Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

zu nehmen. - Die Erde ist alsdann entvölkert, alle Menschen sind im Paradiese, und die Bewohner der Hölle kommen herauf, um sie zu bewohnen; ihre Geister fahren in alle möglichen Thiere, sie haben die Seelenwanderung in höchster Potenz zu bestehen: von dem niedrigsten Insect durchgeht der Geist jede Stufe zur Vervollkommnung, bis der böse Höllengeist, gebessert, Mensch geworden sein wird und des Paradieses theilhaftig werden kann. - Die Bewohner des Paradieses sind körperlos, doch geniessen sie jeder Freude, deren sie als Menschen fähig gewesen, nur in einem so viel höhern Grade, dass Alles, was sie früher empfanden, keinen Vergleich mit der Seligkeit des Paradieses aushält. In das Paradies zu gelangen, ist übrigens nur am Ende jedes Weltabschnittes, oder bei dem jedesmaligen Untergange der Welt möglich; allein die Menschen, welche ein heiliges Leben geführt haben, gelangen nach ihrem Tode an die Pforten des Paradieses, vor welchen, harrend auf das Weltende, sie des Anblickes der Götter theilhaftig sind. Die Hölle der tatarischen Völker ist ein Ort der grässlichsten Qualen; die Teufel leiden dieselben bis zum Untergange der Welt; der jetzt erwartete Bote des Unterganges wird empfangen und geboren durch eine Jungfrau, Tochter eines japanischen Königs, welche von dem Fürsten der Teufel beschattet worden ist.


Kalpaurkscham (Ind. M.), der Baum, dessen Früchte die Speise, dessen Saft das Getränk des Dews ist, wodurch sie ihre Jugend und Unsterblichkeit sich erhalten.


Kalumet. Das Tabakrauchen scheint bei den Wilden Nordamerica's eine heilige Bedeutung zu haben, denn es ist das erste Opfer, welches sie der Gottheit, oder ihrem Schutzgeist, täglich bringen. Es ist das Zeichen der Gastfreundschaft, der Sicherheit; es ist Unterschrift und Siegel für den zu schliessenden Contract. Bei jeder wichtigen Handlung wird der grosse Geist zum Zeugen aufgerufen, und ihm zu Ehren von allen Theilnehmern an derselben aus einer Pfeife geraucht. Die hierzu bestimmte Friedens-Pfeife, K. genannt, besteht aus hölzernem Rohr und Kopf, durch mancherlei Schnitzwerk, Perlen und Goldblech, Schnüre und Federn auf jede Art geschmückt. In Ermangelung einer solchen dient jedoch jede andere, und auch die Pfeife, welche gewöhnlich in dem Tomahawk oder bei der Streitaxt angebracht ist, um ein Bündniss, einen Vertrag unverbrüchlich heilig zu machen, und der Rauch aus dem K. macht die Handlung nur zeremoniöser, feierlicher, doch nicht fester.


Kama oder Kamadewa, (Ind. M.), der indische Liebesgott; wörtlich heisst sein Name "Gott der Begierde". Er ist der Sohn des Himmels und der Täuschung, und wird auch der dem Herzen entsprungene, unkörperliche, rastlose Gott genannt, lauter sehr bezeichnende Beinamen. Die Zärtlichkeit, Retti, ist seine Gattin, und Wassant (die Blüthenzeit) sein Begleiter, welcher seinen Köcher stets mit Blüthen zu Pfeilspitzen füllt. Sein Lieblingsaufenthalt ist die Gegend um Agra, dort ist das weibliche Geschlecht unter allen Gegenden Indiens am schönsten. K. hatte eine sichtbare Gestalt; da er jedoch den Herrn der Schöpfung, Hara, in seinen Ausübungen störte, so verbrannte ihn dieser durch einen Blick zu Asche; die Götter erweckten ihn, indem sie Nectar darauf tropften, doch seit dieser Zeit heisst er der körperlose. Er wird auf einem Papagei reitend abgebildet; sein Bogen ist von Zuckerrohr, die Bogensehne ist von Bienen gebildet, seine Pfeilspitzen sind die rosenrothen Blüthenknospen des Amrabaumes. - Die Götter wünschten Schiwa zu einer neuen Vermählung zu bereden, und wendeten sich desshalb an den Gott der Liebe; dieser opferte sich nebst seiner Gemahlin freiwillig auf, um in einer andern Form verdachtlos Schiwa nahen zu können; er liess sich demnach verbrennen, um in der Familie des Krischna unter dem Namen Prodymna aufzuerstehen. Ein böser Genius, ein Asur, bemächtigte sich des neugeborenen Kindes, legte es in einen Kasten und warf denselben in's Meer, um den Zweck der Avatera zu vernichten, da Schiwa ohne Liebe viel grausamer war als sonst, was eben den Wünschen des Bösen entsprach. Ein Fisch verschluckte den Kasten, dieser ward gefangen und von einer Magd, welche die wiedergeborne Gattin des Liebesgottes war, getödtet, das Kind gefunden und heimlich auferzogen, bis es gross genug war, um den Riesendämon zu überwinden. Jetzt erkannten Retti und K. einander, erinnerten sich ihres vorigen Zustandes und des Zwecks


Fig. 187.
ihrer Verkörperung, welche sie sogleich verfolgten, indem sie sich an Schiwa's Hof begaben; dort einheimisch, vermählte sich Schiwa von Neuem, und nun gingen Beide wieder als Dewtas in ihr Paradies.


Kamala (Ind. M.), "die Liebevolle", Beiname der indischen Göttin der Schönheit, Lakschmi, weil ihre Reize Liebe einflössen und sie voll Liebe ist.


Kamalasana (Ind. M.), der in einer Liebesblume (Lotos) Sitzende, Beiname des Brama, weil er in einer Lotosblume ruhend abgebildet wird.


Kambalaswen (Ind. M.), eine grosse heilige Schlange, welche, nebst noch anderen wunderbaren Gesellschaftern, während des Monats Massi (Februar) die Sonne geleitet.


Kamdewa (Ind. M.), die göttliche Kuh, welche alle Wünsche zu erfüllen vermag, und bei Bereitung der Amrita durch Umdrehung des Berges Mandar im Milchmeere aus diesem hervorging. Sie ward von Indra dem Braminen Dschamadagai geschenkt, welcher dadurch übermenschlich mächtig, reich und angesehen ward. Zu ihm kam ein böser König, Schawkawser, Beherrscher von Ayadhya, mit seinem ganzen zahlreichen Gefolge, und verlangte Bewirthung, welche ihm durch Hülfe der segensreichen Kuh sogleich auf's Herrlichste ward; nun verlangte er auch die Kuh, und da der gute Priester sie dem bösen König nicht geben will, überzieht ihn dieser mit Krieg, allein die Kuh schlägt alle Heere zu Boden und schwingt sich wieder zum Himmel auf. Der Tyrann rächt sich dadurch, dass er den weisen Braminen tödtet. Nun eilt die Kuh, welche ihren Herrn sehr geliebt und ihre göttliche Würde seiner Braminen-Würde mit Freudigkeit unterworfen hat, zu Parasu Rama, dem Sohn des Ermordeten, nach Kaylasa, fordert ihn zur Rache auf, die er auch zu vollziehen sich beeilt, und unterstützt denselben dabei so, dass der Feind sein Leben verliert. - Noch anders wird derselben Mythus erzählt, indem, statt des erstgenannten Braminen, Wasischta, und statt des bösen Königs der fromme Wiswamitra die Hauptpersonen sind; Letzterer will, nur aus guter Absicht, für sein darbendes Volk die Kuh haben, indem sie Jedermann, der ein Kalb mitbringt, um sie zu melken, Samen, Lebensmittel, Geld, ja alle erdenklichen Dinge ertheilt; doch Wasischta will die Kuh nicht lassen; alle Geschenke können ihn nicht bewegen, sie dem

zu nehmen. – Die Erde ist alsdann entvölkert, alle Menschen sind im Paradiese, und die Bewohner der Hölle kommen herauf, um sie zu bewohnen; ihre Geister fahren in alle möglichen Thiere, sie haben die Seelenwanderung in höchster Potenz zu bestehen: von dem niedrigsten Insect durchgeht der Geist jede Stufe zur Vervollkommnung, bis der böse Höllengeist, gebessert, Mensch geworden sein wird und des Paradieses theilhaftig werden kann. – Die Bewohner des Paradieses sind körperlos, doch geniessen sie jeder Freude, deren sie als Menschen fähig gewesen, nur in einem so viel höhern Grade, dass Alles, was sie früher empfanden, keinen Vergleich mit der Seligkeit des Paradieses aushält. In das Paradies zu gelangen, ist übrigens nur am Ende jedes Weltabschnittes, oder bei dem jedesmaligen Untergange der Welt möglich; allein die Menschen, welche ein heiliges Leben geführt haben, gelangen nach ihrem Tode an die Pforten des Paradieses, vor welchen, harrend auf das Weltende, sie des Anblickes der Götter theilhaftig sind. Die Hölle der tatarischen Völker ist ein Ort der grässlichsten Qualen; die Teufel leiden dieselben bis zum Untergange der Welt; der jetzt erwartete Bote des Unterganges wird empfangen und geboren durch eine Jungfrau, Tochter eines japanischen Königs, welche von dem Fürsten der Teufel beschattet worden ist.


Kalpaurkscham (Ind. M.), der Baum, dessen Früchte die Speise, dessen Saft das Getränk des Dews ist, wodurch sie ihre Jugend und Unsterblichkeit sich erhalten.


Kalumet. Das Tabakrauchen scheint bei den Wilden Nordamerica's eine heilige Bedeutung zu haben, denn es ist das erste Opfer, welches sie der Gottheit, oder ihrem Schutzgeist, täglich bringen. Es ist das Zeichen der Gastfreundschaft, der Sicherheit; es ist Unterschrift und Siegel für den zu schliessenden Contract. Bei jeder wichtigen Handlung wird der grosse Geist zum Zeugen aufgerufen, und ihm zu Ehren von allen Theilnehmern an derselben aus einer Pfeife geraucht. Die hierzu bestimmte Friedens-Pfeife, K. genannt, besteht aus hölzernem Rohr und Kopf, durch mancherlei Schnitzwerk, Perlen und Goldblech, Schnüre und Federn auf jede Art geschmückt. In Ermangelung einer solchen dient jedoch jede andere, und auch die Pfeife, welche gewöhnlich in dem Tomahawk oder bei der Streitaxt angebracht ist, um ein Bündniss, einen Vertrag unverbrüchlich heilig zu machen, und der Rauch aus dem K. macht die Handlung nur zeremoniöser, feierlicher, doch nicht fester.


Kama oder Kamadewa, (Ind. M.), der indische Liebesgott; wörtlich heisst sein Name »Gott der Begierde«. Er ist der Sohn des Himmels und der Täuschung, und wird auch der dem Herzen entsprungene, unkörperliche, rastlose Gott genannt, lauter sehr bezeichnende Beinamen. Die Zärtlichkeit, Retti, ist seine Gattin, und Wassant (die Blüthenzeit) sein Begleiter, welcher seinen Köcher stets mit Blüthen zu Pfeilspitzen füllt. Sein Lieblingsaufenthalt ist die Gegend um Agra, dort ist das weibliche Geschlecht unter allen Gegenden Indiens am schönsten. K. hatte eine sichtbare Gestalt; da er jedoch den Herrn der Schöpfung, Hara, in seinen Ausübungen störte, so verbrannte ihn dieser durch einen Blick zu Asche; die Götter erweckten ihn, indem sie Nectar darauf tropften, doch seit dieser Zeit heisst er der körperlose. Er wird auf einem Papagei reitend abgebildet; sein Bogen ist von Zuckerrohr, die Bogensehne ist von Bienen gebildet, seine Pfeilspitzen sind die rosenrothen Blüthenknospen des Amrabaumes. – Die Götter wünschten Schiwa zu einer neuen Vermählung zu bereden, und wendeten sich desshalb an den Gott der Liebe; dieser opferte sich nebst seiner Gemahlin freiwillig auf, um in einer andern Form verdachtlos Schiwa nahen zu können; er liess sich demnach verbrennen, um in der Familie des Krischna unter dem Namen Prodymna aufzuerstehen. Ein böser Genius, ein Asur, bemächtigte sich des neugeborenen Kindes, legte es in einen Kasten und warf denselben in's Meer, um den Zweck der Avatera zu vernichten, da Schiwa ohne Liebe viel grausamer war als sonst, was eben den Wünschen des Bösen entsprach. Ein Fisch verschluckte den Kasten, dieser ward gefangen und von einer Magd, welche die wiedergeborne Gattin des Liebesgottes war, getödtet, das Kind gefunden und heimlich auferzogen, bis es gross genug war, um den Riesendämon zu überwinden. Jetzt erkannten Retti und K. einander, erinnerten sich ihres vorigen Zustandes und des Zwecks


Fig. 187.
ihrer Verkörperung, welche sie sogleich verfolgten, indem sie sich an Schiwa's Hof begaben; dort einheimisch, vermählte sich Schiwa von Neuem, und nun gingen Beide wieder als Dewtas in ihr Paradies.


Kamala (Ind. M.), »die Liebevolle«, Beiname der indischen Göttin der Schönheit, Lakschmi, weil ihre Reize Liebe einflössen und sie voll Liebe ist.


Kamalasana (Ind. M.), der in einer Liebesblume (Lotos) Sitzende, Beiname des Brama, weil er in einer Lotosblume ruhend abgebildet wird.


Kambalaswen (Ind. M.), eine grosse heilige Schlange, welche, nebst noch anderen wunderbaren Gesellschaftern, während des Monats Massi (Februar) die Sonne geleitet.


Kamdewa (Ind. M.), die göttliche Kuh, welche alle Wünsche zu erfüllen vermag, und bei Bereitung der Amrita durch Umdrehung des Berges Mandar im Milchmeere aus diesem hervorging. Sie ward von Indra dem Braminen Dschamadagai geschenkt, welcher dadurch übermenschlich mächtig, reich und angesehen ward. Zu ihm kam ein böser König, Schawkawser, Beherrscher von Ayadhya, mit seinem ganzen zahlreichen Gefolge, und verlangte Bewirthung, welche ihm durch Hülfe der segensreichen Kuh sogleich auf's Herrlichste ward; nun verlangte er auch die Kuh, und da der gute Priester sie dem bösen König nicht geben will, überzieht ihn dieser mit Krieg, allein die Kuh schlägt alle Heere zu Boden und schwingt sich wieder zum Himmel auf. Der Tyrann rächt sich dadurch, dass er den weisen Braminen tödtet. Nun eilt die Kuh, welche ihren Herrn sehr geliebt und ihre göttliche Würde seiner Braminen-Würde mit Freudigkeit unterworfen hat, zu Parasu Rama, dem Sohn des Ermordeten, nach Kaylasa, fordert ihn zur Rache auf, die er auch zu vollziehen sich beeilt, und unterstützt denselben dabei so, dass der Feind sein Leben verliert. – Noch anders wird derselben Mythus erzählt, indem, statt des erstgenannten Braminen, Wasischta, und statt des bösen Königs der fromme Wiswamitra die Hauptpersonen sind; Letzterer will, nur aus guter Absicht, für sein darbendes Volk die Kuh haben, indem sie Jedermann, der ein Kalb mitbringt, um sie zu melken, Samen, Lebensmittel, Geld, ja alle erdenklichen Dinge ertheilt; doch Wasischta will die Kuh nicht lassen; alle Geschenke können ihn nicht bewegen, sie dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0363" n="293"/>
zu nehmen. &#x2013; Die Erde ist alsdann entvölkert, alle Menschen sind im Paradiese, und die Bewohner der Hölle kommen herauf, um sie zu bewohnen; ihre Geister fahren in alle möglichen Thiere, sie haben die Seelenwanderung in höchster Potenz zu bestehen: von dem niedrigsten Insect durchgeht der Geist jede Stufe zur Vervollkommnung, bis der böse Höllengeist, gebessert, Mensch geworden sein wird und des Paradieses theilhaftig werden kann. &#x2013; Die Bewohner des Paradieses sind körperlos, doch geniessen sie jeder Freude, deren sie als Menschen fähig gewesen, nur in einem so viel höhern Grade, dass Alles, was sie früher empfanden, keinen Vergleich mit der Seligkeit des Paradieses aushält. In das Paradies zu gelangen, ist übrigens nur am Ende jedes Weltabschnittes, oder bei dem jedesmaligen Untergange der Welt möglich; allein die Menschen, welche ein heiliges Leben geführt haben, gelangen nach ihrem Tode an die Pforten des Paradieses, vor welchen, harrend auf das Weltende, sie des Anblickes der Götter theilhaftig sind. Die Hölle der tatarischen Völker ist ein Ort der grässlichsten Qualen; die Teufel leiden dieselben bis zum Untergange der Welt; der jetzt erwartete Bote des Unterganges wird empfangen und geboren durch eine Jungfrau, Tochter eines japanischen Königs, welche von dem Fürsten der Teufel beschattet worden ist.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kalpaurkscham</hi> (Ind. M.), der Baum, dessen Früchte die Speise, dessen Saft das Getränk des Dews ist, wodurch sie ihre Jugend und Unsterblichkeit sich erhalten.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kalumet</hi>. Das Tabakrauchen scheint bei den Wilden Nordamerica's eine heilige Bedeutung zu haben, denn es ist das erste Opfer, welches sie der Gottheit, oder ihrem Schutzgeist, täglich bringen. Es ist das Zeichen der Gastfreundschaft, der Sicherheit; es ist Unterschrift und Siegel für den zu schliessenden Contract. Bei jeder wichtigen Handlung wird der grosse Geist zum Zeugen aufgerufen, und ihm zu Ehren von allen Theilnehmern an derselben aus einer Pfeife geraucht. Die hierzu bestimmte <hi rendition="#g">Friedens</hi>-Pfeife, K. genannt, besteht aus hölzernem Rohr und Kopf, durch mancherlei Schnitzwerk, Perlen und Goldblech, Schnüre und Federn auf jede Art geschmückt. In Ermangelung einer solchen dient jedoch jede andere, und auch die Pfeife, welche gewöhnlich in dem Tomahawk oder bei der Streitaxt angebracht ist, um ein Bündniss, einen Vertrag unverbrüchlich heilig zu machen, und der Rauch aus dem K. macht die Handlung nur zeremoniöser, feierlicher, doch nicht fester.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kama</hi> oder <hi rendition="#b">Kamadewa</hi>, (Ind. M.), der indische Liebesgott; wörtlich heisst sein Name »Gott der Begierde«. Er ist der Sohn des <hi rendition="#g">Himmels</hi> und der <hi rendition="#g">Täuschung</hi>, und wird auch der dem Herzen entsprungene, unkörperliche, rastlose Gott genannt, lauter sehr bezeichnende Beinamen. Die Zärtlichkeit, Retti, ist seine Gattin, und Wassant (die Blüthenzeit) sein Begleiter, welcher seinen Köcher stets mit Blüthen zu Pfeilspitzen füllt. Sein Lieblingsaufenthalt ist die Gegend um Agra, dort ist das weibliche Geschlecht unter allen Gegenden Indiens am schönsten. K. hatte eine sichtbare Gestalt; da er jedoch den Herrn der Schöpfung, Hara, in seinen Ausübungen störte, so verbrannte ihn dieser durch einen Blick zu Asche; die Götter erweckten ihn, indem sie Nectar darauf tropften, doch seit dieser Zeit heisst er der körperlose. Er wird auf einem Papagei reitend abgebildet; sein Bogen ist von Zuckerrohr, die Bogensehne ist von Bienen gebildet, seine Pfeilspitzen sind die rosenrothen Blüthenknospen des Amrabaumes. &#x2013; Die Götter wünschten Schiwa zu einer neuen Vermählung zu bereden, und wendeten sich desshalb an den Gott der Liebe; dieser opferte sich nebst seiner Gemahlin freiwillig auf, um in einer andern Form verdachtlos Schiwa nahen zu können; er liess sich demnach verbrennen, um in der Familie des Krischna unter dem Namen Prodymna aufzuerstehen. Ein böser Genius, ein Asur, bemächtigte sich des neugeborenen Kindes, legte es in einen Kasten und warf denselben in's Meer, um den Zweck der Avatera zu vernichten, da Schiwa ohne Liebe viel grausamer war als sonst, was eben den Wünschen des Bösen entsprach. Ein Fisch verschluckte den Kasten, dieser ward gefangen und von einer Magd, welche die wiedergeborne Gattin des Liebesgottes war, getödtet, das Kind gefunden und heimlich auferzogen, bis es gross genug war, um den Riesendämon zu überwinden. Jetzt erkannten Retti und K. einander, erinnerten sich ihres vorigen Zustandes und des Zwecks<lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0187.jpg" rendition="#c"><head>Fig. 187.</head><lb/></figure><lb/>
ihrer Verkörperung, welche sie sogleich verfolgten, indem sie sich an Schiwa's Hof begaben; dort einheimisch, vermählte sich Schiwa von Neuem, und nun gingen Beide wieder als Dewtas in ihr Paradies.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kamala</hi> (Ind. M.), »die Liebevolle«, Beiname der indischen Göttin der Schönheit, Lakschmi, weil ihre Reize Liebe einflössen und sie voll Liebe ist.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kamalasana</hi> (Ind. M.), der in einer Liebesblume (Lotos) Sitzende, Beiname des Brama, weil er in einer Lotosblume ruhend abgebildet wird.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kambalaswen</hi> (Ind. M.), eine grosse heilige Schlange, welche, nebst noch anderen wunderbaren Gesellschaftern, während des Monats Massi (Februar) die Sonne geleitet.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Kamdewa</hi> (Ind. M.), die göttliche Kuh, welche alle Wünsche zu erfüllen vermag, und bei Bereitung der Amrita durch Umdrehung des Berges Mandar im Milchmeere aus diesem hervorging. Sie ward von Indra dem Braminen Dschamadagai geschenkt, welcher dadurch übermenschlich mächtig, reich und angesehen ward. Zu ihm kam ein böser König, Schawkawser, Beherrscher von Ayadhya, mit seinem ganzen zahlreichen Gefolge, und verlangte Bewirthung, welche ihm durch Hülfe der segensreichen Kuh sogleich auf's Herrlichste ward; nun verlangte er auch die Kuh, und da der gute Priester sie dem bösen König nicht geben will, überzieht ihn dieser mit Krieg, allein die Kuh schlägt alle Heere zu Boden und schwingt sich wieder zum Himmel auf. Der Tyrann rächt sich dadurch, dass er den weisen Braminen tödtet. Nun eilt die Kuh, welche ihren Herrn sehr geliebt und ihre göttliche Würde seiner Braminen-Würde mit Freudigkeit unterworfen hat, zu Parasu Rama, dem Sohn des Ermordeten, nach Kaylasa, fordert ihn zur Rache auf, die er auch zu vollziehen sich beeilt, und unterstützt denselben dabei so, dass der Feind sein Leben verliert. &#x2013; Noch anders wird derselben Mythus erzählt, indem, statt des erstgenannten Braminen, Wasischta, und statt des bösen Königs der fromme Wiswamitra die Hauptpersonen sind; Letzterer will, nur aus <hi rendition="#g">guter</hi> Absicht, für sein darbendes Volk die Kuh haben, indem sie Jedermann, der ein Kalb mitbringt, um sie zu melken, Samen, Lebensmittel, Geld, ja alle erdenklichen Dinge ertheilt; doch Wasischta will die Kuh nicht lassen; alle Geschenke können ihn nicht bewegen, sie dem
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0363] zu nehmen. – Die Erde ist alsdann entvölkert, alle Menschen sind im Paradiese, und die Bewohner der Hölle kommen herauf, um sie zu bewohnen; ihre Geister fahren in alle möglichen Thiere, sie haben die Seelenwanderung in höchster Potenz zu bestehen: von dem niedrigsten Insect durchgeht der Geist jede Stufe zur Vervollkommnung, bis der böse Höllengeist, gebessert, Mensch geworden sein wird und des Paradieses theilhaftig werden kann. – Die Bewohner des Paradieses sind körperlos, doch geniessen sie jeder Freude, deren sie als Menschen fähig gewesen, nur in einem so viel höhern Grade, dass Alles, was sie früher empfanden, keinen Vergleich mit der Seligkeit des Paradieses aushält. In das Paradies zu gelangen, ist übrigens nur am Ende jedes Weltabschnittes, oder bei dem jedesmaligen Untergange der Welt möglich; allein die Menschen, welche ein heiliges Leben geführt haben, gelangen nach ihrem Tode an die Pforten des Paradieses, vor welchen, harrend auf das Weltende, sie des Anblickes der Götter theilhaftig sind. Die Hölle der tatarischen Völker ist ein Ort der grässlichsten Qualen; die Teufel leiden dieselben bis zum Untergange der Welt; der jetzt erwartete Bote des Unterganges wird empfangen und geboren durch eine Jungfrau, Tochter eines japanischen Königs, welche von dem Fürsten der Teufel beschattet worden ist. Kalpaurkscham (Ind. M.), der Baum, dessen Früchte die Speise, dessen Saft das Getränk des Dews ist, wodurch sie ihre Jugend und Unsterblichkeit sich erhalten. Kalumet. Das Tabakrauchen scheint bei den Wilden Nordamerica's eine heilige Bedeutung zu haben, denn es ist das erste Opfer, welches sie der Gottheit, oder ihrem Schutzgeist, täglich bringen. Es ist das Zeichen der Gastfreundschaft, der Sicherheit; es ist Unterschrift und Siegel für den zu schliessenden Contract. Bei jeder wichtigen Handlung wird der grosse Geist zum Zeugen aufgerufen, und ihm zu Ehren von allen Theilnehmern an derselben aus einer Pfeife geraucht. Die hierzu bestimmte Friedens-Pfeife, K. genannt, besteht aus hölzernem Rohr und Kopf, durch mancherlei Schnitzwerk, Perlen und Goldblech, Schnüre und Federn auf jede Art geschmückt. In Ermangelung einer solchen dient jedoch jede andere, und auch die Pfeife, welche gewöhnlich in dem Tomahawk oder bei der Streitaxt angebracht ist, um ein Bündniss, einen Vertrag unverbrüchlich heilig zu machen, und der Rauch aus dem K. macht die Handlung nur zeremoniöser, feierlicher, doch nicht fester. Kama oder Kamadewa, (Ind. M.), der indische Liebesgott; wörtlich heisst sein Name »Gott der Begierde«. Er ist der Sohn des Himmels und der Täuschung, und wird auch der dem Herzen entsprungene, unkörperliche, rastlose Gott genannt, lauter sehr bezeichnende Beinamen. Die Zärtlichkeit, Retti, ist seine Gattin, und Wassant (die Blüthenzeit) sein Begleiter, welcher seinen Köcher stets mit Blüthen zu Pfeilspitzen füllt. Sein Lieblingsaufenthalt ist die Gegend um Agra, dort ist das weibliche Geschlecht unter allen Gegenden Indiens am schönsten. K. hatte eine sichtbare Gestalt; da er jedoch den Herrn der Schöpfung, Hara, in seinen Ausübungen störte, so verbrannte ihn dieser durch einen Blick zu Asche; die Götter erweckten ihn, indem sie Nectar darauf tropften, doch seit dieser Zeit heisst er der körperlose. Er wird auf einem Papagei reitend abgebildet; sein Bogen ist von Zuckerrohr, die Bogensehne ist von Bienen gebildet, seine Pfeilspitzen sind die rosenrothen Blüthenknospen des Amrabaumes. – Die Götter wünschten Schiwa zu einer neuen Vermählung zu bereden, und wendeten sich desshalb an den Gott der Liebe; dieser opferte sich nebst seiner Gemahlin freiwillig auf, um in einer andern Form verdachtlos Schiwa nahen zu können; er liess sich demnach verbrennen, um in der Familie des Krischna unter dem Namen Prodymna aufzuerstehen. Ein böser Genius, ein Asur, bemächtigte sich des neugeborenen Kindes, legte es in einen Kasten und warf denselben in's Meer, um den Zweck der Avatera zu vernichten, da Schiwa ohne Liebe viel grausamer war als sonst, was eben den Wünschen des Bösen entsprach. Ein Fisch verschluckte den Kasten, dieser ward gefangen und von einer Magd, welche die wiedergeborne Gattin des Liebesgottes war, getödtet, das Kind gefunden und heimlich auferzogen, bis es gross genug war, um den Riesendämon zu überwinden. Jetzt erkannten Retti und K. einander, erinnerten sich ihres vorigen Zustandes und des Zwecks [Abbildung Fig. 187. ] ihrer Verkörperung, welche sie sogleich verfolgten, indem sie sich an Schiwa's Hof begaben; dort einheimisch, vermählte sich Schiwa von Neuem, und nun gingen Beide wieder als Dewtas in ihr Paradies. Kamala (Ind. M.), »die Liebevolle«, Beiname der indischen Göttin der Schönheit, Lakschmi, weil ihre Reize Liebe einflössen und sie voll Liebe ist. Kamalasana (Ind. M.), der in einer Liebesblume (Lotos) Sitzende, Beiname des Brama, weil er in einer Lotosblume ruhend abgebildet wird. Kambalaswen (Ind. M.), eine grosse heilige Schlange, welche, nebst noch anderen wunderbaren Gesellschaftern, während des Monats Massi (Februar) die Sonne geleitet. Kamdewa (Ind. M.), die göttliche Kuh, welche alle Wünsche zu erfüllen vermag, und bei Bereitung der Amrita durch Umdrehung des Berges Mandar im Milchmeere aus diesem hervorging. Sie ward von Indra dem Braminen Dschamadagai geschenkt, welcher dadurch übermenschlich mächtig, reich und angesehen ward. Zu ihm kam ein böser König, Schawkawser, Beherrscher von Ayadhya, mit seinem ganzen zahlreichen Gefolge, und verlangte Bewirthung, welche ihm durch Hülfe der segensreichen Kuh sogleich auf's Herrlichste ward; nun verlangte er auch die Kuh, und da der gute Priester sie dem bösen König nicht geben will, überzieht ihn dieser mit Krieg, allein die Kuh schlägt alle Heere zu Boden und schwingt sich wieder zum Himmel auf. Der Tyrann rächt sich dadurch, dass er den weisen Braminen tödtet. Nun eilt die Kuh, welche ihren Herrn sehr geliebt und ihre göttliche Würde seiner Braminen-Würde mit Freudigkeit unterworfen hat, zu Parasu Rama, dem Sohn des Ermordeten, nach Kaylasa, fordert ihn zur Rache auf, die er auch zu vollziehen sich beeilt, und unterstützt denselben dabei so, dass der Feind sein Leben verliert. – Noch anders wird derselben Mythus erzählt, indem, statt des erstgenannten Braminen, Wasischta, und statt des bösen Königs der fromme Wiswamitra die Hauptpersonen sind; Letzterer will, nur aus guter Absicht, für sein darbendes Volk die Kuh haben, indem sie Jedermann, der ein Kalb mitbringt, um sie zu melken, Samen, Lebensmittel, Geld, ja alle erdenklichen Dinge ertheilt; doch Wasischta will die Kuh nicht lassen; alle Geschenke können ihn nicht bewegen, sie dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/363
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/363>, abgerufen am 22.11.2024.