Jene mischten für sie den Wein in den Kelchen mit Wasser; 110 Diese säuberten wieder mit lockern Schwämmen die Tische, Stellten in Reihen sie hin, und theilten die Menge des Fleisches.
Pallas erblickte zuerst Tälemachos, ähnlich den Göttern. Unter den Freiern saß er mit traurigem Herzen; denn immer Schwebte vor seinem Geiste das Bild des treflichen Vaters: 115 Ob er nicht endlich käme, die Freier im Hause zerstreute, Und, mit Ehre gekrönt, sein Eigenthum wieder beherschte. Dem nachdenkend, saß er bei jenen, erblickte die Göttin, Und ging schnell nach der Pforte des Hofs, unwillig im Herzen, Daß ein Fremder so lang' an der Thüre harrte; empfing sie, 120 Drückt' ihr die rechte Hand, und nahm die eherne Lanze, Redete freundlich sie an, und sprach die geflügelten Worte:
Freue dich, fremder Mann! Sei uns willkommen; und hast du V. 123. Dich mit Speise gestärkt, dann sage, was du begehrest.
Also sprach er, und ging; ihm folgete Pallas Athänä. 125 Als sie jezt in den Saal des hohen Palastes gekommen; Trug er die Lanz' in das schöngetäfelte Speerbehältniß, An die hohe Seule sie lehnend, an welcher noch viele Andere Lanzen stunden des leidengeübten Odüßeus. Pallas führt' er zum Thron, und breitet' ein Polster ihr unter, 130 Schön und künstlichgewirkt; ein Schemel stüzte die Füße. Neben ihr sezt' er sich selbst auf einen prächtigen Seßel, Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaste die Mahlzeit Durch das wüste Getümmel der Trozigen würde verleidet; Und er um Kundschaft ihn von seinem Vater befragte. 135
V. 123. Freue dich! war der gewöhnliche Gruß.
Oduͤßee.
Jene miſchten fuͤr ſie den Wein in den Kelchen mit Waſſer; 110 Dieſe ſaͤuberten wieder mit lockern Schwaͤmmen die Tiſche, Stellten in Reihen ſie hin, und theilten die Menge des Fleiſches.
Pallas erblickte zuerſt Taͤlemachos, aͤhnlich den Goͤttern. Unter den Freiern ſaß er mit traurigem Herzen; denn immer Schwebte vor ſeinem Geiſte das Bild des treflichen Vaters: 115 Ob er nicht endlich kaͤme, die Freier im Hauſe zerſtreute, Und, mit Ehre gekroͤnt, ſein Eigenthum wieder beherſchte. Dem nachdenkend, ſaß er bei jenen, erblickte die Goͤttin, Und ging ſchnell nach der Pforte des Hofs, unwillig im Herzen, Daß ein Fremder ſo lang' an der Thuͤre harrte; empfing ſie, 120 Druͤckt' ihr die rechte Hand, und nahm die eherne Lanze, Redete freundlich ſie an, und ſprach die gefluͤgelten Worte:
Freue dich, fremder Mann! Sei uns willkommen; und haſt du V. 123. Dich mit Speiſe geſtaͤrkt, dann ſage, was du begehreſt.
Alſo ſprach er, und ging; ihm folgete Pallas Athaͤnaͤ. 125 Als ſie jezt in den Saal des hohen Palaſtes gekommen; Trug er die Lanz' in das ſchoͤngetaͤfelte Speerbehaͤltniß, An die hohe Seule ſie lehnend, an welcher noch viele Andere Lanzen ſtunden des leidengeuͤbten Oduͤßeus. Pallas fuͤhrt' er zum Thron, und breitet' ein Polſter ihr unter, 130 Schoͤn und kuͤnſtlichgewirkt; ein Schemel ſtuͤzte die Fuͤße. Neben ihr ſezt' er ſich ſelbſt auf einen praͤchtigen Seßel, Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaſte die Mahlzeit Durch das wuͤſte Getuͤmmel der Trozigen wuͤrde verleidet; Und er um Kundſchaft ihn von ſeinem Vater befragte. 135
V. 123. Freue dich! war der gewoͤhnliche Gruß.
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[14/0020]
Oduͤßee.
Jene miſchten fuͤr ſie den Wein in den Kelchen mit Waſſer;
Dieſe ſaͤuberten wieder mit lockern Schwaͤmmen die Tiſche,
Stellten in Reihen ſie hin, und theilten die Menge des Fleiſches.
110
Pallas erblickte zuerſt Taͤlemachos, aͤhnlich den Goͤttern.
Unter den Freiern ſaß er mit traurigem Herzen; denn immer
Schwebte vor ſeinem Geiſte das Bild des treflichen Vaters:
Ob er nicht endlich kaͤme, die Freier im Hauſe zerſtreute,
Und, mit Ehre gekroͤnt, ſein Eigenthum wieder beherſchte.
Dem nachdenkend, ſaß er bei jenen, erblickte die Goͤttin,
Und ging ſchnell nach der Pforte des Hofs, unwillig im Herzen,
Daß ein Fremder ſo lang' an der Thuͤre harrte; empfing ſie,
Druͤckt' ihr die rechte Hand, und nahm die eherne Lanze,
Redete freundlich ſie an, und ſprach die gefluͤgelten Worte:
115
120
Freue dich, fremder Mann! Sei uns willkommen; und haſt du V. 123.
Dich mit Speiſe geſtaͤrkt, dann ſage, was du begehreſt.
Alſo ſprach er, und ging; ihm folgete Pallas Athaͤnaͤ.
Als ſie jezt in den Saal des hohen Palaſtes gekommen;
Trug er die Lanz' in das ſchoͤngetaͤfelte Speerbehaͤltniß,
An die hohe Seule ſie lehnend, an welcher noch viele
Andere Lanzen ſtunden des leidengeuͤbten Oduͤßeus.
Pallas fuͤhrt' er zum Thron, und breitet' ein Polſter ihr unter,
Schoͤn und kuͤnſtlichgewirkt; ein Schemel ſtuͤzte die Fuͤße.
Neben ihr ſezt' er ſich ſelbſt auf einen praͤchtigen Seßel,
Von den Freiern entfernt: daß nicht dem Gaſte die Mahlzeit
Durch das wuͤſte Getuͤmmel der Trozigen wuͤrde verleidet;
Und er um Kundſchaft ihn von ſeinem Vater befragte.
125
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V. 123. Freue dich! war der gewoͤhnliche Gruß.
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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