Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.LUISE Schalkhaft sagte darauf die rosenwan-gige Jungfrau: Hänselchen, willst du mich frein? Ich hab' in der Kiste so manchen Blanken Thaler gespart: mein Patenge- schenk, und mein Weihnacht! 545 Auch versteh' ich die Nadel zur Noth, und die Knütte versteh' ich, Brot zu backen, zu braun, und ein Leib- gericht zu bereiten! Aber es redete drein die alte verstän- dige Hausfrau: Traue du nicht der Spötterin, Hans! Zwar stattlich von Gliedern Ist sie dir, aber zu faul, und die seidenen Händchen zu vornehm. 550 Geh nur, und rüste den Kahn zu der Ab- fahrt. Denn wo mir recht ist, LUISE Schalkhaft ſagte darauf die rosenwan-gige Jungfrau: Hänſelchen, willſt du mich frein? Ich hab’ in der Kiſte ſo manchen Blanken Thaler geſpart: mein Patenge- ſchenk, und mein Weihnacht! 545 Auch verſteh’ ich die Nadel zur Noth, und die Knütte verſteh’ ich, Brot zu backen, zu braun, und ein Leib- gericht zu bereiten! Aber es redete drein die alte verſtän- dige Hausfrau: Traue du nicht der Spötterin, Hans! Zwar ſtattlich von Gliedern Iſt ſie dir, aber zu faul, und die ſeidenen Händchen zu vornehm. 550 Geh nur, und rüſte den Kahn zu der Ab- fahrt. Denn wo mir recht iſt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0076" n="66"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">LUISE</hi></fw><lb/> Schalkhaft ſagte darauf die rosenwan-<lb/> gige Jungfrau:<lb/> Hänſelchen, willſt du mich frein? Ich<lb/> hab’ in der Kiſte ſo manchen<lb/> Blanken Thaler geſpart: mein Patenge-<lb/> ſchenk, und mein Weihnacht! <lb n="545"/> Auch verſteh’ ich die Nadel zur Noth,<lb/> und die Knütte verſteh’ ich,<lb/> Brot zu backen, zu braun, und ein Leib-<lb/> gericht zu bereiten!<lb/> Aber es redete drein die alte verſtän-<lb/> dige Hausfrau:<lb/> Traue du nicht der Spötterin, Hans! Zwar<lb/> ſtattlich von Gliedern<lb/> Iſt ſie dir, aber zu faul, und die ſeidenen<lb/> Händchen zu vornehm. <lb n="550"/> Geh nur, und rüſte den Kahn zu der Ab-<lb/> fahrt. Denn wo mir recht iſt,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0076]
LUISE
Schalkhaft ſagte darauf die rosenwan-
gige Jungfrau:
Hänſelchen, willſt du mich frein? Ich
hab’ in der Kiſte ſo manchen
Blanken Thaler geſpart: mein Patenge-
ſchenk, und mein Weihnacht! 545
Auch verſteh’ ich die Nadel zur Noth,
und die Knütte verſteh’ ich,
Brot zu backen, zu braun, und ein Leib-
gericht zu bereiten!
Aber es redete drein die alte verſtän-
dige Hausfrau:
Traue du nicht der Spötterin, Hans! Zwar
ſtattlich von Gliedern
Iſt ſie dir, aber zu faul, und die ſeidenen
Händchen zu vornehm. 550
Geh nur, und rüſte den Kahn zu der Ab-
fahrt. Denn wo mir recht iſt,
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Zitationshilfe: | Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/76>, abgerufen am 17.02.2025. |