menstellen, edel genug ist ihre Bildung um hö¬ here Glückseligkeit, als die sinnlichen Genüsse oder eitlen blutigen Ruhm, erkennen und em¬ pfinden zu lernen.
Es ist übrigens hergebracht, daß vor dem dreißigsten Jahre kein Fürst das Szepter in die Hand nehmen darf, wird ein Thron früher er¬ ledigt, folgt eine Regentschaft.
Worin bestehn hauptsächlich die Geschäfte ei¬ nes Königs? fragte Guido.
Er hat die Satzungen der drei Räthe ent¬ weder zu genehmigen oder zu verwerfen, und läßt sie in jenem Falle mit Machtvollkommen¬ heit zur Vollziehung bringen, antwortete Ge¬ lino.
Aber könnten die Räthe nicht allein, durch Stimmenmehrheit, entscheiden, und mit Gewalt zum Vollbringen ausgerüstet sein? So bedürfte es keiner Könige.
"Trennungen, Partheigeist, Unruhen, sind dann, wie die Erfahrung bewies, leicht die Folge. Wir würden sie zwar weniger zu fürchten haben, als jene Zeiten, da beim Einzelnen die Sinn¬ lichkeit selten, die Vernunft meistens den herr¬ schenden Zügel führt, aber wenn alle Gewal¬
menſtellen, edel genug iſt ihre Bildung um hoͤ¬ here Gluͤckſeligkeit, als die ſinnlichen Genuͤſſe oder eitlen blutigen Ruhm, erkennen und em¬ pfinden zu lernen.
Es iſt uͤbrigens hergebracht, daß vor dem dreißigſten Jahre kein Fuͤrſt das Szepter in die Hand nehmen darf, wird ein Thron fruͤher er¬ ledigt, folgt eine Regentſchaft.
Worin beſtehn hauptſaͤchlich die Geſchaͤfte ei¬ nes Koͤnigs? fragte Guido.
Er hat die Satzungen der drei Raͤthe ent¬ weder zu genehmigen oder zu verwerfen, und laͤßt ſie in jenem Falle mit Machtvollkommen¬ heit zur Vollziehung bringen, antwortete Ge¬ lino.
Aber koͤnnten die Raͤthe nicht allein, durch Stimmenmehrheit, entſcheiden, und mit Gewalt zum Vollbringen ausgeruͤſtet ſein? So beduͤrfte es keiner Koͤnige.
„Trennungen, Partheigeiſt, Unruhen, ſind dann, wie die Erfahrung bewies, leicht die Folge. Wir wuͤrden ſie zwar weniger zu fuͤrchten haben, als jene Zeiten, da beim Einzelnen die Sinn¬ lichkeit ſelten, die Vernunft meiſtens den herr¬ ſchenden Zuͤgel fuͤhrt, aber wenn alle Gewal¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0197"n="185"/>
menſtellen, edel genug iſt ihre Bildung um hoͤ¬<lb/>
here Gluͤckſeligkeit, als die ſinnlichen Genuͤſſe<lb/>
oder eitlen blutigen Ruhm, erkennen und em¬<lb/>
pfinden zu lernen.</p><lb/><p>Es iſt uͤbrigens hergebracht, daß vor dem<lb/>
dreißigſten Jahre kein Fuͤrſt das Szepter in die<lb/>
Hand nehmen darf, wird ein Thron fruͤher er¬<lb/>
ledigt, folgt eine Regentſchaft.</p><lb/><p>Worin beſtehn hauptſaͤchlich die Geſchaͤfte ei¬<lb/>
nes Koͤnigs? fragte Guido.</p><lb/><p>Er hat die Satzungen der drei Raͤthe ent¬<lb/>
weder zu genehmigen oder zu verwerfen, und<lb/>
laͤßt ſie in jenem Falle mit Machtvollkommen¬<lb/>
heit zur Vollziehung bringen, antwortete Ge¬<lb/>
lino.</p><lb/><p>Aber koͤnnten die Raͤthe nicht allein, durch<lb/>
Stimmenmehrheit, entſcheiden, und mit Gewalt<lb/>
zum Vollbringen ausgeruͤſtet ſein? So beduͤrfte<lb/>
es keiner Koͤnige.</p><lb/><p>„Trennungen, Partheigeiſt, Unruhen, ſind<lb/>
dann, wie die Erfahrung bewies, leicht die Folge.<lb/>
Wir wuͤrden ſie zwar weniger zu fuͤrchten haben,<lb/>
als jene Zeiten, da beim Einzelnen die Sinn¬<lb/>
lichkeit ſelten, die Vernunft meiſtens den herr¬<lb/>ſchenden Zuͤgel fuͤhrt, aber wenn alle Gewal¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[185/0197]
menſtellen, edel genug iſt ihre Bildung um hoͤ¬
here Gluͤckſeligkeit, als die ſinnlichen Genuͤſſe
oder eitlen blutigen Ruhm, erkennen und em¬
pfinden zu lernen.
Es iſt uͤbrigens hergebracht, daß vor dem
dreißigſten Jahre kein Fuͤrſt das Szepter in die
Hand nehmen darf, wird ein Thron fruͤher er¬
ledigt, folgt eine Regentſchaft.
Worin beſtehn hauptſaͤchlich die Geſchaͤfte ei¬
nes Koͤnigs? fragte Guido.
Er hat die Satzungen der drei Raͤthe ent¬
weder zu genehmigen oder zu verwerfen, und
laͤßt ſie in jenem Falle mit Machtvollkommen¬
heit zur Vollziehung bringen, antwortete Ge¬
lino.
Aber koͤnnten die Raͤthe nicht allein, durch
Stimmenmehrheit, entſcheiden, und mit Gewalt
zum Vollbringen ausgeruͤſtet ſein? So beduͤrfte
es keiner Koͤnige.
„Trennungen, Partheigeiſt, Unruhen, ſind
dann, wie die Erfahrung bewies, leicht die Folge.
Wir wuͤrden ſie zwar weniger zu fuͤrchten haben,
als jene Zeiten, da beim Einzelnen die Sinn¬
lichkeit ſelten, die Vernunft meiſtens den herr¬
ſchenden Zuͤgel fuͤhrt, aber wenn alle Gewal¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/197>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.