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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Elfter Gesang.
Du in diesem Gemache mir deine Leiden erzähltest!

Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odüßeus:
Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König!
Reden hat seine Stund', und seine Stunde der Schlummer.
Aber wenn du verlangst, mich weiter zu hören, so will ich 380
Ohne Weigern dir jezt noch thränenwehrteres Unglück
Meiner Freunde verkünden, die nachmals ihr Leben verloren;
Die den blutigen Schlachten des troischen Krieges entrannen,
Und auf der Heimkehr starben, durch List des heillosen Weibes.

Als sich auf den Befehl der schrecklichen Persefoneia 385
Alle Seelen der Weiber umher in die Tiefe zerstreuet;
Siehe da kam die Seele von Atreus Sohn Agamemnon
Traurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm,
In Aigisthos Palaste, das Ziel des Todes erreichten.
Dieser erkannte mich gleich, sobald er des Blutes gekostet. 390
Und nun weint' er laut, und vergoß die bittersten Thränen,
Streckte die Hände nach mir, und strebte mich zu umarmen.
Aber ihm mangelte jezo die spannende Kraft und die Schnelle,
Welche die biegsamen Glieder des Helden vormals belebte.
Weinend erblickt' ich ihn, und fühlete herzliches Mitleid; 395
Und ich redet' ihn an, und sprach die geflügelten Worte:

Atreus rühmlicher Sohn, weitherschender Held Agamemnon,
Welches Schicksal bezwang dich des schlummergebenden Todes?
Tödtete dich auf der Fahrt der Erderschüttrer Poseidon,
Da er den wilden Orkan lautbrausender Winde dir sandte? 400
Oder ermordeten dich auf dem Lande feindliche Männer,
Als du die schönen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebst,
Oder indem sie die Stadt und ihre Weiber verfochten?

Elfter Geſang.
Du in dieſem Gemache mir deine Leiden erzaͤhlteſt!

Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus:
Weitgeprieſener Held, Alkinoos, maͤchtigſter Koͤnig!
Reden hat ſeine Stund', und ſeine Stunde der Schlummer.
Aber wenn du verlangſt, mich weiter zu hoͤren, ſo will ich 380
Ohne Weigern dir jezt noch thraͤnenwehrteres Ungluͤck
Meiner Freunde verkuͤnden, die nachmals ihr Leben verloren;
Die den blutigen Schlachten des troiſchen Krieges entrannen,
Und auf der Heimkehr ſtarben, durch Liſt des heilloſen Weibes.

Als ſich auf den Befehl der ſchrecklichen Perſefoneia 385
Alle Seelen der Weiber umher in die Tiefe zerſtreuet;
Siehe da kam die Seele von Atreus Sohn Agamemnon
Traurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm,
In Aigiſthos Palaſte, das Ziel des Todes erreichten.
Dieſer erkannte mich gleich, ſobald er des Blutes gekoſtet. 390
Und nun weint' er laut, und vergoß die bitterſten Thraͤnen,
Streckte die Haͤnde nach mir, und ſtrebte mich zu umarmen.
Aber ihm mangelte jezo die ſpannende Kraft und die Schnelle,
Welche die biegſamen Glieder des Helden vormals belebte.
Weinend erblickt' ich ihn, und fuͤhlete herzliches Mitleid; 395
Und ich redet' ihn an, und ſprach die gefluͤgelten Worte:

Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherſchender Held Agamemnon,
Welches Schickſal bezwang dich des ſchlummergebenden Todes?
Toͤdtete dich auf der Fahrt der Erderſchuͤttrer Poſeidon,
Da er den wilden Orkan lautbrauſender Winde dir ſandte? 400
Oder ermordeten dich auf dem Lande feindliche Maͤnner,
Als du die ſchoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebſt,
Oder indem ſie die Stadt und ihre Weiber verfochten?

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[219/0225] Elfter Geſang. Du in dieſem Gemache mir deine Leiden erzaͤhlteſt! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Weitgeprieſener Held, Alkinoos, maͤchtigſter Koͤnig! Reden hat ſeine Stund', und ſeine Stunde der Schlummer. Aber wenn du verlangſt, mich weiter zu hoͤren, ſo will ich Ohne Weigern dir jezt noch thraͤnenwehrteres Ungluͤck Meiner Freunde verkuͤnden, die nachmals ihr Leben verloren; Die den blutigen Schlachten des troiſchen Krieges entrannen, Und auf der Heimkehr ſtarben, durch Liſt des heilloſen Weibes. 380 Als ſich auf den Befehl der ſchrecklichen Perſefoneia Alle Seelen der Weiber umher in die Tiefe zerſtreuet; Siehe da kam die Seele von Atreus Sohn Agamemnon Traurend daher, umringt von anderen Seelen, die mit ihm, In Aigiſthos Palaſte, das Ziel des Todes erreichten. Dieſer erkannte mich gleich, ſobald er des Blutes gekoſtet. Und nun weint' er laut, und vergoß die bitterſten Thraͤnen, Streckte die Haͤnde nach mir, und ſtrebte mich zu umarmen. Aber ihm mangelte jezo die ſpannende Kraft und die Schnelle, Welche die biegſamen Glieder des Helden vormals belebte. Weinend erblickt' ich ihn, und fuͤhlete herzliches Mitleid; Und ich redet' ihn an, und ſprach die gefluͤgelten Worte: 385 390 395 Atreus ruͤhmlicher Sohn, weitherſchender Held Agamemnon, Welches Schickſal bezwang dich des ſchlummergebenden Todes? Toͤdtete dich auf der Fahrt der Erderſchuͤttrer Poſeidon, Da er den wilden Orkan lautbrauſender Winde dir ſandte? Oder ermordeten dich auf dem Lande feindliche Maͤnner, Als du die ſchoͤnen Heerden der Rinder und Schafe hinwegtriebſt, Oder indem ſie die Stadt und ihre Weiber verfochten? 400

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/225>, abgerufen am 22.11.2024.