Wie die Göttin der Jagd durch Erümanthos Gebüsche V. 102. Oder Taügetos Höhn mit Köcher und Bogen einhergeht, Und sich ergözt, die Eber und schnellen Hirsche zu fällen; Um sie spielen die Nümfen, Bewohnerinnen der Felder, 105 Töchter des furchtbaren Zeus; und herzlich freuet sich Läto; V. 106. Denn vor allen erhebt sie ihr Haupt und herliches Antliz, Und ist leicht zu erkennen im ganzen schönen Gefolge: Also ragte vor allen die hohe blühende Jungfrau.
Aber da sie nunmehr sich rüstete, wieder zur Heimfahrt 110 Anzuspannen die Mäuler, und ihre Gewande zu falten; Da rathschlagete Zeus blauäugichte Tochter Athänä, Wie Odüßeus erwachte, und sähe die liebliche Jungfrau, Daß sie den Weg ihn führte zur Stadt der faiakischen Männer. Und Nausikaa warf den Ball auf eine der Dirnen; 115 Dieser verfehlte die Dirn', und fiel in die wirbelnde Tiefe; Und laut kreischten sie auf. Da erwachte der edle Odüßeus, Sizend dacht' er umher im zweifelnden Herzen, und sagte:
Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? Sinds unmenschliche Räuber und sittenlose Barbaren; 120 Oder Diener der Götter, und Freunde des heiligen Gastrechts? Eben umtönte mich ein Weibergekreisch, wie der Nümfen, Welche die steilen Häupter der Felsengebirge bewohnen, Und die Quellen der Flüße und grasbewachsenen Thäler! Bin ich hier etwa nahe bei redenden Menschenkindern? 125 Auf! ich selber will hin, und zusehn, was es bedeute!
V. 102. Erümanthos und Täugetos, zwei Berge im Peloponnes.
V. 106. Läto, Latona, Dianens Mutter.
Oduͤßee.
Wie die Goͤttin der Jagd durch Eruͤmanthos Gebuͤſche V. 102. Oder Tauͤgetos Hoͤhn mit Koͤcher und Bogen einhergeht, Und ſich ergoͤzt, die Eber und ſchnellen Hirſche zu faͤllen; Um ſie ſpielen die Nuͤmfen, Bewohnerinnen der Felder, 105 Toͤchter des furchtbaren Zeus; und herzlich freuet ſich Laͤto; V. 106. Denn vor allen erhebt ſie ihr Haupt und herliches Antliz, Und iſt leicht zu erkennen im ganzen ſchoͤnen Gefolge: Alſo ragte vor allen die hohe bluͤhende Jungfrau.
Aber da ſie nunmehr ſich ruͤſtete, wieder zur Heimfahrt 110 Anzuſpannen die Maͤuler, und ihre Gewande zu falten; Da rathſchlagete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ, Wie Oduͤßeus erwachte, und ſaͤhe die liebliche Jungfrau, Daß ſie den Weg ihn fuͤhrte zur Stadt der faiakiſchen Maͤnner. Und Nauſikaa warf den Ball auf eine der Dirnen; 115 Dieſer verfehlte die Dirn', und fiel in die wirbelnde Tiefe; Und laut kreiſchten ſie auf. Da erwachte der edle Oduͤßeus, Sizend dacht' er umher im zweifelnden Herzen, und ſagte:
Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? Sinds unmenſchliche Raͤuber und ſittenloſe Barbaren; 120 Oder Diener der Goͤtter, und Freunde des heiligen Gaſtrechts? Eben umtoͤnte mich ein Weibergekreiſch, wie der Nuͤmfen, Welche die ſteilen Haͤupter der Felſengebirge bewohnen, Und die Quellen der Fluͤße und grasbewachſenen Thaͤler! Bin ich hier etwa nahe bei redenden Menſchenkindern? 125 Auf! ich ſelber will hin, und zuſehn, was es bedeute!
V. 102. Eruͤmanthos und Taͤugetos, zwei Berge im Peloponnes.
V. 106. Laͤto, Latona, Dianens Mutter.
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Oduͤßee.
Wie die Goͤttin der Jagd durch Eruͤmanthos Gebuͤſche V. 102.
Oder Tauͤgetos Hoͤhn mit Koͤcher und Bogen einhergeht,
Und ſich ergoͤzt, die Eber und ſchnellen Hirſche zu faͤllen;
Um ſie ſpielen die Nuͤmfen, Bewohnerinnen der Felder,
Toͤchter des furchtbaren Zeus; und herzlich freuet ſich Laͤto; V. 106.
Denn vor allen erhebt ſie ihr Haupt und herliches Antliz,
Und iſt leicht zu erkennen im ganzen ſchoͤnen Gefolge:
Alſo ragte vor allen die hohe bluͤhende Jungfrau.
105
Aber da ſie nunmehr ſich ruͤſtete, wieder zur Heimfahrt
Anzuſpannen die Maͤuler, und ihre Gewande zu falten;
Da rathſchlagete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ,
Wie Oduͤßeus erwachte, und ſaͤhe die liebliche Jungfrau,
Daß ſie den Weg ihn fuͤhrte zur Stadt der faiakiſchen Maͤnner.
Und Nauſikaa warf den Ball auf eine der Dirnen;
Dieſer verfehlte die Dirn', und fiel in die wirbelnde Tiefe;
Und laut kreiſchten ſie auf. Da erwachte der edle Oduͤßeus,
Sizend dacht' er umher im zweifelnden Herzen, und ſagte:
110
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Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen?
Sinds unmenſchliche Raͤuber und ſittenloſe Barbaren;
Oder Diener der Goͤtter, und Freunde des heiligen Gaſtrechts?
Eben umtoͤnte mich ein Weibergekreiſch, wie der Nuͤmfen,
Welche die ſteilen Haͤupter der Felſengebirge bewohnen,
Und die Quellen der Fluͤße und grasbewachſenen Thaͤler!
Bin ich hier etwa nahe bei redenden Menſchenkindern?
Auf! ich ſelber will hin, und zuſehn, was es bedeute!
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V. 102. Eruͤmanthos und Taͤugetos, zwei Berge im Peloponnes.
V. 106. Laͤto, Latona, Dianens Mutter.
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/124>, abgerufen am 16.02.2025.
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