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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Wogen erhob, und kämpfte dann lächelnd mit
der empörten Flut. Er konnte im Laufen das
fliehende Reh ereilen und den Gemsen des Hoch¬
gebirgs nachklimmen. Dabei war er ein flei¬
ßiger Mathematiker, hatte eine Karte von dem
Meergrunde zwischen Sizilien und Kalabrien ge¬
fertigt, die Beifall fand. Kriegerische Künste
beschäftigten seine Einbildungskraft, und mit
Chemie vertraut, gab er die Konstrukzion einer
dichten Gewitterwolke an, die ein künstlicher
Wind über ein feindliches Heer treiben, wo sie
in so viel Blitzen niederwärts sich entladen sollte,
als das Heer Köpfe zähle. Anmaaßend, wie es
unerfahrner Jugend wohl eigen ist, hatte er,
ohne seines Lehrers Darumwissen, den Entwurf
nach Rom gesandt und dem Strategion zur
Prüfung übergeben. Die Männer aber, welche
diesen Rath bildeten, lachten allgemein, indem
sie einwandten, die Gegner dürften sich ja nur
sämtlich mit Ableitern versehn und der Wolke
spotten. Doch setzten sie hinzu: der Jüngling
möge nicht ohne gute Anlage sein, und ihm ge¬
bühre einige Aufmunterung.

Manches andere Wissen dagegen war unserm
Guido noch fremd. Besonders konnte er sich

Wogen erhob, und kaͤmpfte dann laͤchelnd mit
der empoͤrten Flut. Er konnte im Laufen das
fliehende Reh ereilen und den Gemſen des Hoch¬
gebirgs nachklimmen. Dabei war er ein flei¬
ßiger Mathematiker, hatte eine Karte von dem
Meergrunde zwiſchen Sizilien und Kalabrien ge¬
fertigt, die Beifall fand. Kriegeriſche Kuͤnſte
beſchaͤftigten ſeine Einbildungskraft, und mit
Chemie vertraut, gab er die Konſtrukzion einer
dichten Gewitterwolke an, die ein kuͤnſtlicher
Wind uͤber ein feindliches Heer treiben, wo ſie
in ſo viel Blitzen niederwaͤrts ſich entladen ſollte,
als das Heer Koͤpfe zaͤhle. Anmaaßend, wie es
unerfahrner Jugend wohl eigen iſt, hatte er,
ohne ſeines Lehrers Darumwiſſen, den Entwurf
nach Rom geſandt und dem Strategion zur
Pruͤfung uͤbergeben. Die Maͤnner aber, welche
dieſen Rath bildeten, lachten allgemein, indem
ſie einwandten, die Gegner duͤrften ſich ja nur
ſaͤmtlich mit Ableitern verſehn und der Wolke
ſpotten. Doch ſetzten ſie hinzu: der Juͤngling
moͤge nicht ohne gute Anlage ſein, und ihm ge¬
buͤhre einige Aufmunterung.

Manches andere Wiſſen dagegen war unſerm
Guido noch fremd. Beſonders konnte er ſich

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[8/0020] Wogen erhob, und kaͤmpfte dann laͤchelnd mit der empoͤrten Flut. Er konnte im Laufen das fliehende Reh ereilen und den Gemſen des Hoch¬ gebirgs nachklimmen. Dabei war er ein flei¬ ßiger Mathematiker, hatte eine Karte von dem Meergrunde zwiſchen Sizilien und Kalabrien ge¬ fertigt, die Beifall fand. Kriegeriſche Kuͤnſte beſchaͤftigten ſeine Einbildungskraft, und mit Chemie vertraut, gab er die Konſtrukzion einer dichten Gewitterwolke an, die ein kuͤnſtlicher Wind uͤber ein feindliches Heer treiben, wo ſie in ſo viel Blitzen niederwaͤrts ſich entladen ſollte, als das Heer Koͤpfe zaͤhle. Anmaaßend, wie es unerfahrner Jugend wohl eigen iſt, hatte er, ohne ſeines Lehrers Darumwiſſen, den Entwurf nach Rom geſandt und dem Strategion zur Pruͤfung uͤbergeben. Die Maͤnner aber, welche dieſen Rath bildeten, lachten allgemein, indem ſie einwandten, die Gegner duͤrften ſich ja nur ſaͤmtlich mit Ableitern verſehn und der Wolke ſpotten. Doch ſetzten ſie hinzu: der Juͤngling moͤge nicht ohne gute Anlage ſein, und ihm ge¬ buͤhre einige Aufmunterung. Manches andere Wiſſen dagegen war unſerm Guido noch fremd. Beſonders konnte er ſich

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/20>, abgerufen am 24.11.2024.