Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Lüsten unverdorben, an. Dieser Gebrauch ging
in der Folge sogar auf die Fürstentöchter über,
und keineswegs dürfen die Kinder der Kaiser da¬
von ausgenommen sein.

Was für die Religion, den Landbau, die
Wissenschaften, Künste, Handwerke, die Ausrot¬
tung der Armuth, von Oben geschah, daß sie Un¬
ten desto freier gedeihen konnten, wird sich dir
an seinem Orte verkünden.

Ungeachtet der beschloßenen und nach und
nach durchgeführten Identität der Europäer,
glaubte man dennoch, dieser oder jene Landstrich
könne durch seine Natur, und allenfalls durch
gewisse Uebertragungen vom Alterthum, sollte
es auch nur das begeisternde Andenken sein, sich
für gewisse Beschäftigungen vorzüglich eignen.
So wurde den bildenden Künsten, deren schönen,
sittlichen Einfluß man nicht verkannte, das alte
Griechenland zum Wirkungskreis angewiesen, und
dabei, auf allgemeine Kosten, der lieblich phan¬
tastische Plan ausgeführt, Athen wieder aufzu¬
bauen. Du wirst diese Stadt nun sehen und
zwar möglichst genau nachgeahmt, so weit nur
die Alterthumskunde dazu Hülfsmittel anbot.
Du wirst dich in die Zeiten des Perikles zurück

D 2

Luͤſten unverdorben, an. Dieſer Gebrauch ging
in der Folge ſogar auf die Fuͤrſtentoͤchter uͤber,
und keineswegs duͤrfen die Kinder der Kaiſer da¬
von ausgenommen ſein.

Was fuͤr die Religion, den Landbau, die
Wiſſenſchaften, Kuͤnſte, Handwerke, die Ausrot¬
tung der Armuth, von Oben geſchah, daß ſie Un¬
ten deſto freier gedeihen konnten, wird ſich dir
an ſeinem Orte verkuͤnden.

Ungeachtet der beſchloßenen und nach und
nach durchgefuͤhrten Identitaͤt der Europaͤer,
glaubte man dennoch, dieſer oder jene Landſtrich
koͤnne durch ſeine Natur, und allenfalls durch
gewiſſe Uebertragungen vom Alterthum, ſollte
es auch nur das begeiſternde Andenken ſein, ſich
fuͤr gewiſſe Beſchaͤftigungen vorzuͤglich eignen.
So wurde den bildenden Kuͤnſten, deren ſchoͤnen,
ſittlichen Einfluß man nicht verkannte, das alte
Griechenland zum Wirkungskreis angewieſen, und
dabei, auf allgemeine Koſten, der lieblich phan¬
taſtiſche Plan ausgefuͤhrt, Athen wieder aufzu¬
bauen. Du wirſt dieſe Stadt nun ſehen und
zwar moͤglichſt genau nachgeahmt, ſo weit nur
die Alterthumskunde dazu Huͤlfsmittel anbot.
Du wirſt dich in die Zeiten des Perikles zuruͤck

D 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0063" n="51"/>
Lu&#x0364;&#x017F;ten unverdorben, an. Die&#x017F;er Gebrauch ging<lb/>
in der Folge &#x017F;ogar auf die Fu&#x0364;r&#x017F;tento&#x0364;chter u&#x0364;ber,<lb/>
und keineswegs du&#x0364;rfen die Kinder der Kai&#x017F;er da¬<lb/>
von ausgenommen &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>Was fu&#x0364;r die Religion, den Landbau, die<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, Ku&#x0364;n&#x017F;te, Handwerke, die Ausrot¬<lb/>
tung der Armuth, von Oben ge&#x017F;chah, daß &#x017F;ie Un¬<lb/>
ten de&#x017F;to freier gedeihen konnten, wird &#x017F;ich dir<lb/>
an &#x017F;einem Orte verku&#x0364;nden.</p><lb/>
          <p>Ungeachtet der be&#x017F;chloßenen und nach und<lb/>
nach durchgefu&#x0364;hrten Identita&#x0364;t der Europa&#x0364;er,<lb/>
glaubte man dennoch, die&#x017F;er oder jene Land&#x017F;trich<lb/>
ko&#x0364;nne durch &#x017F;eine Natur, und allenfalls durch<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Uebertragungen vom Alterthum, &#x017F;ollte<lb/>
es auch nur das begei&#x017F;ternde Andenken &#x017F;ein, &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;r gewi&#x017F;&#x017F;e Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen vorzu&#x0364;glich eignen.<lb/>
So wurde den bildenden Ku&#x0364;n&#x017F;ten, deren &#x017F;cho&#x0364;nen,<lb/>
&#x017F;ittlichen Einfluß man nicht verkannte, das alte<lb/>
Griechenland zum Wirkungskreis angewie&#x017F;en, und<lb/>
dabei, auf allgemeine Ko&#x017F;ten, der lieblich phan¬<lb/>
ta&#x017F;ti&#x017F;che Plan ausgefu&#x0364;hrt, Athen wieder aufzu¬<lb/>
bauen. Du wir&#x017F;t die&#x017F;e Stadt nun &#x017F;ehen und<lb/>
zwar mo&#x0364;glich&#x017F;t genau nachgeahmt, &#x017F;o weit nur<lb/>
die Alterthumskunde dazu Hu&#x0364;lfsmittel anbot.<lb/>
Du wir&#x017F;t dich in die Zeiten des Perikles zuru&#x0364;ck<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0063] Luͤſten unverdorben, an. Dieſer Gebrauch ging in der Folge ſogar auf die Fuͤrſtentoͤchter uͤber, und keineswegs duͤrfen die Kinder der Kaiſer da¬ von ausgenommen ſein. Was fuͤr die Religion, den Landbau, die Wiſſenſchaften, Kuͤnſte, Handwerke, die Ausrot¬ tung der Armuth, von Oben geſchah, daß ſie Un¬ ten deſto freier gedeihen konnten, wird ſich dir an ſeinem Orte verkuͤnden. Ungeachtet der beſchloßenen und nach und nach durchgefuͤhrten Identitaͤt der Europaͤer, glaubte man dennoch, dieſer oder jene Landſtrich koͤnne durch ſeine Natur, und allenfalls durch gewiſſe Uebertragungen vom Alterthum, ſollte es auch nur das begeiſternde Andenken ſein, ſich fuͤr gewiſſe Beſchaͤftigungen vorzuͤglich eignen. So wurde den bildenden Kuͤnſten, deren ſchoͤnen, ſittlichen Einfluß man nicht verkannte, das alte Griechenland zum Wirkungskreis angewieſen, und dabei, auf allgemeine Koſten, der lieblich phan¬ taſtiſche Plan ausgefuͤhrt, Athen wieder aufzu¬ bauen. Du wirſt dieſe Stadt nun ſehen und zwar moͤglichſt genau nachgeahmt, ſo weit nur die Alterthumskunde dazu Huͤlfsmittel anbot. Du wirſt dich in die Zeiten des Perikles zuruͤck D 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/63
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/63>, abgerufen am 23.11.2024.