Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.LUISE Gerne legt, aufhorchend im lieblichenTraum dem Gemurmel. Aber der Pfarrer begann zu des Chors tonkundigem Meister: Bravo, mein Herr Gevatter! wir hangen noch steif an der alten Kernmusik, und glauben, Musik sei Spra- che des Herzens: So wie ein edel empfindender Geist, nicht kundig des Wortes, 810 Etwa in hellem Gesang' und gesangnach- ahmenden Tönen Gott anstaunt, und die schöne Natur, in Lieb' und Entzückung Hinschmilzt, klagt und erschrickt, in Ver- zweifelung sinkt, und sich aufhebt. Auch ist jedem, der fühlt, die Herzens- sprache verständlich: LUISE Gerne legt, aufhorchend im lieblichenTraum dem Gemurmel. Aber der Pfarrer begann zu des Chors tonkundigem Meiſter: Bravo, mein Herr Gevatter! wir hangen noch ſteif an der alten Kernmuſik, und glauben, Muſik ſei Spra- che des Herzens: So wie ein edel empfindender Geiſt, nicht kundig des Wortes, 810 Etwa in hellem Geſang’ und geſangnach- ahmenden Tönen Gott anſtaunt, und die ſchöne Natur, in Lieb’ und Entzückung Hinſchmilzt, klagt und erſchrickt, in Ver- zweifelung ſinkt, und ſich aufhebt. Auch iſt jedem, der fühlt, die Herzens- ſprache verſtändlich: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0220" n="206"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">LUISE</hi></fw><lb/> Gerne legt, aufhorchend im lieblichen<lb/> Traum dem Gemurmel.<lb/> Aber der Pfarrer begann zu des Chors<lb/> tonkundigem Meiſter:<lb/> Bravo, mein Herr Gevatter! wir hangen<lb/> noch ſteif an der alten<lb/> Kernmuſik, und glauben, Muſik ſei Spra-<lb/> che des Herzens:<lb/> So wie ein edel empfindender Geiſt, nicht<lb/> kundig des Wortes, <lb n="810"/> Etwa in hellem Geſang’ und geſangnach-<lb/> ahmenden Tönen<lb/> Gott anſtaunt, und die ſchöne Natur, in<lb/> Lieb’ und Entzückung<lb/> Hinſchmilzt, klagt und erſchrickt, in Ver-<lb/> zweifelung ſinkt, und ſich aufhebt.<lb/> Auch iſt jedem, der fühlt, die Herzens-<lb/> ſprache verſtändlich:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0220]
LUISE
Gerne legt, aufhorchend im lieblichen
Traum dem Gemurmel.
Aber der Pfarrer begann zu des Chors
tonkundigem Meiſter:
Bravo, mein Herr Gevatter! wir hangen
noch ſteif an der alten
Kernmuſik, und glauben, Muſik ſei Spra-
che des Herzens:
So wie ein edel empfindender Geiſt, nicht
kundig des Wortes, 810
Etwa in hellem Geſang’ und geſangnach-
ahmenden Tönen
Gott anſtaunt, und die ſchöne Natur, in
Lieb’ und Entzückung
Hinſchmilzt, klagt und erſchrickt, in Ver-
zweifelung ſinkt, und ſich aufhebt.
Auch iſt jedem, der fühlt, die Herzens-
ſprache verſtändlich:
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