Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Neunter Gesang. Heim mich sendetest. Aber du wütest ja ganz unerträglich! 350Böser Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern Wieder besuchen wollen? Du hast nicht billig gehandelt! Also sprach ich. Er nahm und trank, und schmeckte gewaltig Lieber, schenk mir noch eins, und sage mir gleich, wie du heißest; 355 Also sprach er; ich bracht ihm von neuem des funkelnden Weines. 360 Meinen berühmten Namen, Küklop? Du sollst ihn erfahren. Also sprach ich; und drauf versezte der grausame Wütrich: Sprachs, und streckte sich hin, fiel rücklings, und lag mit gesenktem Und nun hielt ich die Spize des Knittels in glimmende Asche, 375 Neunter Geſang. Heim mich ſendeteſt. Aber du wuͤteſt ja ganz unertraͤglich! 350Boͤſer Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern Wieder beſuchen wollen? Du haſt nicht billig gehandelt! Alſo ſprach ich. Er nahm und trank, und ſchmeckte gewaltig Lieber, ſchenk mir noch eins, und ſage mir gleich, wie du heißeſt; 355 Alſo ſprach er; ich bracht ihm von neuem des funkelnden Weines. 360 Meinen beruͤhmten Namen, Kuͤklop? Du ſollſt ihn erfahren. Alſo ſprach ich; und drauf verſezte der grauſame Wuͤtrich: Sprachs, und ſtreckte ſich hin, fiel ruͤcklings, und lag mit geſenktem Und nun hielt ich die Spize des Knittels in glimmende Aſche, 375 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0181" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neunter Geſang.</hi></fw><lb/> Heim mich ſendeteſt. Aber du wuͤteſt ja ganz unertraͤglich! <note place="right">350</note><lb/> Boͤſer Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern<lb/> Wieder beſuchen wollen? Du haſt nicht billig gehandelt!</p><lb/> <p>Alſo ſprach ich. Er nahm und trank, und ſchmeckte gewaltig<lb/> Nach dem ſuͤßen Getraͤnk, und bat noch Einmal zu fuͤllen:</p><lb/> <p>Lieber, ſchenk mir noch eins, und ſage mir gleich, wie du heißeſt; <note place="right">355</note><lb/> Daß ich dich wieder bewirt', und deine Seele ſich labe!<lb/> Wiß, auch uns Kuͤklopen gebiert die fruchtbare Erde<lb/> Wein in geſchwollenen Trauben, und Gottes Regen ernaͤhrt ihn.<lb/> Aber der iſt ein Saft von Ambroſia oder von Nektar!</p><lb/> <p>Alſo ſprach er; ich bracht ihm von neuem des funkelnden Weines. <note place="right">360</note><lb/> Dreimal ſchenkt' ich ihm voll, und dreimal leerte der Dumme.<lb/> Aber da jezo der geiſtige Trank in das Hirn des Kuͤklopen<lb/> Stieg; da ſchmeichelt' ich ihm mit glatten Worten, und ſagte:</p><lb/> <p>Meinen beruͤhmten Namen, Kuͤklop? Du ſollſt ihn erfahren.<lb/> Aber vergiß mir auch nicht die Bewirtung, die du verhießeſt! <note place="right">365</note><lb/> Niemand iſt mein Name; denn Niemand nennen mich alle,<lb/> Meine Mutter, mein Vater, und alle meine Geſellen.</p><lb/> <p>Alſo ſprach ich; und drauf verſezte der grauſame Wuͤtrich:<lb/> Niemand will ich zulezt nach ſeinen Geſellen verzehren;<lb/> Alle die andern zuvor! Dies ſei die verheißne Bewirtung! <note place="right">370</note></p><lb/> <p>Sprachs, und ſtreckte ſich hin, fiel ruͤcklings, und lag mit geſenktem<lb/> Feiſtem Nacken im Staub'; und der allgewaltige Schlummer<lb/> Ueberwaͤltiget' ihn: dem Rachen entſtuͤrzten mit Weine<lb/> Stuͤcke von Menſchenfleiſch, die der ſchnarchende Trunkenbold ausbrach.</p><lb/> <p>Und nun hielt ich die Spize des Knittels in glimmende Aſche, <note place="right">375</note><lb/> Bis ſie Feuer fing, und ſtaͤrkte mit herzhaften Worten<lb/> Meine Gefaͤhrten, daß keiner ſich feig' im Winkel verkroͤche.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [175/0181]
Neunter Geſang.
Heim mich ſendeteſt. Aber du wuͤteſt ja ganz unertraͤglich!
Boͤſer Mann, wer wird dich hinfort von den Erdebewohnern
Wieder beſuchen wollen? Du haſt nicht billig gehandelt!
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Alſo ſprach ich. Er nahm und trank, und ſchmeckte gewaltig
Nach dem ſuͤßen Getraͤnk, und bat noch Einmal zu fuͤllen:
Lieber, ſchenk mir noch eins, und ſage mir gleich, wie du heißeſt;
Daß ich dich wieder bewirt', und deine Seele ſich labe!
Wiß, auch uns Kuͤklopen gebiert die fruchtbare Erde
Wein in geſchwollenen Trauben, und Gottes Regen ernaͤhrt ihn.
Aber der iſt ein Saft von Ambroſia oder von Nektar!
355
Alſo ſprach er; ich bracht ihm von neuem des funkelnden Weines.
Dreimal ſchenkt' ich ihm voll, und dreimal leerte der Dumme.
Aber da jezo der geiſtige Trank in das Hirn des Kuͤklopen
Stieg; da ſchmeichelt' ich ihm mit glatten Worten, und ſagte:
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Meinen beruͤhmten Namen, Kuͤklop? Du ſollſt ihn erfahren.
Aber vergiß mir auch nicht die Bewirtung, die du verhießeſt!
Niemand iſt mein Name; denn Niemand nennen mich alle,
Meine Mutter, mein Vater, und alle meine Geſellen.
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Alſo ſprach ich; und drauf verſezte der grauſame Wuͤtrich:
Niemand will ich zulezt nach ſeinen Geſellen verzehren;
Alle die andern zuvor! Dies ſei die verheißne Bewirtung!
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Sprachs, und ſtreckte ſich hin, fiel ruͤcklings, und lag mit geſenktem
Feiſtem Nacken im Staub'; und der allgewaltige Schlummer
Ueberwaͤltiget' ihn: dem Rachen entſtuͤrzten mit Weine
Stuͤcke von Menſchenfleiſch, die der ſchnarchende Trunkenbold ausbrach.
Und nun hielt ich die Spize des Knittels in glimmende Aſche,
Bis ſie Feuer fing, und ſtaͤrkte mit herzhaften Worten
Meine Gefaͤhrten, daß keiner ſich feig' im Winkel verkroͤche.
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