wunderbar, daß sie bei der uns verwandten Natur ihrer Formen, geistiges Leben zu athmen schienen. Den eben angelangten Helden, in Kraft und Stattlichkeit, den vollen Ausdruck ed¬ ler Seelenhoheit im Antlitz, verklärte die stau¬ nende überraschende Wonne der ihn rings um¬ fangenden Glorie. Die Jungfrauen von Wall¬ halla nahten ihm in der lieblichsten Anmuth, der holdesten Freundlichkeit, brachten ihm den Trank der Unsterblichen und krönten sein Haupt mit ewig blühenden Rosen. Ihre heiligen Reitze geboten zugleich Liebe und schalten das Gefühl Verwegenheit. Die erhabenen Züge forderten knieende Anbetung, die kindliche Unschuld un¬ tersagte ihnen göttlich zu huldigen.
So war dies Gemälde angethan, von dem Guido sich nicht abzuwenden vermochte. Erst nach manchen Erinnerungen ging er weiter und trug die Totalidee eines Helden in seiner Seele davon, der sich glorreich über alle Schrecken der Gefahr erhoben und eines unsterblichen Lohnes werth gemacht hat.
Ihm wurde nun ein Christus gezeigt, der Iairus Tochter erweckt. Des Heilands Gesicht zeigte keine Spur von allem was an Leiden¬
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wunderbar, daß ſie bei der uns verwandten Natur ihrer Formen, geiſtiges Leben zu athmen ſchienen. Den eben angelangten Helden, in Kraft und Stattlichkeit, den vollen Ausdruck ed¬ ler Seelenhoheit im Antlitz, verklaͤrte die ſtau¬ nende uͤberraſchende Wonne der ihn rings um¬ fangenden Glorie. Die Jungfrauen von Wall¬ halla nahten ihm in der lieblichſten Anmuth, der holdeſten Freundlichkeit, brachten ihm den Trank der Unſterblichen und kroͤnten ſein Haupt mit ewig bluͤhenden Roſen. Ihre heiligen Reitze geboten zugleich Liebe und ſchalten das Gefuͤhl Verwegenheit. Die erhabenen Zuͤge forderten knieende Anbetung, die kindliche Unſchuld un¬ terſagte ihnen goͤttlich zu huldigen.
So war dies Gemaͤlde angethan, von dem Guido ſich nicht abzuwenden vermochte. Erſt nach manchen Erinnerungen ging er weiter und trug die Totalidee eines Helden in ſeiner Seele davon, der ſich glorreich uͤber alle Schrecken der Gefahr erhoben und eines unſterblichen Lohnes werth gemacht hat.
Ihm wurde nun ein Chriſtus gezeigt, der Iairus Tochter erweckt. Des Heilands Geſicht zeigte keine Spur von allem was an Leiden¬
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ler Seelenhoheit im Antlitz, verklaͤrte die ſtau¬
nende uͤberraſchende Wonne der ihn rings um¬
fangenden Glorie. Die Jungfrauen von Wall¬
halla nahten ihm in der lieblichſten Anmuth,
der holdeſten Freundlichkeit, brachten ihm den
Trank der Unſterblichen und kroͤnten ſein Haupt
mit ewig bluͤhenden Roſen. Ihre heiligen Reitze
geboten zugleich Liebe und ſchalten das Gefuͤhl
Verwegenheit. Die erhabenen Zuͤge forderten
knieende Anbetung, die kindliche Unſchuld un¬
terſagte ihnen goͤttlich zu huldigen.
So war dies Gemaͤlde angethan, von dem
Guido ſich nicht abzuwenden vermochte. Erſt
nach manchen Erinnerungen ging er weiter und
trug die Totalidee eines Helden in ſeiner Seele
davon, der ſich glorreich uͤber alle Schrecken der
Gefahr erhoben und eines unſterblichen Lohnes
werth gemacht hat.
Ihm wurde nun ein Chriſtus gezeigt, der
Iairus Tochter erweckt. Des Heilands Geſicht
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/79>, abgerufen am 28.11.2024.
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