Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.DRITTE IDYLLE Um den schimmernden Tisch, und trankendes köstlichen Bischofs, Plauderten viel, und lachten des Bräuti- gams viel, und der Jungfrau. Jezo begann in der fröhlichen Schaar die gnädige Gräfin: Wie mir da schon wieder die kleine Luis' in Gedanken Sizt! Du scheinst mir traurig, mein Töch- terchen, dass du so plözlich 595 Durch den bösen Papa den Kranz vom Haupte verlierest, Den, wie ein Rosenmädchen, du stets ge- tragen mit Anstand. Oder starren von Schlaf die niedergeschla- genen Äuglein? Schäme dich, Kind! Ein Bräutchen, das nachdenkt, hält sich beständig DRITTE IDYLLE Um den ſchimmernden Tiſch, und trankendes köſtlichen Biſchofs, Plauderten viel, und lachten des Bräuti- gams viel, und der Jungfrau. Jezo begann in der fröhlichen Schaar die gnädige Gräfin: Wie mir da ſchon wieder die kleine Luiſ’ in Gedanken Sizt! Du ſcheinſt mir traurig, mein Töch- terchen, daſs du ſo plözlich 595 Durch den böſen Papa den Kranz vom Haupte verliereſt, Den, wie ein Roſenmädchen, du ſtets ge- tragen mit Anſtand. Oder ſtarren von Schlaf die niedergeſchla- genen Äuglein? Schäme dich, Kind! Ein Bräutchen, das nachdenkt, hält ſich beſtändig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0199" n="185"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">DRITTE IDYLLE</hi></fw><lb/> Um den ſchimmernden Tiſch, und tranken<lb/> des köſtlichen Biſchofs,<lb/> Plauderten viel, und lachten des Bräuti-<lb/> gams viel, und der Jungfrau.<lb/> Jezo begann in der fröhlichen Schaar die<lb/> gnädige Gräfin:<lb/> Wie mir da ſchon wieder die kleine<lb/> Luiſ’ in Gedanken<lb/> Sizt! Du ſcheinſt mir traurig, mein Töch-<lb/> terchen, daſs du ſo plözlich <lb n="595"/> Durch den böſen Papa den Kranz vom<lb/> Haupte verliereſt,<lb/> Den, wie ein Roſenmädchen, du ſtets ge-<lb/> tragen mit Anſtand.<lb/> Oder ſtarren von Schlaf die niedergeſchla-<lb/> genen Äuglein?<lb/> Schäme dich, Kind! Ein Bräutchen, das<lb/> nachdenkt, hält ſich beſtändig<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0199]
DRITTE IDYLLE
Um den ſchimmernden Tiſch, und tranken
des köſtlichen Biſchofs,
Plauderten viel, und lachten des Bräuti-
gams viel, und der Jungfrau.
Jezo begann in der fröhlichen Schaar die
gnädige Gräfin:
Wie mir da ſchon wieder die kleine
Luiſ’ in Gedanken
Sizt! Du ſcheinſt mir traurig, mein Töch-
terchen, daſs du ſo plözlich 595
Durch den böſen Papa den Kranz vom
Haupte verliereſt,
Den, wie ein Roſenmädchen, du ſtets ge-
tragen mit Anſtand.
Oder ſtarren von Schlaf die niedergeſchla-
genen Äuglein?
Schäme dich, Kind! Ein Bräutchen, das
nachdenkt, hält ſich beſtändig
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