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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Remulus, auch Numanus (Röm. M.), ein mächtiger Held der Rutuler, befreundet mit ihrem Könige Turnus, dessen jüngere Schwester er kürzlich erst geheirathet hatte, als Aeneas mit seinen Trojanern in Italien ankam. Von der neuen Königsverwandtschaft die Brust geschwellt, prahlte er gewaltig gegen die Phrygier, und sagte ihnen, wie tief unter den Rutulern sie stünden, deren Kinder, kaum geboren, im Flusse gebadet, im Froste gehärtet, in Waffen erzogen würden, und, auch ergraut, diese für den schönsten Schmuck hielten. Er schmähete Aeneas' Getreue als weichlich, mehr von der Flöte und dem Gesange ergötzt, als vom Geräusch der Schilde und Speere, und nannte sie "Phrygierinnen, nicht Phrygier!" sie ermahnend, vom Eisen zu scheiden und Männern die Wehr zu überlassen. Diess konnte Ascanius nicht ertragen; er flehte zu Jupiter, ihm beizustehen, gelobte ihm einen jungen weissen Stier mit vergoldeten Hörnern, spannte seinen Bogen und, schoss R., erhört vom Vater der Götter, durch beide Schläfe.


Remus (Röm. M.), des Romulus (s. d.) Bruder, und von diesem ermordet, als er über die Niedrigkeit der Stadtmauer spottete. Seinen Pflege-Eltern erschien sein Geist und verlangte ein Todtenfest zu seiner Sühne; da ward ihm am 9. Mai ein Fest, Remuria (später Lemuria genannt), gestiftet, das drei Nächte hindurch währte.


Rennandi (Nord. M.), einer von den 37 Höllenflüssen.


Retti (Ind. M.), "die Zärtlichkeit," die junge blühende Gattin des Kamadewa, des indischen Liebesgottes; sie wird oft mit ihm auf einem Papagei reitend abgebildet.


Rhaanu (Ind. M.), einer von den Riesen und bösen Dämonen, welche von Atri stammen und zu den Nachkommen des Barhischand gehören.


Rhabur (Ind. M.), der Hauptstifter der Empörung der bösen Geister gegen die Götter. Er und Moisasur waren die Anführer aller Dämonen.


Rhacius (Gr. M.), Sohn des Lebes, ein Creter, der aus Creta eine Colonie nach Kleinasien führte, und sich dort mit Manto, der Mutter des Sehers Mopsus und Tochter des Sehers Tiresias, vermählte.


Rhadamanthys oder Rhadamanthus (Gr. M.), Sohn des Jupiter und der Europa, Bruder des Sarpedon und Minos. Alle drei wohnten auf Creta, welches jedoch Sarpedon und Rh. verlassen mussten, da Minos sich den Besitz der Insel anmasste. Rh. ging nach Ocalea in Böotien und vermählte sich nach Amphitryons Tode mit dessen Wittwe Alcmene. Sein Sohn Erythrus führte die Erythräer aus Creta nach Jonien, wo sie Erythrä gründeten. Nach seinem Tode wurde Rh. wegen seiner Gerechtigkeit einer der Richter der Unterwelt und lebte in den elysischen Gefilden.


Rhadius (Gr. M.), Sohn des Königs Neleus, von Pylos; ihn und seine Brüder, ausser Nestor, erschlug Hercules.


Rhamnusia (Gr. M.), Beiname der Nemesis, von dem attischen Flecken Rhamnus, wo sie besonders verehrt wurde. Ihre Statue war von Phidias aus einem Marmorblock gemeisselt, den die Perser mitgebracht, um daraus ein Siegeszeichen zu bilden, wenn die Griechen besiegt sein würden.


Rharias (Gr. M.), Beiname der Ceres von dem rharischen Felde in Attica, wo zuerst Getreide gesäet worden sein sollte.


Rhaum (Ind. M.), ehemals ein guter Genius; doch weil er mit Moisasur gemeinschaftliche Sache machte und die Dewetas zum Abfall von Gott zu verlocken suchte, durch Schiwa in den Abgrund der Verdammniss gestürzt, wo er mit Moisasur gemeinschaftlich herrscht.


Rhea (Gr. M.), Gemahlin des Saturn, Mutter des Pluto, Neptun, der Ceres und Juno, welche alle sie von ihrem Gatten verschlungen sehen musste, bis sie Jupiter gebar. Rh. verschwindet nun aus der Götterdynastie, bis sie, vermischt mit Cybele, als Phrygierin, als grosse Göttermutter wieder erscheint. Sie wird als Matrone, als vollendet schöne, doch nicht mehr jugendliche Frau, gewöhnlich auf einem Thron sitzend, abgebildet, ist in lange, faltenreiche Gewänder gehüllt, hat auch wohl, wie Cybele, eine Mauerkrone auf dem Haupt und reitet auf einem Löwen, die Handtrommel haltend, wie diese.


Rhea Silvia, auch Ilia genannt (Röm. M.). Numitors Tochter, durch ihres Vaters Bruder, Amulius, welcher jenen vom Thron gestürzt, zur Vestalin gemacht, damit nicht ihre Erben ihm und den Seinigen im Wege stünden. Mars nahete ihr im Schlaf und sie gebar Romulus und Remus. Die Kinder wurden von Amulius ausgesetzt, und Rh. in ein Gefängniss gesperrt, bis ihre herangewachsenen Söhne sie wieder befreiten.


Rhesus (Gr. M.), 1) Sohn des Oceanus und der Tethys, ein Flussgott in Bithynien. - 2) Rh., Sohn des Flussgottes Strymon und einer der Musen (Euterpe, Calliope oder Terpsichore), nach Homer aber Sohn des Eioneus, kam auf seinem prächtigen Wagen, mit den herrlichsten Rossen bespannt, so dass er mehr das Aussehen eines Gottes, als eines sterblichen Menschen hatte, dem Priamus zu Hülfe. An den Besitz dieser Rosse war das Schicksal Troja's geknüpft. Rh. ward daher von Diomedes im Schlafe getödtet, und nachdem derselbe noch zwölf seines Gefolges im Lager ermordet, führte er und Ulysses die Rosse hinweg, und sie kehrten beutebeladen zu den Genossen heim.


Rhetra (Wend. M.). Wo eigentlich Rh. gelegen habe, das man als eine Hauptstätte des wendischen, besonders obotritischen, Gottesdienstes aus mangelhaften Ueberlieferungen kannte, darüber war man lange ungewiss, bis zu Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts der Pastor Sponholz zu Prilwitz am Tollenser See in Mecklenburg eine merkwürdige Sammlung wendischer Götterbilder auffand, die durch die daran befindlichen Inschriften sich als Abbildungen der wendischen Hauptgötter auswiesen, daher man nun allgemein annimmt, dass diess die Stätte des alten Rh., der Hauptstadt der Rhedarier, sei, zumal, da noch jetzt in der Nähe ein Hügel gefunden wird, welcher der Rh.-Berg heisst. Das älteste Rh. war eine beträchtliche Stadt mit neun Thoren, und auf neun Inseln erbaut. Von der Stadt führte eine Holzbrücke zu dem Tempel hin, welcher zunächst dem Radegast geheiligt war und ganz allein auf der nördlichsten Insel stand. Diese Stadt wurde unter Kaiser Otto 953 zerstört, später wieder aufgebaut und 1150 von Heinrich dem Löwen abermals in Schutt gelegt.


Rhexenor (Gr. M.), Bruder des Alcinous, Königs der Phäaken, Sohn des Nausithous; seine Tochter ward mit Alcinous vermählt.


Rhinocolustes (Gr. M.), "der Nasenabschneider," Beiname des Hercules.


Rhoecus (Gr. M.), einer der Centauren, welcher der muthigen Atalanta Gewalt anthun wollte, aber von ihr erschossen wurde.


Rhode (Gr. M.), einerlei mit Rhodos (s. d.).


Rhodope (Gr. M.), eine thracische Quellnymphe, unter den Gespielinnen der Proserpina genannt, Gemahlin des thracischen Königs Hämus, und Mutter des Hebrus. Dass sie und ihr Gemahl sich Jupiter und Juno nannten, konnten die Götter nicht ertragen, daher verwandelten sie Beide in Berge.


Rhodopis (Gr.-ägypt. M.), eine der ägyptischen Pyramiden, kleinre als die beiden grössten, doch bei weitem kostbarer durch den von den fernen äthiopischen Gebirgen gebrachten Stein von ausserordentlicher Härte, aus welchem sie erbaut ist. Sie verdankt, der Fabel nach, ihr Entstehen dem Andenken an die schöne Rh. Diese liebliche Jungfrau badete mit ihrer Sklavin im Nil, als ein Adler sich auf ihre Kleider niederstürzte und einen der Sandalen der Schönen raubte. Er flog damit davon und liess ihn zu Memphis dem Beherrscher von Aegypten, Mycerinus, welcher damals unter freiem Himmel Gericht hielt, in den Schooss fallen. Das Wunderbare in dem Vorfall, verbunden mit der Neugier, welche die Kleinheit der Sandale erweckte, veranlagte den König, im ganzen Lande nach der Besitzerin zu forschen, und da man sie endlich in der Stadt Naucratis fand, entzückte ihre Schönheit den König so sehr, dass er sie zur Gemahlin nahm. Als sie nach einer Reihe glücklicher Jahre starb, setzte der König ihr diess kostbare Denkmal.


Rhodos (Gr. M.), Geliebte des Sonnengottes, welche ihm die Heliaden gebar, Tochter des Neptun und der Halia oder Amphitrite. Der Sonnengott wies ihr und ihren Nachkommen eine Insel an, welche er erhöhete, trocknete und nach der Geliebten benannte.


Rhoco (Gr. M.), Tochter des Staphylus und der Chrysotemis, Schwester der Molpadia und der Hemithea, eine Geliebte des Apollo. Sie ward für diese Neigung durch ihren Vater hart bestraft, indem derselbe sie in einen

Remulus, auch Numanus (Röm. M.), ein mächtiger Held der Rutuler, befreundet mit ihrem Könige Turnus, dessen jüngere Schwester er kürzlich erst geheirathet hatte, als Aeneas mit seinen Trojanern in Italien ankam. Von der neuen Königsverwandtschaft die Brust geschwellt, prahlte er gewaltig gegen die Phrygier, und sagte ihnen, wie tief unter den Rutulern sie stünden, deren Kinder, kaum geboren, im Flusse gebadet, im Froste gehärtet, in Waffen erzogen würden, und, auch ergraut, diese für den schönsten Schmuck hielten. Er schmähete Aeneas' Getreue als weichlich, mehr von der Flöte und dem Gesange ergötzt, als vom Geräusch der Schilde und Speere, und nannte sie »Phrygierinnen, nicht Phrygier!« sie ermahnend, vom Eisen zu scheiden und Männern die Wehr zu überlassen. Diess konnte Ascanius nicht ertragen; er flehte zu Jupiter, ihm beizustehen, gelobte ihm einen jungen weissen Stier mit vergoldeten Hörnern, spannte seinen Bogen und, schoss R., erhört vom Vater der Götter, durch beide Schläfe.


Remus (Röm. M.), des Romulus (s. d.) Bruder, und von diesem ermordet, als er über die Niedrigkeit der Stadtmauer spottete. Seinen Pflege-Eltern erschien sein Geist und verlangte ein Todtenfest zu seiner Sühne; da ward ihm am 9. Mai ein Fest, Remuria (später Lemuria genannt), gestiftet, das drei Nächte hindurch währte.


Rennandi (Nord. M.), einer von den 37 Höllenflüssen.


Retti (Ind. M.), »die Zärtlichkeit,« die junge blühende Gattin des Kamadewa, des indischen Liebesgottes; sie wird oft mit ihm auf einem Papagei reitend abgebildet.


Rhaanu (Ind. M.), einer von den Riesen und bösen Dämonen, welche von Atri stammen und zu den Nachkommen des Barhischand gehören.


Rhabur (Ind. M.), der Hauptstifter der Empörung der bösen Geister gegen die Götter. Er und Moisasur waren die Anführer aller Dämonen.


Rhacius (Gr. M.), Sohn des Lebes, ein Creter, der aus Creta eine Colonie nach Kleinasien führte, und sich dort mit Manto, der Mutter des Sehers Mopsus und Tochter des Sehers Tiresias, vermählte.


Rhadamanthys oder Rhadamanthus (Gr. M.), Sohn des Jupiter und der Europa, Bruder des Sarpedon und Minos. Alle drei wohnten auf Creta, welches jedoch Sarpedon und Rh. verlassen mussten, da Minos sich den Besitz der Insel anmasste. Rh. ging nach Ocalea in Böotien und vermählte sich nach Amphitryons Tode mit dessen Wittwe Alcmene. Sein Sohn Erythrus führte die Erythräer aus Creta nach Jonien, wo sie Erythrä gründeten. Nach seinem Tode wurde Rh. wegen seiner Gerechtigkeit einer der Richter der Unterwelt und lebte in den elysischen Gefilden.


Rhadius (Gr. M.), Sohn des Königs Neleus, von Pylos; ihn und seine Brüder, ausser Nestor, erschlug Hercules.


Rhamnusia (Gr. M.), Beiname der Nemesis, von dem attischen Flecken Rhamnus, wo sie besonders verehrt wurde. Ihre Statue war von Phidias aus einem Marmorblock gemeisselt, den die Perser mitgebracht, um daraus ein Siegeszeichen zu bilden, wenn die Griechen besiegt sein würden.


Rharias (Gr. M.), Beiname der Ceres von dem rharischen Felde in Attica, wo zuerst Getreide gesäet worden sein sollte.


Rhaum (Ind. M.), ehemals ein guter Genius; doch weil er mit Moisasur gemeinschaftliche Sache machte und die Dewetas zum Abfall von Gott zu verlocken suchte, durch Schiwa in den Abgrund der Verdammniss gestürzt, wo er mit Moisasur gemeinschaftlich herrscht.


Rhea (Gr. M.), Gemahlin des Saturn, Mutter des Pluto, Neptun, der Ceres und Juno, welche alle sie von ihrem Gatten verschlungen sehen musste, bis sie Jupiter gebar. Rh. verschwindet nun aus der Götterdynastie, bis sie, vermischt mit Cybele, als Phrygierin, als grosse Göttermutter wieder erscheint. Sie wird als Matrone, als vollendet schöne, doch nicht mehr jugendliche Frau, gewöhnlich auf einem Thron sitzend, abgebildet, ist in lange, faltenreiche Gewänder gehüllt, hat auch wohl, wie Cybele, eine Mauerkrone auf dem Haupt und reitet auf einem Löwen, die Handtrommel haltend, wie diese.


Rhea Silvia, auch Ilia genannt (Röm. M.). Numitors Tochter, durch ihres Vaters Bruder, Amulius, welcher jenen vom Thron gestürzt, zur Vestalin gemacht, damit nicht ihre Erben ihm und den Seinigen im Wege stünden. Mars nahete ihr im Schlaf und sie gebar Romulus und Remus. Die Kinder wurden von Amulius ausgesetzt, und Rh. in ein Gefängniss gesperrt, bis ihre herangewachsenen Söhne sie wieder befreiten.


Rhesus (Gr. M.), 1) Sohn des Oceanus und der Tethys, ein Flussgott in Bithynien. – 2) Rh., Sohn des Flussgottes Strymon und einer der Musen (Euterpe, Calliope oder Terpsichore), nach Homer aber Sohn des Eïoneus, kam auf seinem prächtigen Wagen, mit den herrlichsten Rossen bespannt, so dass er mehr das Aussehen eines Gottes, als eines sterblichen Menschen hatte, dem Priamus zu Hülfe. An den Besitz dieser Rosse war das Schicksal Troja's geknüpft. Rh. ward daher von Diomedes im Schlafe getödtet, und nachdem derselbe noch zwölf seines Gefolges im Lager ermordet, führte er und Ulysses die Rosse hinweg, und sie kehrten beutebeladen zu den Genossen heim.


Rhetra (Wend. M.). Wo eigentlich Rh. gelegen habe, das man als eine Hauptstätte des wendischen, besonders obotritischen, Gottesdienstes aus mangelhaften Ueberlieferungen kannte, darüber war man lange ungewiss, bis zu Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts der Pastor Sponholz zu Prilwitz am Tollenser See in Mecklenburg eine merkwürdige Sammlung wendischer Götterbilder auffand, die durch die daran befindlichen Inschriften sich als Abbildungen der wendischen Hauptgötter auswiesen, daher man nun allgemein annimmt, dass diess die Stätte des alten Rh., der Hauptstadt der Rhedarier, sei, zumal, da noch jetzt in der Nähe ein Hügel gefunden wird, welcher der Rh.-Berg heisst. Das älteste Rh. war eine beträchtliche Stadt mit neun Thoren, und auf neun Inseln erbaut. Von der Stadt führte eine Holzbrücke zu dem Tempel hin, welcher zunächst dem Radegast geheiligt war und ganz allein auf der nördlichsten Insel stand. Diese Stadt wurde unter Kaiser Otto 953 zerstört, später wieder aufgebaut und 1150 von Heinrich dem Löwen abermals in Schutt gelegt.


Rhexenor (Gr. M.), Bruder des Alcinous, Königs der Phäaken, Sohn des Nausithous; seine Tochter ward mit Alcinous vermählt.


Rhinocolustes (Gr. M.), »der Nasenabschneider,« Beiname des Hercules.


Rhoecus (Gr. M.), einer der Centauren, welcher der muthigen Atalanta Gewalt anthun wollte, aber von ihr erschossen wurde.


Rhode (Gr. M.), einerlei mit Rhodos (s. d.).


Rhodope (Gr. M.), eine thracische Quellnymphe, unter den Gespielinnen der Proserpina genannt, Gemahlin des thracischen Königs Hämus, und Mutter des Hebrus. Dass sie und ihr Gemahl sich Jupiter und Juno nannten, konnten die Götter nicht ertragen, daher verwandelten sie Beide in Berge.


Rhodopis (Gr.-ägypt. M.), eine der ägyptischen Pyramiden, kleinre als die beiden grössten, doch bei weitem kostbarer durch den von den fernen äthiopischen Gebirgen gebrachten Stein von ausserordentlicher Härte, aus welchem sie erbaut ist. Sie verdankt, der Fabel nach, ihr Entstehen dem Andenken an die schöne Rh. Diese liebliche Jungfrau badete mit ihrer Sklavin im Nil, als ein Adler sich auf ihre Kleider niederstürzte und einen der Sandalen der Schönen raubte. Er flog damit davon und liess ihn zu Memphis dem Beherrscher von Aegypten, Mycerinus, welcher damals unter freiem Himmel Gericht hielt, in den Schooss fallen. Das Wunderbare in dem Vorfall, verbunden mit der Neugier, welche die Kleinheit der Sandale erweckte, veranlagte den König, im ganzen Lande nach der Besitzerin zu forschen, und da man sie endlich in der Stadt Naucratis fand, entzückte ihre Schönheit den König so sehr, dass er sie zur Gemahlin nahm. Als sie nach einer Reihe glücklicher Jahre starb, setzte der König ihr diess kostbare Denkmal.


Rhodos (Gr. M.), Geliebte des Sonnengottes, welche ihm die Heliaden gebar, Tochter des Neptun und der Halia oder Amphitrite. Der Sonnengott wies ihr und ihren Nachkommen eine Insel an, welche er erhöhete, trocknete und nach der Geliebten benannte.


Rhoco (Gr. M.), Tochter des Staphylus und der Chrysotemis, Schwester der Molpadia und der Hemithea, eine Geliebte des Apollo. Sie ward für diese Neigung durch ihren Vater hart bestraft, indem derselbe sie in einen

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[400/0470] Remulus, auch Numanus (Röm. M.), ein mächtiger Held der Rutuler, befreundet mit ihrem Könige Turnus, dessen jüngere Schwester er kürzlich erst geheirathet hatte, als Aeneas mit seinen Trojanern in Italien ankam. Von der neuen Königsverwandtschaft die Brust geschwellt, prahlte er gewaltig gegen die Phrygier, und sagte ihnen, wie tief unter den Rutulern sie stünden, deren Kinder, kaum geboren, im Flusse gebadet, im Froste gehärtet, in Waffen erzogen würden, und, auch ergraut, diese für den schönsten Schmuck hielten. Er schmähete Aeneas' Getreue als weichlich, mehr von der Flöte und dem Gesange ergötzt, als vom Geräusch der Schilde und Speere, und nannte sie »Phrygierinnen, nicht Phrygier!« sie ermahnend, vom Eisen zu scheiden und Männern die Wehr zu überlassen. Diess konnte Ascanius nicht ertragen; er flehte zu Jupiter, ihm beizustehen, gelobte ihm einen jungen weissen Stier mit vergoldeten Hörnern, spannte seinen Bogen und, schoss R., erhört vom Vater der Götter, durch beide Schläfe. Remus (Röm. M.), des Romulus (s. d.) Bruder, und von diesem ermordet, als er über die Niedrigkeit der Stadtmauer spottete. Seinen Pflege-Eltern erschien sein Geist und verlangte ein Todtenfest zu seiner Sühne; da ward ihm am 9. Mai ein Fest, Remuria (später Lemuria genannt), gestiftet, das drei Nächte hindurch währte. Rennandi (Nord. M.), einer von den 37 Höllenflüssen. Retti (Ind. M.), »die Zärtlichkeit,« die junge blühende Gattin des Kamadewa, des indischen Liebesgottes; sie wird oft mit ihm auf einem Papagei reitend abgebildet. Rhaanu (Ind. M.), einer von den Riesen und bösen Dämonen, welche von Atri stammen und zu den Nachkommen des Barhischand gehören. Rhabur (Ind. M.), der Hauptstifter der Empörung der bösen Geister gegen die Götter. Er und Moisasur waren die Anführer aller Dämonen. Rhacius (Gr. M.), Sohn des Lebes, ein Creter, der aus Creta eine Colonie nach Kleinasien führte, und sich dort mit Manto, der Mutter des Sehers Mopsus und Tochter des Sehers Tiresias, vermählte. Rhadamanthys oder Rhadamanthus (Gr. M.), Sohn des Jupiter und der Europa, Bruder des Sarpedon und Minos. Alle drei wohnten auf Creta, welches jedoch Sarpedon und Rh. verlassen mussten, da Minos sich den Besitz der Insel anmasste. Rh. ging nach Ocalea in Böotien und vermählte sich nach Amphitryons Tode mit dessen Wittwe Alcmene. Sein Sohn Erythrus führte die Erythräer aus Creta nach Jonien, wo sie Erythrä gründeten. Nach seinem Tode wurde Rh. wegen seiner Gerechtigkeit einer der Richter der Unterwelt und lebte in den elysischen Gefilden. Rhadius (Gr. M.), Sohn des Königs Neleus, von Pylos; ihn und seine Brüder, ausser Nestor, erschlug Hercules. Rhamnusia (Gr. M.), Beiname der Nemesis, von dem attischen Flecken Rhamnus, wo sie besonders verehrt wurde. Ihre Statue war von Phidias aus einem Marmorblock gemeisselt, den die Perser mitgebracht, um daraus ein Siegeszeichen zu bilden, wenn die Griechen besiegt sein würden. Rharias (Gr. M.), Beiname der Ceres von dem rharischen Felde in Attica, wo zuerst Getreide gesäet worden sein sollte. Rhaum (Ind. M.), ehemals ein guter Genius; doch weil er mit Moisasur gemeinschaftliche Sache machte und die Dewetas zum Abfall von Gott zu verlocken suchte, durch Schiwa in den Abgrund der Verdammniss gestürzt, wo er mit Moisasur gemeinschaftlich herrscht. Rhea (Gr. M.), Gemahlin des Saturn, Mutter des Pluto, Neptun, der Ceres und Juno, welche alle sie von ihrem Gatten verschlungen sehen musste, bis sie Jupiter gebar. Rh. verschwindet nun aus der Götterdynastie, bis sie, vermischt mit Cybele, als Phrygierin, als grosse Göttermutter wieder erscheint. Sie wird als Matrone, als vollendet schöne, doch nicht mehr jugendliche Frau, gewöhnlich auf einem Thron sitzend, abgebildet, ist in lange, faltenreiche Gewänder gehüllt, hat auch wohl, wie Cybele, eine Mauerkrone auf dem Haupt und reitet auf einem Löwen, die Handtrommel haltend, wie diese. Rhea Silvia, auch Ilia genannt (Röm. M.). Numitors Tochter, durch ihres Vaters Bruder, Amulius, welcher jenen vom Thron gestürzt, zur Vestalin gemacht, damit nicht ihre Erben ihm und den Seinigen im Wege stünden. Mars nahete ihr im Schlaf und sie gebar Romulus und Remus. Die Kinder wurden von Amulius ausgesetzt, und Rh. in ein Gefängniss gesperrt, bis ihre herangewachsenen Söhne sie wieder befreiten. Rhesus (Gr. M.), 1) Sohn des Oceanus und der Tethys, ein Flussgott in Bithynien. – 2) Rh., Sohn des Flussgottes Strymon und einer der Musen (Euterpe, Calliope oder Terpsichore), nach Homer aber Sohn des Eïoneus, kam auf seinem prächtigen Wagen, mit den herrlichsten Rossen bespannt, so dass er mehr das Aussehen eines Gottes, als eines sterblichen Menschen hatte, dem Priamus zu Hülfe. An den Besitz dieser Rosse war das Schicksal Troja's geknüpft. Rh. ward daher von Diomedes im Schlafe getödtet, und nachdem derselbe noch zwölf seines Gefolges im Lager ermordet, führte er und Ulysses die Rosse hinweg, und sie kehrten beutebeladen zu den Genossen heim. Rhetra (Wend. M.). Wo eigentlich Rh. gelegen habe, das man als eine Hauptstätte des wendischen, besonders obotritischen, Gottesdienstes aus mangelhaften Ueberlieferungen kannte, darüber war man lange ungewiss, bis zu Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts der Pastor Sponholz zu Prilwitz am Tollenser See in Mecklenburg eine merkwürdige Sammlung wendischer Götterbilder auffand, die durch die daran befindlichen Inschriften sich als Abbildungen der wendischen Hauptgötter auswiesen, daher man nun allgemein annimmt, dass diess die Stätte des alten Rh., der Hauptstadt der Rhedarier, sei, zumal, da noch jetzt in der Nähe ein Hügel gefunden wird, welcher der Rh.-Berg heisst. Das älteste Rh. war eine beträchtliche Stadt mit neun Thoren, und auf neun Inseln erbaut. Von der Stadt führte eine Holzbrücke zu dem Tempel hin, welcher zunächst dem Radegast geheiligt war und ganz allein auf der nördlichsten Insel stand. Diese Stadt wurde unter Kaiser Otto 953 zerstört, später wieder aufgebaut und 1150 von Heinrich dem Löwen abermals in Schutt gelegt. Rhexenor (Gr. M.), Bruder des Alcinous, Königs der Phäaken, Sohn des Nausithous; seine Tochter ward mit Alcinous vermählt. Rhinocolustes (Gr. M.), »der Nasenabschneider,« Beiname des Hercules. Rhoecus (Gr. M.), einer der Centauren, welcher der muthigen Atalanta Gewalt anthun wollte, aber von ihr erschossen wurde. Rhode (Gr. M.), einerlei mit Rhodos (s. d.). Rhodope (Gr. M.), eine thracische Quellnymphe, unter den Gespielinnen der Proserpina genannt, Gemahlin des thracischen Königs Hämus, und Mutter des Hebrus. Dass sie und ihr Gemahl sich Jupiter und Juno nannten, konnten die Götter nicht ertragen, daher verwandelten sie Beide in Berge. Rhodopis (Gr.-ägypt. M.), eine der ägyptischen Pyramiden, kleinre als die beiden grössten, doch bei weitem kostbarer durch den von den fernen äthiopischen Gebirgen gebrachten Stein von ausserordentlicher Härte, aus welchem sie erbaut ist. Sie verdankt, der Fabel nach, ihr Entstehen dem Andenken an die schöne Rh. Diese liebliche Jungfrau badete mit ihrer Sklavin im Nil, als ein Adler sich auf ihre Kleider niederstürzte und einen der Sandalen der Schönen raubte. Er flog damit davon und liess ihn zu Memphis dem Beherrscher von Aegypten, Mycerinus, welcher damals unter freiem Himmel Gericht hielt, in den Schooss fallen. Das Wunderbare in dem Vorfall, verbunden mit der Neugier, welche die Kleinheit der Sandale erweckte, veranlagte den König, im ganzen Lande nach der Besitzerin zu forschen, und da man sie endlich in der Stadt Naucratis fand, entzückte ihre Schönheit den König so sehr, dass er sie zur Gemahlin nahm. Als sie nach einer Reihe glücklicher Jahre starb, setzte der König ihr diess kostbare Denkmal. Rhodos (Gr. M.), Geliebte des Sonnengottes, welche ihm die Heliaden gebar, Tochter des Neptun und der Halia oder Amphitrite. Der Sonnengott wies ihr und ihren Nachkommen eine Insel an, welche er erhöhete, trocknete und nach der Geliebten benannte. Rhoco (Gr. M.), Tochter des Staphylus und der Chrysotemis, Schwester der Molpadia und der Hemithea, eine Geliebte des Apollo. Sie ward für diese Neigung durch ihren Vater hart bestraft, indem derselbe sie in einen

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/470>, abgerufen am 22.11.2024.