trägt im Kampfe gegen die feindliche Natur, der Mensch immer den Sieg davon, wenn er mit Vernunft den Willen umfaßt.
Auf den Gassen der Stadt bemerkte Guido, daß es hier ungemein viel schöne Weiber gäbe. War gleich, wie oben im Eingang berichtet worden, das Geschlecht überhaupt zu einer ent¬ wickelteren Anmuth erzogen, und die europäische Menschheit durch Gleichheit der Verfassung in einander geflossen, so mußten dennoch einige Unterschiede in der äußeren Bildung übrig blei¬ ben, deren Ursachen man in Abstammung und Gegendeigenheiten zu suchen hatte. Der Lehrer erklärte: Schon im Alterthum wurden die Sar¬ matischen Schönen gepriesen.
Guido fand bald darauf Gelegenheit, diese lieblichen Blüthen im vereinten Strauß zu beob¬ achten.
Zu Moskau, dem Hauptorte der Kriegpro¬ vinz, hatte er einen vorzüglichen Mosestempel bewundert, in welchem das Standbild des Ge¬ feierten in einer Größe, wie Ehedem der rho¬ dische Koloß, prangte, und wo ein Heer von Hunderttausend Mann auf einmal seine An¬ dacht verrichten konnte. In Warschau dagegen
traͤgt im Kampfe gegen die feindliche Natur, der Menſch immer den Sieg davon, wenn er mit Vernunft den Willen umfaßt.
Auf den Gaſſen der Stadt bemerkte Guido, daß es hier ungemein viel ſchoͤne Weiber gaͤbe. War gleich, wie oben im Eingang berichtet worden, das Geſchlecht uͤberhaupt zu einer ent¬ wickelteren Anmuth erzogen, und die europaͤiſche Menſchheit durch Gleichheit der Verfaſſung in einander gefloſſen, ſo mußten dennoch einige Unterſchiede in der aͤußeren Bildung uͤbrig blei¬ ben, deren Urſachen man in Abſtammung und Gegendeigenheiten zu ſuchen hatte. Der Lehrer erklaͤrte: Schon im Alterthum wurden die Sar¬ matiſchen Schoͤnen geprieſen.
Guido fand bald darauf Gelegenheit, dieſe lieblichen Bluͤthen im vereinten Strauß zu beob¬ achten.
Zu Moskau, dem Hauptorte der Kriegpro¬ vinz, hatte er einen vorzuͤglichen Moſestempel bewundert, in welchem das Standbild des Ge¬ feierten in einer Groͤße, wie Ehedem der rho¬ diſche Koloß, prangte, und wo ein Heer von Hunderttauſend Mann auf einmal ſeine An¬ dacht verrichten konnte. In Warſchau dagegen
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[151/0163]
traͤgt im Kampfe gegen die feindliche Natur, der
Menſch immer den Sieg davon, wenn er mit
Vernunft den Willen umfaßt.
Auf den Gaſſen der Stadt bemerkte Guido,
daß es hier ungemein viel ſchoͤne Weiber gaͤbe.
War gleich, wie oben im Eingang berichtet
worden, das Geſchlecht uͤberhaupt zu einer ent¬
wickelteren Anmuth erzogen, und die europaͤiſche
Menſchheit durch Gleichheit der Verfaſſung in
einander gefloſſen, ſo mußten dennoch einige
Unterſchiede in der aͤußeren Bildung uͤbrig blei¬
ben, deren Urſachen man in Abſtammung und
Gegendeigenheiten zu ſuchen hatte. Der Lehrer
erklaͤrte: Schon im Alterthum wurden die Sar¬
matiſchen Schoͤnen geprieſen.
Guido fand bald darauf Gelegenheit, dieſe
lieblichen Bluͤthen im vereinten Strauß zu beob¬
achten.
Zu Moskau, dem Hauptorte der Kriegpro¬
vinz, hatte er einen vorzuͤglichen Moſestempel
bewundert, in welchem das Standbild des Ge¬
feierten in einer Groͤße, wie Ehedem der rho¬
diſche Koloß, prangte, und wo ein Heer von
Hunderttauſend Mann auf einmal ſeine An¬
dacht verrichten konnte. In Warſchau dagegen
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/163>, abgerufen am 25.11.2024.
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