Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.ZWEITE IDYLLE Aber sie dämpfte die Stimm', und redete,fröhliches Mutes: Ach unschuldiges Ding! schlaflos an den Bräutigam denkend Lagst du; da schwand der Gedank' in des lieblichen Traumes Betäubung, Unter den Brautmelodieen der Nachtigall! Mütterchen, lass mich! Leise mit Kuss und Gelispel erweck' ich sie; und wenn sie aufstarrt: 235 Schmücke dich, spott' ich, mein Kind! dein Bräutigam harret mit Inbrunst! Ihr mit drohendem Wink antwortete also die Mutter: Wo mir Amalia wagt, mein armes Kind zu verspotten! Flink in die Stube hinein, und gegrüsst das junge Pastörchen! ZWEITE IDYLLE Aber ſie dämpfte die Stimm’, und redete,fröhliches Mutes: Ach unſchuldiges Ding! ſchlaflos an den Bräutigam denkend Lagſt du; da ſchwand der Gedank’ in des lieblichen Traumes Betäubung, Unter den Brautmelodieen der Nachtigall! Mütterchen, laſs mich! Leiſe mit Kuſs und Gelispel erweck’ ich ſie; und wenn ſie aufſtarrt: 235 Schmücke dich, ſpott’ ich, mein Kind! dein Bräutigam harret mit Inbrunſt! Ihr mit drohendem Wink antwortete alſo die Mutter: Wo mir Amalia wagt, mein armes Kind zu verſpotten! Flink in die Stube hinein, und gegrüſst das junge Paſtörchen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0115" n="103"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">ZWEITE IDYLLE</hi></fw><lb/> Aber ſie dämpfte die Stimm’, und redete,<lb/> fröhliches Mutes:<lb/> Ach unſchuldiges Ding! ſchlaflos an<lb/> den Bräutigam denkend<lb/> Lagſt du; da ſchwand der Gedank’ in des<lb/> lieblichen Traumes Betäubung,<lb/> Unter den Brautmelodieen der Nachtigall!<lb/> Mütterchen, laſs mich!<lb/> Leiſe mit Kuſs und Gelispel erweck’ ich<lb/> ſie; und wenn ſie aufſtarrt: <lb n="235"/> Schmücke dich, ſpott’ ich, mein Kind! dein<lb/> Bräutigam harret mit Inbrunſt!<lb/> Ihr mit drohendem Wink antwortete<lb/> alſo die Mutter:<lb/> Wo mir Amalia wagt, mein armes Kind<lb/> zu verſpotten!<lb/> Flink in die Stube hinein, und gegrüſst<lb/> das junge Paſtörchen!<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0115]
ZWEITE IDYLLE
Aber ſie dämpfte die Stimm’, und redete,
fröhliches Mutes:
Ach unſchuldiges Ding! ſchlaflos an
den Bräutigam denkend
Lagſt du; da ſchwand der Gedank’ in des
lieblichen Traumes Betäubung,
Unter den Brautmelodieen der Nachtigall!
Mütterchen, laſs mich!
Leiſe mit Kuſs und Gelispel erweck’ ich
ſie; und wenn ſie aufſtarrt: 235
Schmücke dich, ſpott’ ich, mein Kind! dein
Bräutigam harret mit Inbrunſt!
Ihr mit drohendem Wink antwortete
alſo die Mutter:
Wo mir Amalia wagt, mein armes Kind
zu verſpotten!
Flink in die Stube hinein, und gegrüſst
das junge Paſtörchen!
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