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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Entzückt dich etwa das frohe Bild einer sol¬
chen Zukunft, der Stolz deiner erhabenen Be¬
stimmung so, daß Freude auf deine Wangen
thaut? fragte die Mutter.

Ini bat stammelnd um Zeit -- Ruhe, Fas¬
sung zu gewinnen, und ward entlassen. Aus
der Schönheit ihres Gemüthes erklärte die Kai¬
serin ihr Betragen, und eilte, einen Brief an
ihren Gegner mit dem genannten Vorschlag zu
senden.

Der Kaiser von Europa empfing ihn um die
nämliche Zeit, als auch ein Schreiben seines
Sohnes angelangt war. Es lautete:

Mein erhabener Vater, du wolltest eine Bitte
hören, nach meiner ersten siegenden Schlacht.
Dreimal hab' ich deinen Feind überwunden,
auch wird bald seine Hauptstadt fallen. Wohl
möchte es bereits geschehen sein, wenn ich dem
Verlangen der Krieger, einen Sturm zu wagen,
nachgegeben hätte. Doch ich erwarte Uebergabe
auf Bedingung, damit nicht Kunst und Flor
verheert werden, u ich jenes Wüthen der Ne¬
ger in Sizilien, mit europäischer Großmuth ver¬
gelten mag. Aber die Bitte, mir gestattet von
hoher Vatermilde, ich nenne sie kühn deinem

Entzuͤckt dich etwa das frohe Bild einer ſol¬
chen Zukunft, der Stolz deiner erhabenen Be¬
ſtimmung ſo, daß Freude auf deine Wangen
thaut? fragte die Mutter.

Ini bat ſtammelnd um Zeit — Ruhe, Faſ¬
ſung zu gewinnen, und ward entlaſſen. Aus
der Schoͤnheit ihres Gemuͤthes erklaͤrte die Kai¬
ſerin ihr Betragen, und eilte, einen Brief an
ihren Gegner mit dem genannten Vorſchlag zu
ſenden.

Der Kaiſer von Europa empfing ihn um die
naͤmliche Zeit, als auch ein Schreiben ſeines
Sohnes angelangt war. Es lautete:

Mein erhabener Vater, du wollteſt eine Bitte
hoͤren, nach meiner erſten ſiegenden Schlacht.
Dreimal hab' ich deinen Feind uͤberwunden,
auch wird bald ſeine Hauptſtadt fallen. Wohl
moͤchte es bereits geſchehen ſein, wenn ich dem
Verlangen der Krieger, einen Sturm zu wagen,
nachgegeben haͤtte. Doch ich erwarte Uebergabe
auf Bedingung, damit nicht Kunſt und Flor
verheert werden, u ich jenes Wuͤthen der Ne¬
ger in Sizilien, mit europaͤiſcher Großmuth ver¬
gelten mag. Aber die Bitte, mir geſtattet von
hoher Vatermilde, ich nenne ſie kuͤhn deinem

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[354/0366] Entzuͤckt dich etwa das frohe Bild einer ſol¬ chen Zukunft, der Stolz deiner erhabenen Be¬ ſtimmung ſo, daß Freude auf deine Wangen thaut? fragte die Mutter. Ini bat ſtammelnd um Zeit — Ruhe, Faſ¬ ſung zu gewinnen, und ward entlaſſen. Aus der Schoͤnheit ihres Gemuͤthes erklaͤrte die Kai¬ ſerin ihr Betragen, und eilte, einen Brief an ihren Gegner mit dem genannten Vorſchlag zu ſenden. Der Kaiſer von Europa empfing ihn um die naͤmliche Zeit, als auch ein Schreiben ſeines Sohnes angelangt war. Es lautete: Mein erhabener Vater, du wollteſt eine Bitte hoͤren, nach meiner erſten ſiegenden Schlacht. Dreimal hab' ich deinen Feind uͤberwunden, auch wird bald ſeine Hauptſtadt fallen. Wohl moͤchte es bereits geſchehen ſein, wenn ich dem Verlangen der Krieger, einen Sturm zu wagen, nachgegeben haͤtte. Doch ich erwarte Uebergabe auf Bedingung, damit nicht Kunſt und Flor verheert werden, u ich jenes Wuͤthen der Ne¬ ger in Sizilien, mit europaͤiſcher Großmuth ver¬ gelten mag. Aber die Bitte, mir geſtattet von hoher Vatermilde, ich nenne ſie kuͤhn deinem

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/366>, abgerufen am 24.11.2024.