bedeutend vom Widerstand, sinnlichen Unfugs ge¬ reinigt, noch davon zu fürchten haben.
Nach langem Berathen hub der Vorsitzer an: Ist dein Sistem richtig, so hast du der Mensch¬ heit ein Geschenk ertheilt, wie sie es seit Jahr¬ hunderten nicht empfing, wie kein Religionstifter es zu geben vermochte.
So danke sie es der Liebe! rief Guido flam¬ mend.
Der Vorsitzer schien dies Wort nicht gehört zu haben, sondern fuhr fort: Wohl, erhabener Jüngling, gebührt dir, eine Schönheitmoral zu predigen, denn noch keinen Jüngling, von so bezaubernden Formen, erblickten wir.
Wir alle nicht! tönte der einmüthige Ausruf.
Guido senkte die Augen nieder.
Hast du, fing der Kaiser, der bisher nur geringen Antheil genommen hatte, nun an, dich auch nach einem Ideal gebildet?
Der Sohn zog es aus dem Busen. Es ging im Kreise umher. Entzückt hingen die Blicke wechselnd an dem schönen Gemälde und an dem schönen Jüngling. Eine Thräne freudiger Bewunderung sank von der Wange des Kaisers nieder, denn wohl dachte er der Gestalt des
bedeutend vom Widerſtand, ſinnlichen Unfugs ge¬ reinigt, noch davon zu fuͤrchten haben.
Nach langem Berathen hub der Vorſitzer an: Iſt dein Siſtem richtig, ſo haſt du der Menſch¬ heit ein Geſchenk ertheilt, wie ſie es ſeit Jahr¬ hunderten nicht empfing, wie kein Religionſtifter es zu geben vermochte.
So danke ſie es der Liebe! rief Guido flam¬ mend.
Der Vorſitzer ſchien dies Wort nicht gehoͤrt zu haben, ſondern fuhr fort: Wohl, erhabener Juͤngling, gebuͤhrt dir, eine Schoͤnheitmoral zu predigen, denn noch keinen Juͤngling, von ſo bezaubernden Formen, erblickten wir.
Wir alle nicht! toͤnte der einmuͤthige Ausruf.
Guido ſenkte die Augen nieder.
Haſt du, fing der Kaiſer, der bisher nur geringen Antheil genommen hatte, nun an, dich auch nach einem Ideal gebildet?
Der Sohn zog es aus dem Buſen. Es ging im Kreiſe umher. Entzuͤckt hingen die Blicke wechſelnd an dem ſchoͤnen Gemaͤlde und an dem ſchoͤnen Juͤngling. Eine Thraͤne freudiger Bewunderung ſank von der Wange des Kaiſers nieder, denn wohl dachte er der Geſtalt des
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bedeutend vom Widerſtand, ſinnlichen Unfugs ge¬
reinigt, noch davon zu fuͤrchten haben.
Nach langem Berathen hub der Vorſitzer an:
Iſt dein Siſtem richtig, ſo haſt du der Menſch¬
heit ein Geſchenk ertheilt, wie ſie es ſeit Jahr¬
hunderten nicht empfing, wie kein Religionſtifter
es zu geben vermochte.
So danke ſie es der Liebe! rief Guido flam¬
mend.
Der Vorſitzer ſchien dies Wort nicht gehoͤrt
zu haben, ſondern fuhr fort: Wohl, erhabener
Juͤngling, gebuͤhrt dir, eine Schoͤnheitmoral zu
predigen, denn noch keinen Juͤngling, von ſo
bezaubernden Formen, erblickten wir.
Wir alle nicht! toͤnte der einmuͤthige Ausruf.
Guido ſenkte die Augen nieder.
Haſt du, fing der Kaiſer, der bisher nur
geringen Antheil genommen hatte, nun an,
dich auch nach einem Ideal gebildet?
Der Sohn zog es aus dem Buſen. Es ging
im Kreiſe umher. Entzuͤckt hingen die Blicke
wechſelnd an dem ſchoͤnen Gemaͤlde und an
dem ſchoͤnen Juͤngling. Eine Thraͤne freudiger
Bewunderung ſank von der Wange des Kaiſers
nieder, denn wohl dachte er der Geſtalt des
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/372>, abgerufen am 25.11.2024.
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