Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.gemolken. Das ist die Macht der materiellen Verhältnisse im Thierstaate! - Man will bemerkt haben, daß bei solchen Schlachten die Ameisen von der Gattung der Edlen sich nicht zwischen die streitenden Brüder werfen, wenn sie dies auch früher versprochen haben sollten; sondern daß sie sich aus dem Kampfe zurückziehen und, wenn die Wanzen siegen sollten, sogar diesen sich unterwerfen, ihnen schmeicheln und schön thun. Zuweilen gelingt es ihnen dann, im Wanzenstaate zu Ehrenstellen zu gelangen - meist aber werden sie mit Fußtritten und Rüsselstößen zurückgewiesen. Dann ziehen sie sich als einsame "Edle" (Formicae Cincinnati nach Linne) auf irgend einen Zweig zurück, melken dort ihre Blattläuse, tragen den Mehlthau umher und beschäftigen sich vielfach mit diesen und ähnlichen Zweigen ameisentlicher Landwirthschaft. Ich kann auf solche Einzelheiten jetzt nicht eingehen. Faßt ja doch stets der Deutsche die Frage erst in ihrer Allgemeinheit auf, um dann in's Specielle einzudringen (praktische Völker machen es umgekehrt), warum sollte ich mich so weit von meiner deutschen Natur entfernen? Klebt doch überhaupt, nach Herrn Laube, der Linken so viel französisches Wesen an, daß man stets sich selber im Auge haben muß, um nicht hie und da auf dem deutschen Rocke ein wälsches Fäserchen zu entdecken. Ich fahre fort, um Herrn Laube keinen Stoff zu wälschen Entdeckungen zu geben, im Allgemeinen über Thierstaaten zu plaudern. Was könnten wir auch Besseres thun? Wir hatten uns das Plaudern so sehr angewöhnt in der Frankfurter Atmosphäre, daß es eigentlich ganz gegen unsere Natur ist, von den Wahlen zum preußischen Reichstage abzurathen. Die besten Männer gemolken. Das ist die Macht der materiellen Verhältnisse im Thierstaate! – Man will bemerkt haben, daß bei solchen Schlachten die Ameisen von der Gattung der Edlen sich nicht zwischen die streitenden Brüder werfen, wenn sie dies auch früher versprochen haben sollten; sondern daß sie sich aus dem Kampfe zurückziehen und, wenn die Wanzen siegen sollten, sogar diesen sich unterwerfen, ihnen schmeicheln und schön thun. Zuweilen gelingt es ihnen dann, im Wanzenstaate zu Ehrenstellen zu gelangen – meist aber werden sie mit Fußtritten und Rüsselstößen zurückgewiesen. Dann ziehen sie sich als einsame „Edle“ (Formicae Cincinnati nach Linné) auf irgend einen Zweig zurück, melken dort ihre Blattläuse, tragen den Mehlthau umher und beschäftigen sich vielfach mit diesen und ähnlichen Zweigen ameisentlicher Landwirthschaft. Ich kann auf solche Einzelheiten jetzt nicht eingehen. Faßt ja doch stets der Deutsche die Frage erst in ihrer Allgemeinheit auf, um dann in’s Specielle einzudringen (praktische Völker machen es umgekehrt), warum sollte ich mich so weit von meiner deutschen Natur entfernen? Klebt doch überhaupt, nach Herrn Laube, der Linken so viel französisches Wesen an, daß man stets sich selber im Auge haben muß, um nicht hie und da auf dem deutschen Rocke ein wälsches Fäserchen zu entdecken. Ich fahre fort, um Herrn Laube keinen Stoff zu wälschen Entdeckungen zu geben, im Allgemeinen über Thierstaaten zu plaudern. Was könnten wir auch Besseres thun? Wir hatten uns das Plaudern so sehr angewöhnt in der Frankfurter Atmosphäre, daß es eigentlich ganz gegen unsere Natur ist, von den Wahlen zum preußischen Reichstage abzurathen. Die besten Männer <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="15"/> gemolken. 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gemolken. Das ist die Macht der materiellen Verhältnisse im Thierstaate! –
Man will bemerkt haben, daß bei solchen Schlachten die Ameisen von der Gattung der Edlen sich nicht zwischen die streitenden Brüder werfen, wenn sie dies auch früher versprochen haben sollten; sondern daß sie sich aus dem Kampfe zurückziehen und, wenn die Wanzen siegen sollten, sogar diesen sich unterwerfen, ihnen schmeicheln und schön thun. Zuweilen gelingt es ihnen dann, im Wanzenstaate zu Ehrenstellen zu gelangen – meist aber werden sie mit Fußtritten und Rüsselstößen zurückgewiesen. Dann ziehen sie sich als einsame „Edle“ (Formicae Cincinnati nach Linné) auf irgend einen Zweig zurück, melken dort ihre Blattläuse, tragen den Mehlthau umher und beschäftigen sich vielfach mit diesen und ähnlichen Zweigen ameisentlicher Landwirthschaft.
Ich kann auf solche Einzelheiten jetzt nicht eingehen. Faßt ja doch stets der Deutsche die Frage erst in ihrer Allgemeinheit auf, um dann in’s Specielle einzudringen (praktische Völker machen es umgekehrt), warum sollte ich mich so weit von meiner deutschen Natur entfernen? Klebt doch überhaupt, nach Herrn Laube, der Linken so viel französisches Wesen an, daß man stets sich selber im Auge haben muß, um nicht hie und da auf dem deutschen Rocke ein wälsches Fäserchen zu entdecken. Ich fahre fort, um Herrn Laube keinen Stoff zu wälschen Entdeckungen zu geben, im Allgemeinen über Thierstaaten zu plaudern. Was könnten wir auch Besseres thun? Wir hatten uns das Plaudern so sehr angewöhnt in der Frankfurter Atmosphäre, daß es eigentlich ganz gegen unsere Natur ist, von den Wahlen zum preußischen Reichstage abzurathen. Die besten Männer
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Zitationshilfe: | Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/41>, abgerufen am 16.02.2025. |