der Sohn eines vornehmen Fürsten, welcher demungeachtet der erforderlichen Eigenschaften nicht ermangelte. Er hielt den Truppen eine kräftige Anrede, worin er die Nothwendigkeit bewies, die Räuber zu vertilgen, wenn dem ganzen Lande nicht Untergang durch die Pest drohen sollte; mahnte jeden an, den Sinn der Aufopferung in sich zu wecken, und zu denken, auf welchen Wegen sich der entsetzlichen Gefahr begegnen ließ. Der Feuerwille, im Kampf dem Tode zu trotzen, ließ sich auch überall wahrneh¬ men, doch die natürliche Furcht vor der Pest bleichte jedes Antlitz, und im ganzen Lager tönte Wehklage, da keine Minute verging, wo nicht ein Freund dem Freunde starb.
Guido schrieb an seinen Lehrer, der nun in Moskau geblieben war: Komme ich um, so sage Ini, mein Leben sei mit ihrem Namen den Lippen entflohn, vielleicht aber gelingt es mir, ruhmgekrönt wiederzukehren, denn ein Wagstück ist mir beigefallen, das uns retten kann.
Er ging zu dem Heerführer, bat sich einen Luftnachen und einige mu[t]hbewährte Männer aus. Du bist ja Reuter, was willst du unter den Spähtruppen? fragte jener. Vertraue mir um
der Sohn eines vornehmen Fuͤrſten, welcher demungeachtet der erforderlichen Eigenſchaften nicht ermangelte. Er hielt den Truppen eine kraͤftige Anrede, worin er die Nothwendigkeit bewies, die Raͤuber zu vertilgen, wenn dem ganzen Lande nicht Untergang durch die Peſt drohen ſollte; mahnte jeden an, den Sinn der Aufopferung in ſich zu wecken, und zu denken, auf welchen Wegen ſich der entſetzlichen Gefahr begegnen ließ. Der Feuerwille, im Kampf dem Tode zu trotzen, ließ ſich auch uͤberall wahrneh¬ men, doch die natuͤrliche Furcht vor der Peſt bleichte jedes Antlitz, und im ganzen Lager toͤnte Wehklage, da keine Minute verging, wo nicht ein Freund dem Freunde ſtarb.
Guido ſchrieb an ſeinen Lehrer, der nun in Moskau geblieben war: Komme ich um, ſo ſage Ini, mein Leben ſei mit ihrem Namen den Lippen entflohn, vielleicht aber gelingt es mir, ruhmgekroͤnt wiederzukehren, denn ein Wagſtuͤck iſt mir beigefallen, das uns retten kann.
Er ging zu dem Heerfuͤhrer, bat ſich einen Luftnachen und einige mu[t]hbewaͤhrte Maͤnner aus. Du biſt ja Reuter, was willſt du unter den Spaͤhtruppen? fragte jener. Vertraue mir um
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der Sohn eines vornehmen Fuͤrſten, welcher
demungeachtet der erforderlichen Eigenſchaften
nicht ermangelte. Er hielt den Truppen eine
kraͤftige Anrede, worin er die Nothwendigkeit
bewies, die Raͤuber zu vertilgen, wenn dem
ganzen Lande nicht Untergang durch die Peſt
drohen ſollte; mahnte jeden an, den Sinn der
Aufopferung in ſich zu wecken, und zu denken,
auf welchen Wegen ſich der entſetzlichen Gefahr
begegnen ließ. Der Feuerwille, im Kampf dem
Tode zu trotzen, ließ ſich auch uͤberall wahrneh¬
men, doch die natuͤrliche Furcht vor der Peſt
bleichte jedes Antlitz, und im ganzen Lager
toͤnte Wehklage, da keine Minute verging, wo
nicht ein Freund dem Freunde ſtarb.
Guido ſchrieb an ſeinen Lehrer, der nun in
Moskau geblieben war: Komme ich um, ſo ſage
Ini, mein Leben ſei mit ihrem Namen den
Lippen entflohn, vielleicht aber gelingt es mir,
ruhmgekroͤnt wiederzukehren, denn ein Wagſtuͤck
iſt mir beigefallen, das uns retten kann.
Er ging zu dem Heerfuͤhrer, bat ſich einen
Luftnachen und einige muthbewaͤhrte Maͤnner
aus. Du biſt ja Reuter, was willſt du unter den
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/123>, abgerufen am 24.11.2024.
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