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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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sie und den I., rettet aber sein und der Coronis Kind aus der sterbenden Mutter Leibe.


Ischwambrat (Lettische M.), ein Götze der alten Preussen, welcher nebst Curcho und Wurskaitis die Dreieinigkeit zweiten Ranges bildete (die erste war Perkunos, Pikollos und Potrimpos). I. war Herr alles Geflügels, und man vermuthet in ihm den ersten Oberpriester oder Kriwe, welcher, nachdem er ein Alter von hundert Jahren erreicht, sich zur Ehre der Götter verbrennen liess.


Ise (Japan. M.), der berühmteste Wallfahrtsort des Kami-Dienstes, das Mekka der Sintoo-Religion, im Bezirke Wataraje. Den ersten Tempel der Sonnengottheit hatte Zin mu in seinem Dairi zu Kasibara errichtet, und er blieb ihr als irdischer Thron geweiht, bis unter der Regierung des Sui Sin, fünf Jahre v. Chr., die Halle in I. gestiftet und der Thron der Sonnengottheit dahin verlegt wurde. Imatohime und Tojonuki, zwei Edelfrauen des Hofes, feierten nämlich aus Auftrag dieses Mikado der Sonnengottheit Reinigungsfeste; an dem Flüsschen Isezu wusch Jamato ihr Kleid und bauete an diesem Orte die Halle, welche jetzt Nai gu (die mittlere Halle) genannt wird. Im zehnten Monat des folgenden Jahres (4 Jahre v. Chr.) wurde der Sitz der Sonnengottheit förmlich dahin verlegt, und ein hoher Staatsbeamter, Oho Kasima, als Aufseher der Festlichkeiten dahin versetzt. In dieser berühmten Tempelhalle befanden sich mehrere kleine Capellen, welche alle einzelnen Heiligen oder Göttern geweiht sind, und mehr oder minder Antheil an den zahlreichen Wallfahrten haben, die dorthin gemacht werden. Aus allen Orten im Reiche Japan ziehen zahlreiche Schaaren von Pilgern dahin, und es ist eigentlich Pflicht jedes Japaners, wenigstens Einmal in seinem Leben dahin zu wandeln. Zuerst muss er zu diesem Behuf gewisse Reinigungsgebräuche beobachten, dann in dem Tempel seines Schutzpatrons sich Hülfe von ihm erflehen. In einem einfachen Pilgergewande, das Haupt mit einem Strohhut bedeckt, den Wanderstab in der Hand, im Gürtel aber einen Löffel zum Wasserschöpfen tragend, tritt er, von Freunden und Verwandten mit Reisebedürfnissen versehen, seine Reise an, nachdem er vorher seine Wohnung mit dem Unreines abwendenden Seile verwahrt hat. Ueber seine Reinheit sorgfältig wachend, findet er überall Herbergen, die ihm durch besondere Aufschriften willkommene Aufnahme verkünden. Am Wallfahrtsorte angelangt, besucht er meistens unter dem Geleite eines Kamfpriesters die Hallen, verrichtet seine religiöse Pflicht, und erhält vom Oberpriester einen Ablassbrief, welcher heilig gehalten wird, und ein alles Glück bescherender Talisman ist.


Isis, Fig. 176 (Aegypt. M.), die wichtigste, mit Osiris, der bald ihr Bruder, bald ihr Vater, bald ihr Gemahl,


Fig. 176.
bald ihr Sohn heisst, unzertrennlich verbundene, und mit ihm am Allgemeinsten verehrte Göttin der alten Aegypter. In diesem Götterpaare tritt das eigenthümliche Wesen der ägyptischen Volksreligion am ausgeprägtesten hervor. Nach den jetzt entzifferten Schriften auf altägyptischen Denkmalen fällt die bestimmte Ausbildung der diese beiden Wesen betreffenden Mythen etwa in's zwölfte bis dreizehnte Jahrhundert v. Chr., folglich, da die Cultur Aegyptens sicher über das Jahr 4000 v. Chr. zurückreicht, in eine verhältnissmässig späte Zeit. Ursprünglich war I. nichts Anderes, als die Personification der fruchtbaren Erde, Osiris die der Erde durch Vermittelung des Nil einverleibte Zeugungskraft der Sonne. Daran knüpfte sich nun, da die alten ägyptischen Quellen, wie es scheint, sehr beschränkt waren, die willkürliche, bald mehr historisch, bald mehr philosophisch umdeutende Behandlung der Griechen an. So erzählt Diodor: "Zuerst herrschten Saturn und Rhea in Aegypten; ihre Kinder waren Osiris, I., Typhon, Apollon und Venus. Osiris bedeutet so viel als Bacchus, und I. beinahe dasselbe, was Ceres. Osiris vermählte sich mit I., er wurde Thronfolger und machte viele wohlthätige Einrichtungen für das gesellschaftliche Leben. - Er schaffte zuerst die Sitte, Menschenfleisch zu essen, ab, nachdem I. die Gerste und den Weizen entdeckt, welche im Lande wild wuchsen, ohne dass man sich derselben bediente; und da Osiris die Behandlungsart dieser Früchte erfand, so gewöhnten sich alle gern an eine andere Nahrung, weil sie die neuen Speisen angenehm fanden. Für die Entdeckung jener Früchte soll ein Gebrauch zeugen, der sich in Aegypten aus der alten Zeit herübergetragen hat; noch jetzt nämlich rufen die Bewohner des Landes in der Ernte die I. an, indem sie die ersten geschnittenen Aehren niederlegen, und, neben der Garbe stehend, sich an die Brust schlagen. In einigen Städten trägt man bei dem Aufzug am I.-Fest unter andern auch Stengel von Weizen und Gerste umher, zum Andenken an die erste Entdeckung der Früchte durch die kunstreiche Göttin. Auch Gesetze hat I. gegeben, damit die Menschen einander Recht widerfahren liessen, und der gesetzlosen Willkür und Gewalt durch die Furcht vor der Strafe gesteuert würde; darum heisst auch bei den alten Griechen Ceres die Gesetzgeberin." - Derselbe erzählt ferner, dass Osiris mit einem Heere nach Asien gezogen, seiner Gattin I. die oberste Gewalt übertragen, und ihr in Mercur einen Rathgeber an die Seite gestellt; da er nun nicht zurückkehrte, weil er von Typhon ermordet worden, suchte sie seinen Mord mit Hülfe ihres Sohnes Horus (s. d.) zu rächen: sie tödtete Typhon und seine Genossen, und wurde Königin von Aegypten. "Die Schlacht fiel am Ufer des Flusses vor, in der Nähe eines Dorfes, welches jetzt Antäum heisst. I. fand nun alle Theile des Leichnams auf, ausser dem Phallus. Die Begräbnissstätte ihres Gemahls wollte sie geheim halten, und doch unter allen Einwohnern von Aegypten verehrt wissen; diesen Zweck erreichte sie auf folgende Weise: Um jeden der gefundenen Theile liess sie einen ganzen Menschenkörper aus Wachs bilden, an Grösse dem Osiris gleich; dann berief sie die Priester, je nach ihren Zünften, und liess sie alle schwören, Niemand zu offenbaren, was ihnen anvertraut würde; jeder einzelnen Zunft aber sagte sie insbesondere, ihr allein werde die Bestattung des Leichnams übergeben; sie erinnerte sie an die Wohlthaten des Osiris, und forderte sie auf, seinen Leichnam in ihrer Heimath zu begraben, und ihm als Gott zu verehren, auch sollten sie ein bei ihnen einheimisches Thier, welches sie wollten, heiligen, und das, so lange es lebte, ehren, wie sie zuvor den Osiris geehrt, nach seinem Tode aber es ebenso feierlich wie ihn bestatten. - Damit die Priester schon um ihres Vortheils willen die verlangte Gottesverehrung besorgten, gab ihnen I. den dritten Theil des Landes zum Dienste der Götter und zu den heiligen Gebräuchen. Die Priester thaten wie I. gewollt, und daher auch kommt es, dass sie alle noch glauben, dass bei ihnen allein der wahre Osiris begraben sei. - I. schwur, keine Ehe mehr einzugehen; sie blieb Königin ihre ganze Lebenszeit, und ihre Regierung war höchst gerecht und für die Unterthanen wohlthätig. Auch der I. wurde, nachdem sie dem Kreise der Menschen entrückt war, göttliche Verehrung zu Theil; begraben wurde sie zu Memphis, wo man noch gegenwärtig (ungefähr 50 Jahre v. Chr.) ihr Grabmal im heiligen Hain des Vulcan zeigt." - Plutarch fügt zu diesen Angaben Diodors hinzu: "Rhea ward mit dem Sonnengotte vermählt, und gebar, von ihm und Andern erzeugt, Saturn und Mercur, worüber erzürnt, ihr Gatte sie verfluchte, dass sie weder in einem Jahr noch in einem Monat gebären sollte. Diesen Fluch löste

sie und den I., rettet aber sein und der Coronis Kind aus der sterbenden Mutter Leibe.


Ischwambrat (Lettische M.), ein Götze der alten Preussen, welcher nebst Curcho und Wurskaitis die Dreieinigkeit zweiten Ranges bildete (die erste war Perkunos, Pikollos und Potrimpos). I. war Herr alles Geflügels, und man vermuthet in ihm den ersten Oberpriester oder Kriwe, welcher, nachdem er ein Alter von hundert Jahren erreicht, sich zur Ehre der Götter verbrennen liess.


Ise (Japan. M.), der berühmteste Wallfahrtsort des Kami-Dienstes, das Mekka der Sintoo-Religion, im Bezirke Wataraje. Den ersten Tempel der Sonnengottheit hatte Zin mu in seinem Dairi zu Kasibara errichtet, und er blieb ihr als irdischer Thron geweiht, bis unter der Regierung des Sui Sin, fünf Jahre v. Chr., die Halle in I. gestiftet und der Thron der Sonnengottheit dahin verlegt wurde. Imatohime und Tojonuki, zwei Edelfrauen des Hofes, feierten nämlich aus Auftrag dieses Mikado der Sonnengottheit Reinigungsfeste; an dem Flüsschen Isezu wusch Jamato ihr Kleid und bauete an diesem Orte die Halle, welche jetzt Nai gu (die mittlere Halle) genannt wird. Im zehnten Monat des folgenden Jahres (4 Jahre v. Chr.) wurde der Sitz der Sonnengottheit förmlich dahin verlegt, und ein hoher Staatsbeamter, Oho Kasima, als Aufseher der Festlichkeiten dahin versetzt. In dieser berühmten Tempelhalle befanden sich mehrere kleine Capellen, welche alle einzelnen Heiligen oder Göttern geweiht sind, und mehr oder minder Antheil an den zahlreichen Wallfahrten haben, die dorthin gemacht werden. Aus allen Orten im Reiche Japan ziehen zahlreiche Schaaren von Pilgern dahin, und es ist eigentlich Pflicht jedes Japaners, wenigstens Einmal in seinem Leben dahin zu wandeln. Zuerst muss er zu diesem Behuf gewisse Reinigungsgebräuche beobachten, dann in dem Tempel seines Schutzpatrons sich Hülfe von ihm erflehen. In einem einfachen Pilgergewande, das Haupt mit einem Strohhut bedeckt, den Wanderstab in der Hand, im Gürtel aber einen Löffel zum Wasserschöpfen tragend, tritt er, von Freunden und Verwandten mit Reisebedürfnissen versehen, seine Reise an, nachdem er vorher seine Wohnung mit dem Unreines abwendenden Seile verwahrt hat. Ueber seine Reinheit sorgfältig wachend, findet er überall Herbergen, die ihm durch besondere Aufschriften willkommene Aufnahme verkünden. Am Wallfahrtsorte angelangt, besucht er meistens unter dem Geleite eines Kamfpriesters die Hallen, verrichtet seine religiöse Pflicht, und erhält vom Oberpriester einen Ablassbrief, welcher heilig gehalten wird, und ein alles Glück bescherender Talisman ist.


Isis, Fig. 176 (Aegypt. M.), die wichtigste, mit Osiris, der bald ihr Bruder, bald ihr Vater, bald ihr Gemahl,


Fig. 176.
bald ihr Sohn heisst, unzertrennlich verbundene, und mit ihm am Allgemeinsten verehrte Göttin der alten Aegypter. In diesem Götterpaare tritt das eigenthümliche Wesen der ägyptischen Volksreligion am ausgeprägtesten hervor. Nach den jetzt entzifferten Schriften auf altägyptischen Denkmalen fällt die bestimmte Ausbildung der diese beiden Wesen betreffenden Mythen etwa in's zwölfte bis dreizehnte Jahrhundert v. Chr., folglich, da die Cultur Aegyptens sicher über das Jahr 4000 v. Chr. zurückreicht, in eine verhältnissmässig späte Zeit. Ursprünglich war I. nichts Anderes, als die Personification der fruchtbaren Erde, Osiris die der Erde durch Vermittelung des Nil einverleibte Zeugungskraft der Sonne. Daran knüpfte sich nun, da die alten ägyptischen Quellen, wie es scheint, sehr beschränkt waren, die willkürliche, bald mehr historisch, bald mehr philosophisch umdeutende Behandlung der Griechen an. So erzählt Diodor: »Zuerst herrschten Saturn und Rhea in Aegypten; ihre Kinder waren Osiris, I., Typhon, Apollon und Venus. Osiris bedeutet so viel als Bacchus, und I. beinahe dasselbe, was Ceres. Osiris vermählte sich mit I., er wurde Thronfolger und machte viele wohlthätige Einrichtungen für das gesellschaftliche Leben. – Er schaffte zuerst die Sitte, Menschenfleisch zu essen, ab, nachdem I. die Gerste und den Weizen entdeckt, welche im Lande wild wuchsen, ohne dass man sich derselben bediente; und da Osiris die Behandlungsart dieser Früchte erfand, so gewöhnten sich alle gern an eine andere Nahrung, weil sie die neuen Speisen angenehm fanden. Für die Entdeckung jener Früchte soll ein Gebrauch zeugen, der sich in Aegypten aus der alten Zeit herübergetragen hat; noch jetzt nämlich rufen die Bewohner des Landes in der Ernte die I. an, indem sie die ersten geschnittenen Aehren niederlegen, und, neben der Garbe stehend, sich an die Brust schlagen. In einigen Städten trägt man bei dem Aufzug am I.-Fest unter andern auch Stengel von Weizen und Gerste umher, zum Andenken an die erste Entdeckung der Früchte durch die kunstreiche Göttin. Auch Gesetze hat I. gegeben, damit die Menschen einander Recht widerfahren liessen, und der gesetzlosen Willkür und Gewalt durch die Furcht vor der Strafe gesteuert würde; darum heisst auch bei den alten Griechen Ceres die Gesetzgeberin.« – Derselbe erzählt ferner, dass Osiris mit einem Heere nach Asien gezogen, seiner Gattin I. die oberste Gewalt übertragen, und ihr in Mercur einen Rathgeber an die Seite gestellt; da er nun nicht zurückkehrte, weil er von Typhon ermordet worden, suchte sie seinen Mord mit Hülfe ihres Sohnes Horus (s. d.) zu rächen: sie tödtete Typhon und seine Genossen, und wurde Königin von Aegypten. »Die Schlacht fiel am Ufer des Flusses vor, in der Nähe eines Dorfes, welches jetzt Antäum heisst. I. fand nun alle Theile des Leichnams auf, ausser dem Phallus. Die Begräbnissstätte ihres Gemahls wollte sie geheim halten, und doch unter allen Einwohnern von Aegypten verehrt wissen; diesen Zweck erreichte sie auf folgende Weise: Um jeden der gefundenen Theile liess sie einen ganzen Menschenkörper aus Wachs bilden, an Grösse dem Osiris gleich; dann berief sie die Priester, je nach ihren Zünften, und liess sie alle schwören, Niemand zu offenbaren, was ihnen anvertraut würde; jeder einzelnen Zunft aber sagte sie insbesondere, ihr allein werde die Bestattung des Leichnams übergeben; sie erinnerte sie an die Wohlthaten des Osiris, und forderte sie auf, seinen Leichnam in ihrer Heimath zu begraben, und ihm als Gott zu verehren, auch sollten sie ein bei ihnen einheimisches Thier, welches sie wollten, heiligen, und das, so lange es lebte, ehren, wie sie zuvor den Osiris geehrt, nach seinem Tode aber es ebenso feierlich wie ihn bestatten. – Damit die Priester schon um ihres Vortheils willen die verlangte Gottesverehrung besorgten, gab ihnen I. den dritten Theil des Landes zum Dienste der Götter und zu den heiligen Gebräuchen. Die Priester thaten wie I. gewollt, und daher auch kommt es, dass sie alle noch glauben, dass bei ihnen allein der wahre Osiris begraben sei. – I. schwur, keine Ehe mehr einzugehen; sie blieb Königin ihre ganze Lebenszeit, und ihre Regierung war höchst gerecht und für die Unterthanen wohlthätig. Auch der I. wurde, nachdem sie dem Kreise der Menschen entrückt war, göttliche Verehrung zu Theil; begraben wurde sie zu Memphis, wo man noch gegenwärtig (ungefähr 50 Jahre v. Chr.) ihr Grabmal im heiligen Hain des Vulcan zeigt.« – Plutarch fügt zu diesen Angaben Diodors hinzu: »Rhea ward mit dem Sonnengotte vermählt, und gebar, von ihm und Andern erzeugt, Saturn und Mercur, worüber erzürnt, ihr Gatte sie verfluchte, dass sie weder in einem Jahr noch in einem Monat gebären sollte. Diesen Fluch löste

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[282/0352] sie und den I., rettet aber sein und der Coronis Kind aus der sterbenden Mutter Leibe. Ischwambrat (Lettische M.), ein Götze der alten Preussen, welcher nebst Curcho und Wurskaitis die Dreieinigkeit zweiten Ranges bildete (die erste war Perkunos, Pikollos und Potrimpos). I. war Herr alles Geflügels, und man vermuthet in ihm den ersten Oberpriester oder Kriwe, welcher, nachdem er ein Alter von hundert Jahren erreicht, sich zur Ehre der Götter verbrennen liess. Ise (Japan. M.), der berühmteste Wallfahrtsort des Kami-Dienstes, das Mekka der Sintoo-Religion, im Bezirke Wataraje. Den ersten Tempel der Sonnengottheit hatte Zin mu in seinem Dairi zu Kasibara errichtet, und er blieb ihr als irdischer Thron geweiht, bis unter der Regierung des Sui Sin, fünf Jahre v. Chr., die Halle in I. gestiftet und der Thron der Sonnengottheit dahin verlegt wurde. Imatohime und Tojonuki, zwei Edelfrauen des Hofes, feierten nämlich aus Auftrag dieses Mikado der Sonnengottheit Reinigungsfeste; an dem Flüsschen Isezu wusch Jamato ihr Kleid und bauete an diesem Orte die Halle, welche jetzt Nai gu (die mittlere Halle) genannt wird. Im zehnten Monat des folgenden Jahres (4 Jahre v. Chr.) wurde der Sitz der Sonnengottheit förmlich dahin verlegt, und ein hoher Staatsbeamter, Oho Kasima, als Aufseher der Festlichkeiten dahin versetzt. In dieser berühmten Tempelhalle befanden sich mehrere kleine Capellen, welche alle einzelnen Heiligen oder Göttern geweiht sind, und mehr oder minder Antheil an den zahlreichen Wallfahrten haben, die dorthin gemacht werden. Aus allen Orten im Reiche Japan ziehen zahlreiche Schaaren von Pilgern dahin, und es ist eigentlich Pflicht jedes Japaners, wenigstens Einmal in seinem Leben dahin zu wandeln. Zuerst muss er zu diesem Behuf gewisse Reinigungsgebräuche beobachten, dann in dem Tempel seines Schutzpatrons sich Hülfe von ihm erflehen. In einem einfachen Pilgergewande, das Haupt mit einem Strohhut bedeckt, den Wanderstab in der Hand, im Gürtel aber einen Löffel zum Wasserschöpfen tragend, tritt er, von Freunden und Verwandten mit Reisebedürfnissen versehen, seine Reise an, nachdem er vorher seine Wohnung mit dem Unreines abwendenden Seile verwahrt hat. Ueber seine Reinheit sorgfältig wachend, findet er überall Herbergen, die ihm durch besondere Aufschriften willkommene Aufnahme verkünden. Am Wallfahrtsorte angelangt, besucht er meistens unter dem Geleite eines Kamfpriesters die Hallen, verrichtet seine religiöse Pflicht, und erhält vom Oberpriester einen Ablassbrief, welcher heilig gehalten wird, und ein alles Glück bescherender Talisman ist. Isis, Fig. 176 (Aegypt. M.), die wichtigste, mit Osiris, der bald ihr Bruder, bald ihr Vater, bald ihr Gemahl, [Abbildung Fig. 176. ] bald ihr Sohn heisst, unzertrennlich verbundene, und mit ihm am Allgemeinsten verehrte Göttin der alten Aegypter. In diesem Götterpaare tritt das eigenthümliche Wesen der ägyptischen Volksreligion am ausgeprägtesten hervor. Nach den jetzt entzifferten Schriften auf altägyptischen Denkmalen fällt die bestimmte Ausbildung der diese beiden Wesen betreffenden Mythen etwa in's zwölfte bis dreizehnte Jahrhundert v. Chr., folglich, da die Cultur Aegyptens sicher über das Jahr 4000 v. Chr. zurückreicht, in eine verhältnissmässig späte Zeit. Ursprünglich war I. nichts Anderes, als die Personification der fruchtbaren Erde, Osiris die der Erde durch Vermittelung des Nil einverleibte Zeugungskraft der Sonne. Daran knüpfte sich nun, da die alten ägyptischen Quellen, wie es scheint, sehr beschränkt waren, die willkürliche, bald mehr historisch, bald mehr philosophisch umdeutende Behandlung der Griechen an. So erzählt Diodor: »Zuerst herrschten Saturn und Rhea in Aegypten; ihre Kinder waren Osiris, I., Typhon, Apollon und Venus. Osiris bedeutet so viel als Bacchus, und I. beinahe dasselbe, was Ceres. Osiris vermählte sich mit I., er wurde Thronfolger und machte viele wohlthätige Einrichtungen für das gesellschaftliche Leben. – Er schaffte zuerst die Sitte, Menschenfleisch zu essen, ab, nachdem I. die Gerste und den Weizen entdeckt, welche im Lande wild wuchsen, ohne dass man sich derselben bediente; und da Osiris die Behandlungsart dieser Früchte erfand, so gewöhnten sich alle gern an eine andere Nahrung, weil sie die neuen Speisen angenehm fanden. Für die Entdeckung jener Früchte soll ein Gebrauch zeugen, der sich in Aegypten aus der alten Zeit herübergetragen hat; noch jetzt nämlich rufen die Bewohner des Landes in der Ernte die I. an, indem sie die ersten geschnittenen Aehren niederlegen, und, neben der Garbe stehend, sich an die Brust schlagen. In einigen Städten trägt man bei dem Aufzug am I.-Fest unter andern auch Stengel von Weizen und Gerste umher, zum Andenken an die erste Entdeckung der Früchte durch die kunstreiche Göttin. Auch Gesetze hat I. gegeben, damit die Menschen einander Recht widerfahren liessen, und der gesetzlosen Willkür und Gewalt durch die Furcht vor der Strafe gesteuert würde; darum heisst auch bei den alten Griechen Ceres die Gesetzgeberin.« – Derselbe erzählt ferner, dass Osiris mit einem Heere nach Asien gezogen, seiner Gattin I. die oberste Gewalt übertragen, und ihr in Mercur einen Rathgeber an die Seite gestellt; da er nun nicht zurückkehrte, weil er von Typhon ermordet worden, suchte sie seinen Mord mit Hülfe ihres Sohnes Horus (s. d.) zu rächen: sie tödtete Typhon und seine Genossen, und wurde Königin von Aegypten. »Die Schlacht fiel am Ufer des Flusses vor, in der Nähe eines Dorfes, welches jetzt Antäum heisst. I. fand nun alle Theile des Leichnams auf, ausser dem Phallus. Die Begräbnissstätte ihres Gemahls wollte sie geheim halten, und doch unter allen Einwohnern von Aegypten verehrt wissen; diesen Zweck erreichte sie auf folgende Weise: Um jeden der gefundenen Theile liess sie einen ganzen Menschenkörper aus Wachs bilden, an Grösse dem Osiris gleich; dann berief sie die Priester, je nach ihren Zünften, und liess sie alle schwören, Niemand zu offenbaren, was ihnen anvertraut würde; jeder einzelnen Zunft aber sagte sie insbesondere, ihr allein werde die Bestattung des Leichnams übergeben; sie erinnerte sie an die Wohlthaten des Osiris, und forderte sie auf, seinen Leichnam in ihrer Heimath zu begraben, und ihm als Gott zu verehren, auch sollten sie ein bei ihnen einheimisches Thier, welches sie wollten, heiligen, und das, so lange es lebte, ehren, wie sie zuvor den Osiris geehrt, nach seinem Tode aber es ebenso feierlich wie ihn bestatten. – Damit die Priester schon um ihres Vortheils willen die verlangte Gottesverehrung besorgten, gab ihnen I. den dritten Theil des Landes zum Dienste der Götter und zu den heiligen Gebräuchen. Die Priester thaten wie I. gewollt, und daher auch kommt es, dass sie alle noch glauben, dass bei ihnen allein der wahre Osiris begraben sei. – I. schwur, keine Ehe mehr einzugehen; sie blieb Königin ihre ganze Lebenszeit, und ihre Regierung war höchst gerecht und für die Unterthanen wohlthätig. Auch der I. wurde, nachdem sie dem Kreise der Menschen entrückt war, göttliche Verehrung zu Theil; begraben wurde sie zu Memphis, wo man noch gegenwärtig (ungefähr 50 Jahre v. Chr.) ihr Grabmal im heiligen Hain des Vulcan zeigt.« – Plutarch fügt zu diesen Angaben Diodors hinzu: »Rhea ward mit dem Sonnengotte vermählt, und gebar, von ihm und Andern erzeugt, Saturn und Mercur, worüber erzürnt, ihr Gatte sie verfluchte, dass sie weder in einem Jahr noch in einem Monat gebären sollte. Diesen Fluch löste

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/352>, abgerufen am 21.11.2024.