Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

LUISE
Munter und wach, wenn gleich bis zum
hellen Morgen getanzt wird, 600
Und die Musik ihr die Seel' in sanft be-
täubenden Schlummer
Einwiegt! Böser Papa! dass keine Musik
bei der Hochzeit
Unseres Töchterchens tönt: wo zulezt im
Getümmel des Tanzes
Weiber die Braut wegraffen, mit lautem
Gekreisch sie entführend
Ins kranzlose Gemach! Doch tröste dich,
arme Luise! 605
Morgen im prunkenden Zug der Geladenen
kommst du zum Nachschmaus
Stattlich als junge Frau, obgleich in be-
scheidener Haube;
Dann soll lustig die Fiedel mit Zink' und
Trompete vorangehn!

LUISE
Munter und wach, wenn gleich bis zum
hellen Morgen getanzt wird, 600
Und die Muſik ihr die Seel’ in ſanft be-
täubenden Schlummer
Einwiegt! Böſer Papa! daſs keine Muſik
bei der Hochzeit
Unſeres Töchterchens tönt: wo zulezt im
Getümmel des Tanzes
Weiber die Braut wegraffen, mit lautem
Gekreiſch ſie entführend
Ins kranzloſe Gemach! Doch tröſte dich,
arme Luiſe! 605
Morgen im prunkenden Zug der Geladenen
kommſt du zum Nachſchmaus
Stattlich als junge Frau, obgleich in be-
ſcheidener Haube;
Dann ſoll luſtig die Fiedel mit Zink’ und
Trompete vorangehn!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0200" n="186"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">LUISE</hi></fw><lb/>
Munter und wach, wenn gleich bis zum<lb/>
hellen Morgen getanzt wird, <lb n="600"/>
Und die Mu&#x017F;ik ihr die Seel&#x2019; in &#x017F;anft be-<lb/>
täubenden Schlummer<lb/>
Einwiegt! Bö&#x017F;er Papa! da&#x017F;s keine Mu&#x017F;ik<lb/>
bei der Hochzeit<lb/>
Un&#x017F;eres Töchterchens tönt: wo zulezt im<lb/>
Getümmel des Tanzes<lb/>
Weiber die Braut wegraffen, mit lautem<lb/>
Gekrei&#x017F;ch &#x017F;ie entführend<lb/>
Ins kranzlo&#x017F;e Gemach! Doch trö&#x017F;te dich,<lb/>
arme Lui&#x017F;e! <lb n="605"/>
Morgen im prunkenden Zug der Geladenen<lb/>
komm&#x017F;t du zum Nach&#x017F;chmaus<lb/>
Stattlich als junge Frau, obgleich in be-<lb/>
&#x017F;cheidener Haube;<lb/>
Dann &#x017F;oll lu&#x017F;tig die Fiedel mit Zink&#x2019; und<lb/>
Trompete vorangehn!<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0200] LUISE Munter und wach, wenn gleich bis zum hellen Morgen getanzt wird, 600 Und die Muſik ihr die Seel’ in ſanft be- täubenden Schlummer Einwiegt! Böſer Papa! daſs keine Muſik bei der Hochzeit Unſeres Töchterchens tönt: wo zulezt im Getümmel des Tanzes Weiber die Braut wegraffen, mit lautem Gekreiſch ſie entführend Ins kranzloſe Gemach! Doch tröſte dich, arme Luiſe! 605 Morgen im prunkenden Zug der Geladenen kommſt du zum Nachſchmaus Stattlich als junge Frau, obgleich in be- ſcheidener Haube; Dann ſoll luſtig die Fiedel mit Zink’ und Trompete vorangehn!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/200
Zitationshilfe: Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/200>, abgerufen am 22.11.2024.