was die Natur nicht mehr nöthig erachtet, für ihn zu leisten, da sie ihn genug mit Kräften ausstattete, und der Gebrauch dieser Kräfte hin¬ länglich erweitert ist? Können wir nicht lange schon Wasser chemisch bereiten? Wird diese Kunst sich nicht vervollkommnen? Freilich, neue Meere, um sie lustig zu beschiffen, dürfte man nicht hervorbringen lernen; doch Flüssigkeiten für den Hausbedarf, Regengewölke zum Tränken der Gefilde, wovon ja schon manche Versuche jetzt gelangen, scheinen keineswegs außer dem Be¬ reiche der Sterblichen zu liegen. Doch du wirst darüber in Berlin manche Hipothese hören.
Blicke einstweilen sorgsam auf die Einrich¬ tungen, die unser Weg dir zur Ansicht darbie¬ tet. Du siehst alle Städte in Teutonien voller Kunstfleiß, voller trefflichen Schulen; prachtvolle Tempel und Bühnen zteren die meisten. Bei so vielem Reichthum, als der kluge Landbau einer großen Volkmenge, hier dem Boden entlockt, ist der Städte Flor eine ganz natürliche Folge. Der Ackermann nährt den Handwerker, in¬ dem er ihm seinen Ueberfluß verkauft, und von ihm wieder die Lebensbedürfnisse holt, welche er nicht allein hervorbringen kann. Letzterer bezieht
was die Natur nicht mehr noͤthig erachtet, fuͤr ihn zu leiſten, da ſie ihn genug mit Kraͤften ausſtattete, und der Gebrauch dieſer Kraͤfte hin¬ laͤnglich erweitert iſt? Koͤnnen wir nicht lange ſchon Waſſer chemiſch bereiten? Wird dieſe Kunſt ſich nicht vervollkommnen? Freilich, neue Meere, um ſie luſtig zu beſchiffen, duͤrfte man nicht hervorbringen lernen; doch Fluͤſſigkeiten fuͤr den Hausbedarf, Regengewoͤlke zum Traͤnken der Gefilde, wovon ja ſchon manche Verſuche jetzt gelangen, ſcheinen keineswegs außer dem Be¬ reiche der Sterblichen zu liegen. Doch du wirſt daruͤber in Berlin manche Hipotheſe hoͤren.
Blicke einſtweilen ſorgſam auf die Einrich¬ tungen, die unſer Weg dir zur Anſicht darbie¬ tet. Du ſiehſt alle Staͤdte in Teutonien voller Kunſtfleiß, voller trefflichen Schulen; prachtvolle Tempel und Buͤhnen zteren die meiſten. Bei ſo vielem Reichthum, als der kluge Landbau einer großen Volkmenge, hier dem Boden entlockt, iſt der Staͤdte Flor eine ganz natuͤrliche Folge. Der Ackermann naͤhrt den Handwerker, in¬ dem er ihm ſeinen Ueberfluß verkauft, und von ihm wieder die Lebensbeduͤrfniſſe holt, welche er nicht allein hervorbringen kann. Letzterer bezieht
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was die Natur nicht mehr noͤthig erachtet, fuͤr
ihn zu leiſten, da ſie ihn genug mit Kraͤften
ausſtattete, und der Gebrauch dieſer Kraͤfte hin¬
laͤnglich erweitert iſt? Koͤnnen wir nicht lange
ſchon Waſſer chemiſch bereiten? Wird dieſe Kunſt
ſich nicht vervollkommnen? Freilich, neue Meere,
um ſie luſtig zu beſchiffen, duͤrfte man nicht
hervorbringen lernen; doch Fluͤſſigkeiten fuͤr den
Hausbedarf, Regengewoͤlke zum Traͤnken der
Gefilde, wovon ja ſchon manche Verſuche jetzt
gelangen, ſcheinen keineswegs außer dem Be¬
reiche der Sterblichen zu liegen. Doch du wirſt
daruͤber in Berlin manche Hipotheſe hoͤren.
Blicke einſtweilen ſorgſam auf die Einrich¬
tungen, die unſer Weg dir zur Anſicht darbie¬
tet. Du ſiehſt alle Staͤdte in Teutonien voller
Kunſtfleiß, voller trefflichen Schulen; prachtvolle
Tempel und Buͤhnen zteren die meiſten. Bei ſo
vielem Reichthum, als der kluge Landbau einer
großen Volkmenge, hier dem Boden entlockt,
iſt der Staͤdte Flor eine ganz natuͤrliche Folge.
Der Ackermann naͤhrt den Handwerker, in¬
dem er ihm ſeinen Ueberfluß verkauft, und von
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/182>, abgerufen am 24.11.2024.
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