Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

Erichthonius zwölf windschnelle Füllen. Auf dem Thurme der Winde zu Athen war er als bärtiger Mann dargestellt; seine Bekleidung erinnert an die Kälte, die er bringt, sein Meerhorn an den hohlen Ton, den das Wehen dieses Windes hervorruft.


Boreasmi (Gr. Cultus), Feste, welche in Athen zu Ehren des Boreas gefeiert wurden.


Borghildur (Nord. M.), die in den nordischen Heldensagen berühmte Mutter Hamunds und des Hundingtödters Helgis; sie war vermählt mit Sigmund dem Volsungen, der sie jedoch verstiess, da sie ihren Stiefsohn Sinfiotli vergiftet hatte, um den an ihrem Bruder Gumar begangenen Mord zu rächen.


Borus (Gr. M.), Sohn des Perieres; er heirathete Polydora, des Peleus Tochter, und bekam von derselben einen Sohn Menesthius, der aber eigentlich den Fluss Sperchius zum Vater hatte.


Borysthenes (Gr. M.), König der Scythen und Vater des Thoas, Königs von Taurien, zu welchem Iphigenia gebracht wurde, als Diana sie dem Opferstahle des Calchas entführte.


Boschasp (Pers. M.), einer der sieben Erzdews, welche Ahriman den sieben Amschaspands des Ormuzd entgegensetzt; dieser tödtet den Urstier Abudad durch seine einschläfernde Kraft, und kämpft mit Schariwer, dem Lichtgenius des Ormuzd.


Botachus (Gr. M.), Sohn des Iocritus, Enkel des arcadischen Lycurgus, von welchem eine Gemeinde Botachidä, im Gebiet von Tegea in Arcadien, den Namen führte.


Botres (Gr. M.), Sohn des Eugnotus, der es wagte, von dem Gehirn eines dem Apollo geopferten Lammes, ehe es noch auf den Altar gelegt war, zu essen. Sein Vater gerieth hierüber in so heftigen Zorn, dass er mit einem Brande des Opferfeuers seinen Sohn erschlug; doch Apollo, der ihm wegen der vielen Spenden sehr gewogen war, verwandelte den Knaben in einen Vogel Aerops (Bienenfresser), der in einem unterirdischen Neste brütet und immer flattert.


Bottiaeisches Fest (Gr. Götterdienst), ein Fest, welches die Bottiäer in Macedonien feierten, um sich ihres Ursprungs aus Athen zu erinnern. Um die Bildsäule der Minerva tanzten die Jungfrauen, der Göttin Blumen spendend und ein Lied singend, dessen wiederkehrende Anfangszeilen hiessen: "Lasst nach Athen uns ziehen."


Boeus (Gr. M.), Sohn des Hercules, Erbauer der Stadt Böä in Laconien, die er mit Colonisten aus Elis, Aphrodisias und Side bevölkerte.


Boze Sedleschko (Slav. M.), "die Weheklage", eine Gottheit der Sorben und Wenden, welche in der Gestalt eines kleinen, nichtgekleideten Kindes verehrt wird.


Brachmanen. Die alten Griechen erzählen von einer indischen Secte, in der wir fast ganz diejenigen Braminen erkennen, welche sich Jogis nennen. Sie wurden damals, vor 2000 Jahren, mit dem Namen Gymnosophisten belegt, sollten nackend gehen, in Wäldern einsam wohnen, auf dem Felle eines Thieres schlafen und sich zu grausamen Büssungen verpflichten. Alles, wie wir es noch jetzt bei den Jogis finden. Damit passt nicht zusammen, dass sie sich angelegentlich mit den Wissenschaften, besonders mit Astronomie, Lesung heiliger Bücher beschäftigten, bei den Regenten des Landes in hohem Ansehen standen und von ihnen stets zu Rathe gezogen wurden, bei jedem Opfer zugegen waren, zahlreiche Schüler um sich versammelten, denen sie ihre Weisheit mittheilten, zwei Weiber heirathen durften etc. Wohl aber passt dieses Zug für Zug auf die eigentlichen Braminen, so dass man wohl sieht, diese und die Jogis wurden mit einander verwechselt, welches um so eher denkbar erscheint, als die Jogis durchgehends Braminen sind, nur dass sie mit ihrem 72sten Jahre aus der Priesterkaste scheiden und in eine höhere, heiligere Genossenschaft eintreten. (S. d. Art. Bhikschu.)


Braga oder Bragi (Nord. M.), Sohn Odins und der Frigga, Gott der Beredtsamkeit und Dichtkunst, der weiseste unter den Asen. Odin übergab jedem der Asen irgend eine Eigenschaft, welche derselbe wieder an seine Lieblinge verleihen konnte: so dem Thor die Stärke, der Freia die Liebe, dem Baldur die Schönheit, und so auch dem B. den begeisternden Dichtermeth; nun bewahrt B. denselben, spendet ihn jedoch nur an wenige Erlesene, macht aber selbst häufig Gebrauch davon, so dass seinem Munde kein geistloses Wort entflieht und Alles, was er sagt, Weisheit im Gewande der Schönheit ist. Den Ankommenden in Walhalla geht er entgegen in Gesellschaft des Hermode, sie mit dem Göttergrusse empfangend: "Tretet ein in Walhalla, geniesst Einheriarfrieden und trinket geheiligten Meth mit den Asen." Des Gottes Zunge ist mit Runen bezeichnet, und so wird er zum Erfinder der Sprache. Seine Gattin ist die jugendliche Itun (nach moderner Schreibart Iduna); sie besitzt die Aepfel der Unsterblichkeit: wem daher ihr Gatte Dichtermeth gibt, dem schenkt sie ewiges Leben im Andenken des Volkes. Der Gott war so hoch geehrt, dass Gelübde, bei seinem Becher abgelegt, unverbrüchlich gehalten wurden; auch bei dem Regierungsantritt eines Fürsten spielte dieser Becher (Bragafull) eine wichtige Rolle. Wenn die Leichenfeierlichkeiten für den verstorbenen Herrscher gehalten wurden, sass der neue König nicht auf dem Thron, sondern auf einem Stuhle vor demselben, bis von dem Priesterchor der Bragafull gebracht wurde; nun erhob er sich, ging demselben entgegen, ergriff ihn zum Preise des Gottes, legte irgend ein wichtiges, auf seine Regierung Bezug habendes Gelübde ab, und leerte ihn mit einem Zuge; musste er absetzen, so war diess ein sehr übles Vorzeichen. Nun erst bestieg er den Thron. - Merkwürdig ist, dass dem B. bei Aegirs Gastmahl aller Muth und alle kriegerische Tapferkeit durch den tückischen Loke abgesprochen wird, ohne dass diess seinem Ruhme Abbruch thut.


Brahaspadi, auch Brisput oder Vyasa (Ind. M.), der Planet Jupiter oder der ihn beherrschende und bewohnende Genius. Er ist Schutzgott der Gelehrsamkeit, und unterrichtet die guten Dämonen in den Wissenschaften, welche die heiligen Bücher enthalten. Seine Gemahlin war Tarci; sie hatte mit einem Freunde ihres Gatten, mit dem Genius des Mondes, Tschanderma, ein Liebesverständniss, welchem Buddha entsprang, den B., lange getäuscht, für seinen Sohn hielt, bis eine göttliche Offenbarung ihn belehrte, dass Buddha nicht mehr als er und nicht seiner Kraft entsprossen sei.


Brahm (Ind. M.), wohl zu unterscheiden von Brama, der Name des höchsten Wesens, des eigentlichen einzigen Gottes, während alle übrigen, Schiwa, Wischnu, Brama u. s. f. nur Manifestationen irgend einer seiner Eigenschaften sind; die hohe Idee, welche die Indier an B. knüpfen, geht aus den Beinamen hervor, mit denen sie ihn belegen: der Höchstvollkommene, der Anfanglose und Endlose, der Unbeschreibliche, der Alles Schauende, die Urseele des Weltalls. B. ist das einzig Bestehende, "nur in ihm leben, weben und sind wir;" die Welt, wie sie besteht, ist nur der Abglanz seines erhabenen Bildes, nur eine Offenbarung seiner Macht, und wenn sie aufhört, so geht sie nur zurück in sein Wesen, dessen Ausfluss sie war. Dennoch ist er und die Welt nicht eins, sondern sobald er sie als seinen Schatten gesetzt hat, ist sie vollkommen getrennt von ihm; um sich ihr zu nähern, nicht übermächtig, unbegreiflich und unanschaubar vor ihr zu stehen, schuf er ein Wesen voll Schönheit und Liebe, welches Maja heisst und die Göttin der Liebe, die Mutter dessen, was da ist, genannt werden muss; mit diesem Wesen verband sich B., und der Verbindung entsprangen drei seiner erhabensten Kräfte: Brama, der Schöpfer alles Lebenden, Wischnu, der Erhalter, und Schiwa, der Vernichter. Sie sind alle drei eins, sind die Trimurti, die Dreieinigkeit, und nicht von einander, noch von Gott unterschieden, dessen Kräfte sie sind. Hiedurch war Gott den Menschen näher getreten, und sie beteten nun eine seiner Offenbarungen an, und so bildeten sich die drei Secten des Brama, Schiwa und Wischnu aus, von denen jedoch die erstere bald durch die beiden andern verdrängt wurde.


Brama Fig. 60. (Ind. M.), der schaffende Gott, ein mächtiges Glied der indischen Dreieinigkeit (Schöpfer, Erhalter, Zerstörer, Brama, Wischnu, Schiwa.) B. heisst die Wissenschaft der Gesetze, weil er nach ewig waltenden Gesetzen die Natur ordnete, nach welchen er auch der Lenker des Schicksals ist, in unwandelbarer Richtung die angefangene Schöpfung fortsetzt, Zeit und Dauer des Daseins bestimmt, und so nicht nur Leben, sondern auch Tod gibt. Er ist der Offenbarer der Veda's, seine Verehrung und Anbetung ist der älteste Cultus dieses Landes; ihm ist der Schwan unter den Thieren

Erichthonius zwölf windschnelle Füllen. Auf dem Thurme der Winde zu Athen war er als bärtiger Mann dargestellt; seine Bekleidung erinnert an die Kälte, die er bringt, sein Meerhorn an den hohlen Ton, den das Wehen dieses Windes hervorruft.


Boreasmi (Gr. Cultus), Feste, welche in Athen zu Ehren des Boreas gefeiert wurden.


Borghildur (Nord. M.), die in den nordischen Heldensagen berühmte Mutter Hamunds und des Hundingtödters Helgis; sie war vermählt mit Sigmund dem Volsungen, der sie jedoch verstiess, da sie ihren Stiefsohn Sinfiotli vergiftet hatte, um den an ihrem Bruder Gumar begangenen Mord zu rächen.


Borus (Gr. M.), Sohn des Perieres; er heirathete Polydora, des Peleus Tochter, und bekam von derselben einen Sohn Menesthius, der aber eigentlich den Fluss Sperchius zum Vater hatte.


Borysthenes (Gr. M.), König der Scythen und Vater des Thoas, Königs von Taurien, zu welchem Iphigenia gebracht wurde, als Diana sie dem Opferstahle des Calchas entführte.


Boschasp (Pers. M.), einer der sieben Erzdews, welche Ahriman den sieben Amschaspands des Ormuzd entgegensetzt; dieser tödtet den Urstier Abudad durch seine einschläfernde Kraft, und kämpft mit Schariwer, dem Lichtgenius des Ormuzd.


Botachus (Gr. M.), Sohn des Iocritus, Enkel des arcadischen Lycurgus, von welchem eine Gemeinde Botachidä, im Gebiet von Tegea in Arcadien, den Namen führte.


Botres (Gr. M.), Sohn des Eugnotus, der es wagte, von dem Gehirn eines dem Apollo geopferten Lammes, ehe es noch auf den Altar gelegt war, zu essen. Sein Vater gerieth hierüber in so heftigen Zorn, dass er mit einem Brande des Opferfeuers seinen Sohn erschlug; doch Apollo, der ihm wegen der vielen Spenden sehr gewogen war, verwandelte den Knaben in einen Vogel Aërops (Bienenfresser), der in einem unterirdischen Neste brütet und immer flattert.


Bottiaeisches Fest (Gr. Götterdienst), ein Fest, welches die Bottiäer in Macedonien feierten, um sich ihres Ursprungs aus Athen zu erinnern. Um die Bildsäule der Minerva tanzten die Jungfrauen, der Göttin Blumen spendend und ein Lied singend, dessen wiederkehrende Anfangszeilen hiessen: »Lasst nach Athen uns ziehen.«


Boeus (Gr. M.), Sohn des Hercules, Erbauer der Stadt Böä in Laconien, die er mit Colonisten aus Elis, Aphrodisias und Side bevölkerte.


Boze Sedleschko (Slav. M.), »die Weheklage«, eine Gottheit der Sorben und Wenden, welche in der Gestalt eines kleinen, nichtgekleideten Kindes verehrt wird.


Brachmanen. Die alten Griechen erzählen von einer indischen Secte, in der wir fast ganz diejenigen Braminen erkennen, welche sich Jogis nennen. Sie wurden damals, vor 2000 Jahren, mit dem Namen Gymnosophisten belegt, sollten nackend gehen, in Wäldern einsam wohnen, auf dem Felle eines Thieres schlafen und sich zu grausamen Büssungen verpflichten. Alles, wie wir es noch jetzt bei den Jogis finden. Damit passt nicht zusammen, dass sie sich angelegentlich mit den Wissenschaften, besonders mit Astronomie, Lesung heiliger Bücher beschäftigten, bei den Regenten des Landes in hohem Ansehen standen und von ihnen stets zu Rathe gezogen wurden, bei jedem Opfer zugegen waren, zahlreiche Schüler um sich versammelten, denen sie ihre Weisheit mittheilten, zwei Weiber heirathen durften etc. Wohl aber passt dieses Zug für Zug auf die eigentlichen Braminen, so dass man wohl sieht, diese und die Jogis wurden mit einander verwechselt, welches um so eher denkbar erscheint, als die Jogis durchgehends Braminen sind, nur dass sie mit ihrem 72sten Jahre aus der Priesterkaste scheiden und in eine höhere, heiligere Genossenschaft eintreten. (S. d. Art. Bhikschu.)


Braga oder Bragi (Nord. M.), Sohn Odins und der Frigga, Gott der Beredtsamkeit und Dichtkunst, der weiseste unter den Asen. Odin übergab jedem der Asen irgend eine Eigenschaft, welche derselbe wieder an seine Lieblinge verleihen konnte: so dem Thor die Stärke, der Freia die Liebe, dem Baldur die Schönheit, und so auch dem B. den begeisternden Dichtermeth; nun bewahrt B. denselben, spendet ihn jedoch nur an wenige Erlesene, macht aber selbst häufig Gebrauch davon, so dass seinem Munde kein geistloses Wort entflieht und Alles, was er sagt, Weisheit im Gewande der Schönheit ist. Den Ankommenden in Walhalla geht er entgegen in Gesellschaft des Hermode, sie mit dem Göttergrusse empfangend: »Tretet ein in Walhalla, geniesst Einheriarfrieden und trinket geheiligten Meth mit den Asen.« Des Gottes Zunge ist mit Runen bezeichnet, und so wird er zum Erfinder der Sprache. Seine Gattin ist die jugendliche Itun (nach moderner Schreibart Iduna); sie besitzt die Aepfel der Unsterblichkeit: wem daher ihr Gatte Dichtermeth gibt, dem schenkt sie ewiges Leben im Andenken des Volkes. Der Gott war so hoch geehrt, dass Gelübde, bei seinem Becher abgelegt, unverbrüchlich gehalten wurden; auch bei dem Regierungsantritt eines Fürsten spielte dieser Becher (Bragafull) eine wichtige Rolle. Wenn die Leichenfeierlichkeiten für den verstorbenen Herrscher gehalten wurden, sass der neue König nicht auf dem Thron, sondern auf einem Stuhle vor demselben, bis von dem Priesterchor der Bragafull gebracht wurde; nun erhob er sich, ging demselben entgegen, ergriff ihn zum Preise des Gottes, legte irgend ein wichtiges, auf seine Regierung Bezug habendes Gelübde ab, und leerte ihn mit einem Zuge; musste er absetzen, so war diess ein sehr übles Vorzeichen. Nun erst bestieg er den Thron. – Merkwürdig ist, dass dem B. bei Aegirs Gastmahl aller Muth und alle kriegerische Tapferkeit durch den tückischen Loke abgesprochen wird, ohne dass diess seinem Ruhme Abbruch thut.


Brahaspadi, auch Brisput oder Vyasa (Ind. M.), der Planet Jupiter oder der ihn beherrschende und bewohnende Genius. Er ist Schutzgott der Gelehrsamkeit, und unterrichtet die guten Dämonen in den Wissenschaften, welche die heiligen Bücher enthalten. Seine Gemahlin war Tarci; sie hatte mit einem Freunde ihres Gatten, mit dem Genius des Mondes, Tschanderma, ein Liebesverständniss, welchem Buddha entsprang, den B., lange getäuscht, für seinen Sohn hielt, bis eine göttliche Offenbarung ihn belehrte, dass Buddha nicht mehr als er und nicht seiner Kraft entsprossen sei.


Brahm (Ind. M.), wohl zu unterscheiden von Brama, der Name des höchsten Wesens, des eigentlichen einzigen Gottes, während alle übrigen, Schiwa, Wischnu, Brama u. s. f. nur Manifestationen irgend einer seiner Eigenschaften sind; die hohe Idee, welche die Indier an B. knüpfen, geht aus den Beinamen hervor, mit denen sie ihn belegen: der Höchstvollkommene, der Anfanglose und Endlose, der Unbeschreibliche, der Alles Schauende, die Urseele des Weltalls. B. ist das einzig Bestehende, »nur in ihm leben, weben und sind wir;« die Welt, wie sie besteht, ist nur der Abglanz seines erhabenen Bildes, nur eine Offenbarung seiner Macht, und wenn sie aufhört, so geht sie nur zurück in sein Wesen, dessen Ausfluss sie war. Dennoch ist er und die Welt nicht eins, sondern sobald er sie als seinen Schatten gesetzt hat, ist sie vollkommen getrennt von ihm; um sich ihr zu nähern, nicht übermächtig, unbegreiflich und unanschaubar vor ihr zu stehen, schuf er ein Wesen voll Schönheit und Liebe, welches Maja heisst und die Göttin der Liebe, die Mutter dessen, was da ist, genannt werden muss; mit diesem Wesen verband sich B., und der Verbindung entsprangen drei seiner erhabensten Kräfte: Brama, der Schöpfer alles Lebenden, Wischnu, der Erhalter, und Schiwa, der Vernichter. Sie sind alle drei eins, sind die Trimurti, die Dreieinigkeit, und nicht von einander, noch von Gott unterschieden, dessen Kräfte sie sind. Hiedurch war Gott den Menschen näher getreten, und sie beteten nun eine seiner Offenbarungen an, und so bildeten sich die drei Secten des Brama, Schiwa und Wischnu aus, von denen jedoch die erstere bald durch die beiden andern verdrängt wurde.


Brama Fig. 60. (Ind. M.), der schaffende Gott, ein mächtiges Glied der indischen Dreieinigkeit (Schöpfer, Erhalter, Zerstörer, Brama, Wischnu, Schiwa.) B. heisst die Wissenschaft der Gesetze, weil er nach ewig waltenden Gesetzen die Natur ordnete, nach welchen er auch der Lenker des Schicksals ist, in unwandelbarer Richtung die angefangene Schöpfung fortsetzt, Zeit und Dauer des Daseins bestimmt, und so nicht nur Leben, sondern auch Tod gibt. Er ist der Offenbarer der Veda's, seine Verehrung und Anbetung ist der älteste Cultus dieses Landes; ihm ist der Schwan unter den Thieren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0180" n="110"/>
Erichthonius zwölf windschnelle Füllen. Auf dem Thurme der Winde zu Athen war er als bärtiger Mann dargestellt; seine Bekleidung erinnert an die Kälte, die er bringt, sein Meerhorn an den hohlen Ton, den das Wehen dieses Windes hervorruft.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Boreasmi</hi> (Gr. Cultus), Feste, welche in Athen zu Ehren des Boreas gefeiert wurden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Borghildur</hi> (Nord. M.), die in den nordischen Heldensagen berühmte Mutter Hamunds und des Hundingtödters Helgis; sie war vermählt mit Sigmund dem Volsungen, der sie jedoch verstiess, da sie ihren Stiefsohn Sinfiotli vergiftet hatte, um den an ihrem Bruder Gumar begangenen Mord zu rächen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Borus</hi> (Gr. M.), Sohn des Perieres; er heirathete Polydora, des Peleus Tochter, und bekam von derselben einen Sohn Menesthius, der aber eigentlich den Fluss Sperchius zum Vater hatte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Borysthenes</hi> (Gr. M.), König der Scythen und Vater des Thoas, Königs von Taurien, zu welchem Iphigenia gebracht wurde, als Diana sie dem Opferstahle des Calchas entführte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Boschasp</hi> (Pers. M.), einer der sieben Erzdews, welche Ahriman den sieben Amschaspands des Ormuzd entgegensetzt; dieser tödtet den Urstier Abudad durch seine einschläfernde Kraft, und kämpft mit Schariwer, dem Lichtgenius des Ormuzd.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Botachus</hi> (Gr. M.), Sohn des Iocritus, Enkel des arcadischen Lycurgus, von welchem eine Gemeinde Botachidä, im Gebiet von Tegea in Arcadien, den Namen führte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Botres</hi> (Gr. M.), Sohn des Eugnotus, der es wagte, von dem Gehirn eines dem Apollo geopferten Lammes, ehe es noch auf den Altar gelegt war, zu essen. Sein Vater gerieth hierüber in so heftigen Zorn, dass er mit einem Brande des Opferfeuers seinen Sohn erschlug; doch Apollo, der ihm wegen der vielen Spenden sehr gewogen war, verwandelte den Knaben in einen Vogel Aërops (Bienenfresser), der in einem unterirdischen Neste brütet und immer flattert.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Bottiaeisches Fest</hi> (Gr. Götterdienst), ein Fest, welches die Bottiäer in Macedonien feierten, um sich ihres Ursprungs aus Athen zu erinnern. Um die Bildsäule der Minerva tanzten die Jungfrauen, der Göttin Blumen spendend und ein Lied singend, dessen wiederkehrende Anfangszeilen hiessen: »Lasst nach Athen uns ziehen.«</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Boeus</hi> (Gr. M.), Sohn des Hercules, Erbauer der Stadt Böä in Laconien, die er mit Colonisten aus Elis, Aphrodisias und Side bevölkerte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Boze Sedleschko</hi> (Slav. M.), »die Weheklage«, eine Gottheit der Sorben und Wenden, welche in der Gestalt eines kleinen, nichtgekleideten Kindes verehrt wird.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Brachmanen</hi>. Die alten Griechen erzählen von einer indischen Secte, in der wir fast ganz diejenigen Braminen erkennen, welche sich Jogis nennen. Sie wurden damals, vor 2000 Jahren, mit dem Namen Gymnosophisten belegt, sollten nackend gehen, in Wäldern einsam wohnen, auf dem Felle eines Thieres schlafen und sich zu grausamen Büssungen verpflichten. Alles, wie wir es noch jetzt bei den Jogis finden. Damit passt nicht zusammen, dass sie sich angelegentlich mit den Wissenschaften, besonders mit Astronomie, Lesung heiliger Bücher beschäftigten, bei den Regenten des Landes in hohem Ansehen standen und von ihnen stets zu Rathe gezogen wurden, bei jedem Opfer zugegen waren, zahlreiche Schüler um sich versammelten, denen sie ihre Weisheit mittheilten, zwei Weiber heirathen durften etc. Wohl aber passt dieses Zug für Zug auf die eigentlichen Braminen, so dass man wohl sieht, diese und die Jogis wurden mit einander verwechselt, welches um so eher denkbar erscheint, als die Jogis durchgehends Braminen sind, nur dass sie mit ihrem 72sten Jahre aus der Priesterkaste scheiden und in eine höhere, heiligere Genossenschaft eintreten. (S. d. Art. Bhikschu.)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Braga</hi> oder <hi rendition="#b">Bragi</hi> (Nord. M.), Sohn Odins und der Frigga, Gott der Beredtsamkeit und Dichtkunst, der weiseste unter den Asen. Odin übergab jedem der Asen irgend eine Eigenschaft, welche derselbe wieder an seine Lieblinge verleihen konnte: so dem Thor die Stärke, der Freia die Liebe, dem Baldur die Schönheit, und so auch dem B. den begeisternden Dichtermeth; nun bewahrt B. denselben, spendet ihn jedoch nur an wenige Erlesene, macht aber selbst häufig Gebrauch davon, so dass seinem Munde kein geistloses Wort entflieht und Alles, was er sagt, Weisheit im Gewande der Schönheit ist. Den Ankommenden in Walhalla geht er entgegen in Gesellschaft des Hermode, sie mit dem Göttergrusse empfangend: »Tretet ein in Walhalla, geniesst Einheriarfrieden und trinket geheiligten Meth mit den Asen.« Des Gottes Zunge ist mit Runen bezeichnet, und so wird er zum Erfinder der Sprache. Seine Gattin ist die jugendliche Itun (nach moderner Schreibart Iduna); sie besitzt die Aepfel der Unsterblichkeit: wem daher ihr Gatte Dichtermeth gibt, dem schenkt sie ewiges Leben im Andenken des Volkes. Der Gott war so hoch geehrt, dass Gelübde, bei seinem Becher abgelegt, unverbrüchlich gehalten wurden; auch bei dem Regierungsantritt eines Fürsten spielte dieser Becher (Bragafull) eine wichtige Rolle. Wenn die Leichenfeierlichkeiten für den verstorbenen Herrscher gehalten wurden, sass der neue König nicht auf dem Thron, sondern auf einem Stuhle vor demselben, bis von dem Priesterchor der Bragafull gebracht wurde; nun erhob er sich, ging demselben entgegen, ergriff ihn zum Preise des Gottes, legte irgend ein wichtiges, auf seine Regierung Bezug habendes Gelübde ab, und leerte ihn mit einem Zuge; musste er absetzen, so war diess ein sehr übles Vorzeichen. Nun erst bestieg er den Thron. &#x2013; Merkwürdig ist, dass dem B. bei Aegirs Gastmahl aller Muth und alle kriegerische Tapferkeit durch den tückischen Loke abgesprochen wird, ohne dass diess seinem Ruhme Abbruch thut.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Brahaspadi</hi>, auch <hi rendition="#b">Brisput</hi> oder <hi rendition="#b">Vyasa</hi> (Ind. M.), der Planet Jupiter oder der ihn beherrschende und bewohnende Genius. Er ist Schutzgott der Gelehrsamkeit, und unterrichtet die guten Dämonen in den Wissenschaften, welche die heiligen Bücher enthalten. Seine Gemahlin war Tarci; sie hatte mit einem Freunde ihres Gatten, mit dem Genius des Mondes, Tschanderma, ein Liebesverständniss, welchem Buddha entsprang, den B., lange getäuscht, für seinen Sohn hielt, bis eine göttliche Offenbarung ihn belehrte, dass Buddha nicht mehr als er und nicht seiner Kraft entsprossen sei.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Brahm</hi> (Ind. M.), wohl zu unterscheiden von Brama, der Name des höchsten Wesens, des eigentlichen einzigen Gottes, während alle übrigen, Schiwa, Wischnu, Brama u. s. f. nur Manifestationen irgend einer seiner Eigenschaften sind; die hohe Idee, welche die Indier an B. knüpfen, geht aus den Beinamen hervor, mit denen sie ihn belegen: der Höchstvollkommene, der Anfanglose und Endlose, der Unbeschreibliche, der Alles Schauende, die Urseele des Weltalls. B. ist das einzig Bestehende, »nur in ihm leben, weben und sind wir;« die Welt, wie sie besteht, ist nur der Abglanz seines erhabenen Bildes, nur eine Offenbarung seiner Macht, und wenn sie aufhört, so geht sie nur zurück in sein Wesen, dessen Ausfluss sie war. Dennoch ist er und die Welt nicht eins, sondern sobald er sie als seinen Schatten gesetzt hat, ist sie vollkommen getrennt von ihm; um sich ihr zu nähern, nicht übermächtig, unbegreiflich und unanschaubar vor ihr zu stehen, schuf er ein Wesen voll Schönheit und Liebe, welches Maja heisst und die Göttin der Liebe, die Mutter dessen, was da ist, genannt werden muss; mit diesem Wesen verband sich B., und der Verbindung entsprangen drei seiner erhabensten Kräfte: Brama, der Schöpfer alles Lebenden, Wischnu, der Erhalter, und Schiwa, der Vernichter. Sie sind alle drei eins, sind die Trimurti, die Dreieinigkeit, und nicht von einander, noch von Gott unterschieden, dessen Kräfte sie sind. Hiedurch war Gott den Menschen näher getreten, und sie beteten nun eine seiner Offenbarungen an, und so bildeten sich die drei Secten des Brama, Schiwa und Wischnu aus, von denen jedoch die erstere bald durch die beiden andern verdrängt wurde.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Brama</hi> Fig. 60. (Ind. M.), der schaffende Gott, ein mächtiges Glied der indischen Dreieinigkeit (Schöpfer, Erhalter, Zerstörer, Brama, Wischnu, Schiwa.) B. heisst die Wissenschaft der Gesetze, weil er nach ewig waltenden Gesetzen die Natur ordnete, nach welchen er auch der Lenker des Schicksals ist, in unwandelbarer Richtung die angefangene Schöpfung fortsetzt, Zeit und Dauer des Daseins bestimmt, und so nicht nur Leben, sondern auch Tod gibt. Er ist der Offenbarer der Veda's, seine Verehrung und Anbetung ist der älteste Cultus dieses Landes; ihm ist der Schwan unter den Thieren
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0180] Erichthonius zwölf windschnelle Füllen. Auf dem Thurme der Winde zu Athen war er als bärtiger Mann dargestellt; seine Bekleidung erinnert an die Kälte, die er bringt, sein Meerhorn an den hohlen Ton, den das Wehen dieses Windes hervorruft. Boreasmi (Gr. Cultus), Feste, welche in Athen zu Ehren des Boreas gefeiert wurden. Borghildur (Nord. M.), die in den nordischen Heldensagen berühmte Mutter Hamunds und des Hundingtödters Helgis; sie war vermählt mit Sigmund dem Volsungen, der sie jedoch verstiess, da sie ihren Stiefsohn Sinfiotli vergiftet hatte, um den an ihrem Bruder Gumar begangenen Mord zu rächen. Borus (Gr. M.), Sohn des Perieres; er heirathete Polydora, des Peleus Tochter, und bekam von derselben einen Sohn Menesthius, der aber eigentlich den Fluss Sperchius zum Vater hatte. Borysthenes (Gr. M.), König der Scythen und Vater des Thoas, Königs von Taurien, zu welchem Iphigenia gebracht wurde, als Diana sie dem Opferstahle des Calchas entführte. Boschasp (Pers. M.), einer der sieben Erzdews, welche Ahriman den sieben Amschaspands des Ormuzd entgegensetzt; dieser tödtet den Urstier Abudad durch seine einschläfernde Kraft, und kämpft mit Schariwer, dem Lichtgenius des Ormuzd. Botachus (Gr. M.), Sohn des Iocritus, Enkel des arcadischen Lycurgus, von welchem eine Gemeinde Botachidä, im Gebiet von Tegea in Arcadien, den Namen führte. Botres (Gr. M.), Sohn des Eugnotus, der es wagte, von dem Gehirn eines dem Apollo geopferten Lammes, ehe es noch auf den Altar gelegt war, zu essen. Sein Vater gerieth hierüber in so heftigen Zorn, dass er mit einem Brande des Opferfeuers seinen Sohn erschlug; doch Apollo, der ihm wegen der vielen Spenden sehr gewogen war, verwandelte den Knaben in einen Vogel Aërops (Bienenfresser), der in einem unterirdischen Neste brütet und immer flattert. Bottiaeisches Fest (Gr. Götterdienst), ein Fest, welches die Bottiäer in Macedonien feierten, um sich ihres Ursprungs aus Athen zu erinnern. Um die Bildsäule der Minerva tanzten die Jungfrauen, der Göttin Blumen spendend und ein Lied singend, dessen wiederkehrende Anfangszeilen hiessen: »Lasst nach Athen uns ziehen.« Boeus (Gr. M.), Sohn des Hercules, Erbauer der Stadt Böä in Laconien, die er mit Colonisten aus Elis, Aphrodisias und Side bevölkerte. Boze Sedleschko (Slav. M.), »die Weheklage«, eine Gottheit der Sorben und Wenden, welche in der Gestalt eines kleinen, nichtgekleideten Kindes verehrt wird. Brachmanen. Die alten Griechen erzählen von einer indischen Secte, in der wir fast ganz diejenigen Braminen erkennen, welche sich Jogis nennen. Sie wurden damals, vor 2000 Jahren, mit dem Namen Gymnosophisten belegt, sollten nackend gehen, in Wäldern einsam wohnen, auf dem Felle eines Thieres schlafen und sich zu grausamen Büssungen verpflichten. Alles, wie wir es noch jetzt bei den Jogis finden. Damit passt nicht zusammen, dass sie sich angelegentlich mit den Wissenschaften, besonders mit Astronomie, Lesung heiliger Bücher beschäftigten, bei den Regenten des Landes in hohem Ansehen standen und von ihnen stets zu Rathe gezogen wurden, bei jedem Opfer zugegen waren, zahlreiche Schüler um sich versammelten, denen sie ihre Weisheit mittheilten, zwei Weiber heirathen durften etc. Wohl aber passt dieses Zug für Zug auf die eigentlichen Braminen, so dass man wohl sieht, diese und die Jogis wurden mit einander verwechselt, welches um so eher denkbar erscheint, als die Jogis durchgehends Braminen sind, nur dass sie mit ihrem 72sten Jahre aus der Priesterkaste scheiden und in eine höhere, heiligere Genossenschaft eintreten. (S. d. Art. Bhikschu.) Braga oder Bragi (Nord. M.), Sohn Odins und der Frigga, Gott der Beredtsamkeit und Dichtkunst, der weiseste unter den Asen. Odin übergab jedem der Asen irgend eine Eigenschaft, welche derselbe wieder an seine Lieblinge verleihen konnte: so dem Thor die Stärke, der Freia die Liebe, dem Baldur die Schönheit, und so auch dem B. den begeisternden Dichtermeth; nun bewahrt B. denselben, spendet ihn jedoch nur an wenige Erlesene, macht aber selbst häufig Gebrauch davon, so dass seinem Munde kein geistloses Wort entflieht und Alles, was er sagt, Weisheit im Gewande der Schönheit ist. Den Ankommenden in Walhalla geht er entgegen in Gesellschaft des Hermode, sie mit dem Göttergrusse empfangend: »Tretet ein in Walhalla, geniesst Einheriarfrieden und trinket geheiligten Meth mit den Asen.« Des Gottes Zunge ist mit Runen bezeichnet, und so wird er zum Erfinder der Sprache. Seine Gattin ist die jugendliche Itun (nach moderner Schreibart Iduna); sie besitzt die Aepfel der Unsterblichkeit: wem daher ihr Gatte Dichtermeth gibt, dem schenkt sie ewiges Leben im Andenken des Volkes. Der Gott war so hoch geehrt, dass Gelübde, bei seinem Becher abgelegt, unverbrüchlich gehalten wurden; auch bei dem Regierungsantritt eines Fürsten spielte dieser Becher (Bragafull) eine wichtige Rolle. Wenn die Leichenfeierlichkeiten für den verstorbenen Herrscher gehalten wurden, sass der neue König nicht auf dem Thron, sondern auf einem Stuhle vor demselben, bis von dem Priesterchor der Bragafull gebracht wurde; nun erhob er sich, ging demselben entgegen, ergriff ihn zum Preise des Gottes, legte irgend ein wichtiges, auf seine Regierung Bezug habendes Gelübde ab, und leerte ihn mit einem Zuge; musste er absetzen, so war diess ein sehr übles Vorzeichen. Nun erst bestieg er den Thron. – Merkwürdig ist, dass dem B. bei Aegirs Gastmahl aller Muth und alle kriegerische Tapferkeit durch den tückischen Loke abgesprochen wird, ohne dass diess seinem Ruhme Abbruch thut. Brahaspadi, auch Brisput oder Vyasa (Ind. M.), der Planet Jupiter oder der ihn beherrschende und bewohnende Genius. Er ist Schutzgott der Gelehrsamkeit, und unterrichtet die guten Dämonen in den Wissenschaften, welche die heiligen Bücher enthalten. Seine Gemahlin war Tarci; sie hatte mit einem Freunde ihres Gatten, mit dem Genius des Mondes, Tschanderma, ein Liebesverständniss, welchem Buddha entsprang, den B., lange getäuscht, für seinen Sohn hielt, bis eine göttliche Offenbarung ihn belehrte, dass Buddha nicht mehr als er und nicht seiner Kraft entsprossen sei. Brahm (Ind. M.), wohl zu unterscheiden von Brama, der Name des höchsten Wesens, des eigentlichen einzigen Gottes, während alle übrigen, Schiwa, Wischnu, Brama u. s. f. nur Manifestationen irgend einer seiner Eigenschaften sind; die hohe Idee, welche die Indier an B. knüpfen, geht aus den Beinamen hervor, mit denen sie ihn belegen: der Höchstvollkommene, der Anfanglose und Endlose, der Unbeschreibliche, der Alles Schauende, die Urseele des Weltalls. B. ist das einzig Bestehende, »nur in ihm leben, weben und sind wir;« die Welt, wie sie besteht, ist nur der Abglanz seines erhabenen Bildes, nur eine Offenbarung seiner Macht, und wenn sie aufhört, so geht sie nur zurück in sein Wesen, dessen Ausfluss sie war. Dennoch ist er und die Welt nicht eins, sondern sobald er sie als seinen Schatten gesetzt hat, ist sie vollkommen getrennt von ihm; um sich ihr zu nähern, nicht übermächtig, unbegreiflich und unanschaubar vor ihr zu stehen, schuf er ein Wesen voll Schönheit und Liebe, welches Maja heisst und die Göttin der Liebe, die Mutter dessen, was da ist, genannt werden muss; mit diesem Wesen verband sich B., und der Verbindung entsprangen drei seiner erhabensten Kräfte: Brama, der Schöpfer alles Lebenden, Wischnu, der Erhalter, und Schiwa, der Vernichter. Sie sind alle drei eins, sind die Trimurti, die Dreieinigkeit, und nicht von einander, noch von Gott unterschieden, dessen Kräfte sie sind. Hiedurch war Gott den Menschen näher getreten, und sie beteten nun eine seiner Offenbarungen an, und so bildeten sich die drei Secten des Brama, Schiwa und Wischnu aus, von denen jedoch die erstere bald durch die beiden andern verdrängt wurde. Brama Fig. 60. (Ind. M.), der schaffende Gott, ein mächtiges Glied der indischen Dreieinigkeit (Schöpfer, Erhalter, Zerstörer, Brama, Wischnu, Schiwa.) B. heisst die Wissenschaft der Gesetze, weil er nach ewig waltenden Gesetzen die Natur ordnete, nach welchen er auch der Lenker des Schicksals ist, in unwandelbarer Richtung die angefangene Schöpfung fortsetzt, Zeit und Dauer des Daseins bestimmt, und so nicht nur Leben, sondern auch Tod gibt. Er ist der Offenbarer der Veda's, seine Verehrung und Anbetung ist der älteste Cultus dieses Landes; ihm ist der Schwan unter den Thieren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/180
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/180>, abgerufen am 22.12.2024.