Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.ERSTE IDYLLE Ja, du geliebte Tochter, ich bin auchfröhlich! so fröhlich, Als die singenden Vögel im Wald hier, oder das Eichhorn, Welches die luftigen Zweige durchhüpft, um die Jungen im Lager! 305 Achzehn Jahr sind es heute, da schenkte mir Gott mein geliebtes, Jezt mein einziges Kind, so verständig und fromm und gehorsam! Wie doch die Zeiten entfliehn! Zehn kommende Jahre, wie weithin Dehnt sich der Raum vor uns! und wie schwindet er, wenn wir zurücksehn! Gestern erst geschah es, so deucht es mir, als ich im Garten 310 Ging, und Blätter zerpflückt', und betete; bis nun mit Einmal ERSTE IDYLLE Ja, du geliebte Tochter, ich bin auchfröhlich! ſo fröhlich, Als die ſingenden Vögel im Wald hier, oder das Eichhorn, Welches die luftigen Zweige durchhüpft, um die Jungen im Lager! 305 Achzehn Jahr ſind es heute, da ſchenkte mir Gott mein geliebtes, Jezt mein einziges Kind, ſo verſtändig und fromm und gehorſam! Wie doch die Zeiten entfliehn! Zehn kommende Jahre, wie weithin Dehnt ſich der Raum vor uns! und wie ſchwindet er, wenn wir zurückſehn! Geſtern erſt geſchah es, ſo deucht es mir, als ich im Garten 310 Ging, und Blätter zerpflückt’, und betete; bis nun mit Einmal <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0051" n="41"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">ERSTE IDYLLE</hi></fw><lb/> Ja, du geliebte Tochter, ich bin auch<lb/> fröhlich! ſo fröhlich,<lb/> Als die ſingenden Vögel im Wald hier,<lb/> oder das Eichhorn,<lb/> Welches die luftigen Zweige durchhüpft,<lb/> um die Jungen im Lager! <lb n="305"/> Achzehn Jahr ſind es heute, da ſchenkte<lb/> mir Gott mein geliebtes,<lb/> Jezt mein einziges Kind, ſo verſtändig<lb/> und fromm und gehorſam!<lb/> Wie doch die Zeiten entfliehn! Zehn<lb/> kommende Jahre, wie weithin<lb/> Dehnt ſich der Raum vor uns! und wie<lb/> ſchwindet er, wenn wir zurückſehn!<lb/> Geſtern erſt geſchah es, ſo deucht es mir,<lb/> als ich im Garten <lb n="310"/> Ging, und Blätter zerpflückt’, und betete;<lb/> bis nun mit Einmal<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0051]
ERSTE IDYLLE
Ja, du geliebte Tochter, ich bin auch
fröhlich! ſo fröhlich,
Als die ſingenden Vögel im Wald hier,
oder das Eichhorn,
Welches die luftigen Zweige durchhüpft,
um die Jungen im Lager! 305
Achzehn Jahr ſind es heute, da ſchenkte
mir Gott mein geliebtes,
Jezt mein einziges Kind, ſo verſtändig
und fromm und gehorſam!
Wie doch die Zeiten entfliehn! Zehn
kommende Jahre, wie weithin
Dehnt ſich der Raum vor uns! und wie
ſchwindet er, wenn wir zurückſehn!
Geſtern erſt geſchah es, ſo deucht es mir,
als ich im Garten 310
Ging, und Blätter zerpflückt’, und betete;
bis nun mit Einmal
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