kein Vertrauen. Doch verlangt deines Beschüt¬ zers Weisheit unfehlbar nicht, daß ich dir un¬ verdienten Vorzug einräume. Zeige jedoch Wil¬ len und Kraft, so kann die Ehre im Heere ge¬ achtet zu werden, dir nicht entstehn.
Guido ward verlegen, da er von dem Briefe des Kaisers nichts wußte. Doch antwortete er mit bescheidenem Selbstgefühl: er achte sich zu sehr, eine Auszeichnung zu verlangen.
Er hatte nun die Prüfung zu bestehn. Seine seltne Gewandheit in Leibesübungen erregte Staunen, er war so keck, die Behendesten im Laufen, die Stärksten im Ringen, die Rüstig¬ sten im Schwimmen, zum Wettkampf einzula¬ den, und trug den Sieg davon. Eine Probe seiner geometrischen Uebersicht abzulegen, schwang er sich an einen Luftball empor, und entwarf binnen einer Stunde eine höchst genaue Charte des sichtbaren Landhorizonts. Auch anderweitig bestand er, nicht nur zur Zufriedenheit, sondern zur Bewunderung der Anwesenden, was dem Lehrer Gelino süß schmeichelte.
Er empfing seine Waffen und begann die Uebungen froh. An Ini schrieb er: Ich trage nun das Kriegerkleid. Neue Kraftübungen wer¬ den meine Formen entfalten, der hohe Gedanke
kein Vertrauen. Doch verlangt deines Beſchuͤt¬ zers Weisheit unfehlbar nicht, daß ich dir un¬ verdienten Vorzug einraͤume. Zeige jedoch Wil¬ len und Kraft, ſo kann die Ehre im Heere ge¬ achtet zu werden, dir nicht entſtehn.
Guido ward verlegen, da er von dem Briefe des Kaiſers nichts wußte. Doch antwortete er mit beſcheidenem Selbſtgefuͤhl: er achte ſich zu ſehr, eine Auszeichnung zu verlangen.
Er hatte nun die Pruͤfung zu beſtehn. Seine ſeltne Gewandheit in Leibesuͤbungen erregte Staunen, er war ſo keck, die Behendeſten im Laufen, die Staͤrkſten im Ringen, die Ruͤſtig¬ ſten im Schwimmen, zum Wettkampf einzula¬ den, und trug den Sieg davon. Eine Probe ſeiner geometriſchen Ueberſicht abzulegen, ſchwang er ſich an einen Luftball empor, und entwarf binnen einer Stunde eine hoͤchſt genaue Charte des ſichtbaren Landhorizonts. Auch anderweitig beſtand er, nicht nur zur Zufriedenheit, ſondern zur Bewunderung der Anweſenden, was dem Lehrer Gelino ſuͤß ſchmeichelte.
Er empfing ſeine Waffen und begann die Uebungen froh. An Ini ſchrieb er: Ich trage nun das Kriegerkleid. Neue Kraftuͤbungen wer¬ den meine Formen entfalten, der hohe Gedanke
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kein Vertrauen. Doch verlangt deines Beſchuͤt¬
zers Weisheit unfehlbar nicht, daß ich dir un¬
verdienten Vorzug einraͤume. Zeige jedoch Wil¬
len und Kraft, ſo kann die Ehre im Heere ge¬
achtet zu werden, dir nicht entſtehn.
Guido ward verlegen, da er von dem Briefe
des Kaiſers nichts wußte. Doch antwortete er
mit beſcheidenem Selbſtgefuͤhl: er achte ſich zu
ſehr, eine Auszeichnung zu verlangen.
Er hatte nun die Pruͤfung zu beſtehn. Seine
ſeltne Gewandheit in Leibesuͤbungen erregte
Staunen, er war ſo keck, die Behendeſten im
Laufen, die Staͤrkſten im Ringen, die Ruͤſtig¬
ſten im Schwimmen, zum Wettkampf einzula¬
den, und trug den Sieg davon. Eine Probe
ſeiner geometriſchen Ueberſicht abzulegen, ſchwang
er ſich an einen Luftball empor, und entwarf
binnen einer Stunde eine hoͤchſt genaue Charte
des ſichtbaren Landhorizonts. Auch anderweitig
beſtand er, nicht nur zur Zufriedenheit, ſondern
zur Bewunderung der Anweſenden, was dem
Lehrer Gelino ſuͤß ſchmeichelte.
Er empfing ſeine Waffen und begann die
Uebungen froh. An Ini ſchrieb er: Ich trage
nun das Kriegerkleid. Neue Kraftuͤbungen wer¬
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/115>, abgerufen am 18.12.2024.
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