Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.LUISE Unten am Zaun, wo die Quell' aus demSandberg roth und morastig Zwischen binsigen Hügeln und Schafthalm träger hinabfloss; 115 Jezt an der leitenden Hand des Jünglin- ges hüpfte die Jungfrau Furchtsam über die Steine, gelegt für die Schritte des Wandrers, Trat auf den Steg, und hob das eine Füss- chen mit Vorsicht Über den hohen Zaun; enthüllt bis zur Blume des Zwickels, Ordnete scheu das Gewand, und schwang wie ein Reh sich hinüber. 120 Dann durch Haselgebüsch den ausgereg- neten Pfad auf Stiegen sie, welcher sich schräg' hinbog um den alternden Ahorn. LUISE Unten am Zaun, wo die Quell’ aus demSandberg roth und moraſtig Zwiſchen binſigen Hügeln und Schafthalm träger hinabfloſs; 115 Jezt an der leitenden Hand des Jünglin- ges hüpfte die Jungfrau Furchtſam über die Steine, gelegt für die Schritte des Wandrers, Trat auf den Steg, und hob das eine Füſs- chen mit Vorſicht Über den hohen Zaun; enthüllt bis zur Blume des Zwickels, Ordnete ſcheu das Gewand, und ſchwang wie ein Reh ſich hinüber. 120 Dann durch Haſelgebüſch den ausgereg- neten Pfad auf Stiegen ſie, welcher ſich ſchräg’ hinbog um den alternden Ahorn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0030" n="20"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">LUISE</hi></fw><lb/> Unten am Zaun, wo die Quell’ aus dem<lb/> Sandberg roth und moraſtig<lb/> Zwiſchen binſigen Hügeln und Schafthalm<lb/> träger hinabfloſs; <lb n="115"/> Jezt an der leitenden Hand des Jünglin-<lb/> ges hüpfte die Jungfrau<lb/> Furchtſam über die Steine, gelegt für die<lb/> Schritte des Wandrers,<lb/> Trat auf den Steg, und hob das eine Füſs-<lb/> chen mit Vorſicht<lb/> Über den hohen Zaun; enthüllt bis zur<lb/> Blume des Zwickels,<lb/> Ordnete ſcheu das Gewand, und ſchwang<lb/> wie ein Reh ſich hinüber. <lb n="120"/> Dann durch Haſelgebüſch den ausgereg-<lb/> neten Pfad auf<lb/> Stiegen ſie, welcher ſich ſchräg’ hinbog<lb/> um den alternden Ahorn.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0030]
LUISE
Unten am Zaun, wo die Quell’ aus dem
Sandberg roth und moraſtig
Zwiſchen binſigen Hügeln und Schafthalm
träger hinabfloſs; 115
Jezt an der leitenden Hand des Jünglin-
ges hüpfte die Jungfrau
Furchtſam über die Steine, gelegt für die
Schritte des Wandrers,
Trat auf den Steg, und hob das eine Füſs-
chen mit Vorſicht
Über den hohen Zaun; enthüllt bis zur
Blume des Zwickels,
Ordnete ſcheu das Gewand, und ſchwang
wie ein Reh ſich hinüber. 120
Dann durch Haſelgebüſch den ausgereg-
neten Pfad auf
Stiegen ſie, welcher ſich ſchräg’ hinbog
um den alternden Ahorn.
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