſchnell die reißenden Wirbel der Windsbraut; <noteplace="right">400</note><lb/>
Und wir ſtiegen ins Schiff, und ſteurten ins offene Weltmeer,<lb/>
Aufgerichtet den Maſt, und geſpannt die ſchimmernden Segel.</p><lb/><p>Als wir das gruͤne Geſtade Thrinakia's jezo verlaßen,<lb/>
Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu ſehn war;<lb/>
Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus <noteplace="right">405</note><lb/>
Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe.<lb/>
Und nicht lange mehr eilte das laufende Schiff; denn mit Einmal<lb/>
Kam lautbrauſend der Weſt mit fuͤrchterlich zuckenden Wirbeln.<lb/>
Ploͤzlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Maſtbaums;<lb/>
Aber der Maſt fiel krachend zuruͤck, und Segel und Stange <noteplace="right">410</note><lb/>
Sanken hinab in den Raum; die Laſt des fallenden ſtuͤrzte<lb/>
Hinten im Schiff dem Piloten aufs Haupt, und zerknirſchte mit Einmal<lb/>
Alle Gebeine des Haupts; da ſchoß er, aͤhnlich dem Taucher,<lb/>
Koͤpflings herab vom Verdeck, und der Geiſt entwich den Gebeinen.<lb/>
Und nun donnerte Zeus; der hochgeſchleuderte Stral ſchlug <noteplace="right">415</note><lb/>
Schmetternd ins Schiff: und es ſchwankte, vom Donner des Gottes erſchuͤttert;<lb/>
Alles war Schwefeldampf, und die Freund' entſtuͤrzten dem Boden.<lb/>
Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften ſie, rings um das Schiff her,<lb/>
Steigend und ſinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr.<lb/>
Einſam durchwandelt' ich jezo das Schiff; da trennte der Wogen <noteplace="right">420</note><lb/>
Sturz von den Seiten den Kiel, und trug die eroberte Truͤmmer;<lb/>
Schmetterte dann auf den Kiel den Maſtbaum nieder; an dieſem<lb/>
Hing noch das Segeltau, von Ochſenleder geflochten.<lb/>
Eilend ergriff ich das Tau, und verband den Kiel und den Maſtbaum;<lb/>
Sezte mich drauf, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten. <noteplace="right">425</note></p><lb/><p>Jezo legten ſich ſchnell die reißenden Wirbel des Weſtes;<lb/></p></div></body></text></TEI>
[244/0250]
Oduͤßee.
Als nun der ſiebente Tag von Zeus Kronion geſandt ward,
Siehe da legten ſich ſchnell die reißenden Wirbel der Windsbraut;
Und wir ſtiegen ins Schiff, und ſteurten ins offene Weltmeer,
Aufgerichtet den Maſt, und geſpannt die ſchimmernden Segel.
400
Als wir das gruͤne Geſtade Thrinakia's jezo verlaßen,
Und ringsum kein Land, nur Meer und Himmel zu ſehn war;
Breitete Zeus Kronion ein dunkelblaues Gewoͤlk aus
Ueber das laufende Schiff, und Nacht lag uͤber der Tiefe.
Und nicht lange mehr eilte das laufende Schiff; denn mit Einmal
Kam lautbrauſend der Weſt mit fuͤrchterlich zuckenden Wirbeln.
Ploͤzlich zerbrach der Orkan die beiden Taue des Maſtbaums;
Aber der Maſt fiel krachend zuruͤck, und Segel und Stange
Sanken hinab in den Raum; die Laſt des fallenden ſtuͤrzte
Hinten im Schiff dem Piloten aufs Haupt, und zerknirſchte mit Einmal
Alle Gebeine des Haupts; da ſchoß er, aͤhnlich dem Taucher,
Koͤpflings herab vom Verdeck, und der Geiſt entwich den Gebeinen.
Und nun donnerte Zeus; der hochgeſchleuderte Stral ſchlug
Schmetternd ins Schiff: und es ſchwankte, vom Donner des Gottes erſchuͤttert;
Alles war Schwefeldampf, und die Freund' entſtuͤrzten dem Boden.
Aehnlich den Waßerkraͤhn, bekaͤmpften ſie, rings um das Schiff her,
Steigend und ſinkend die Flut; doch Gott nahm ihnen die Heimkehr.
Einſam durchwandelt' ich jezo das Schiff; da trennte der Wogen
Sturz von den Seiten den Kiel, und trug die eroberte Truͤmmer;
Schmetterte dann auf den Kiel den Maſtbaum nieder; an dieſem
Hing noch das Segeltau, von Ochſenleder geflochten.
Eilend ergriff ich das Tau, und verband den Kiel und den Maſtbaum;
Sezte mich drauf, und trieb durch den Sturm und die tobenden Fluten.
405
410
415
420
425
Jezo legten ſich ſchnell die reißenden Wirbel des Weſtes;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/250>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.