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Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

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Bewohnern ihrer Waldwiese sprachen: "Kommt, machen wir einen Besuch dem gottesfürchtigen Beter, der dort an der Ecke im Grase wohnt. Der arme Einsiedler lebt ganz allein, ohne anderes Obdach als den freien Himmel, allen Stürmen der Witterung ausgesetzt, in harter Kasteiung und beständigem Gebete! Kommt, gehen wir zu ihm, bringen wir ihm zarte Grassprossen, die noch süß schmecken, frische Knospen und Blüthenkölbchen, um ihn zu erquicken und eine gute That an dem frommen Dulder zu thun! Er wird uns dafür segnen und die Gnade des Himmels auf unsere Häupter herabflehen!" Wie manchmal habe ich vergebens ein solch' jungfräuliches Heuschrecken-Gemüth gewarnt, wie manchmal harte Worte hören müssen, daß ich ein Verläumder sei und den Ruf des frommen betenden Einsiedlers aus Neid zu schwärzen suche. Ich erinnere mich, daß eine junge Grylle, eine herrliche Sängerin mit einer schmelzenden Stimme, die mich oft an heißen Sommertagen in mein Mittagsschläfchen einlullte, mir förmlich die Freundschaft aufsagte, weil sie mich für ein garstiges Lästermaul halten müsse...

Eine Stunde darauf war die Arme eine Beute des unersättlichen Heuchlers geworden. In ihrem letzten Todeskampfe heftete sie ihre tausend sterbenden Angen auf mich, der ich ängstlich schnurrend herzuflog, und rief mit gebrochener Stimme: "Flieh! sonst droht auch dir der Tod! Ich sterbe, ein Opfer blinden Vertrauens!"

Es gibt Verwandte dieser Heuchler und Beter in manchen heißen Ländern, welche in Ordensregeln geeinigt sind und durch deren scheinbare Beobachtung Viele täuschen. Man nennt sie Stabschrecken, denn ihr Spruch, welcher auch unter den Menschen bei einer gewissen verrufenen und

Bewohnern ihrer Waldwiese sprachen: „Kommt, machen wir einen Besuch dem gottesfürchtigen Beter, der dort an der Ecke im Grase wohnt. Der arme Einsiedler lebt ganz allein, ohne anderes Obdach als den freien Himmel, allen Stürmen der Witterung ausgesetzt, in harter Kasteiung und beständigem Gebete! Kommt, gehen wir zu ihm, bringen wir ihm zarte Grassprossen, die noch süß schmecken, frische Knospen und Blüthenkölbchen, um ihn zu erquicken und eine gute That an dem frommen Dulder zu thun! Er wird uns dafür segnen und die Gnade des Himmels auf unsere Häupter herabflehen!“ Wie manchmal habe ich vergebens ein solch’ jungfräuliches Heuschrecken-Gemüth gewarnt, wie manchmal harte Worte hören müssen, daß ich ein Verläumder sei und den Ruf des frommen betenden Einsiedlers aus Neid zu schwärzen suche. Ich erinnere mich, daß eine junge Grylle, eine herrliche Sängerin mit einer schmelzenden Stimme, die mich oft an heißen Sommertagen in mein Mittagsschläfchen einlullte, mir förmlich die Freundschaft aufsagte, weil sie mich für ein garstiges Lästermaul halten müsse...

Eine Stunde darauf war die Arme eine Beute des unersättlichen Heuchlers geworden. In ihrem letzten Todeskampfe heftete sie ihre tausend sterbenden Angen auf mich, der ich ängstlich schnurrend herzuflog, und rief mit gebrochener Stimme: „Flieh! sonst droht auch dir der Tod! Ich sterbe, ein Opfer blinden Vertrauens!“

Es gibt Verwandte dieser Heuchler und Beter in manchen heißen Ländern, welche in Ordensregeln geeinigt sind und durch deren scheinbare Beobachtung Viele täuschen. Man nennt sie Stabschrecken, denn ihr Spruch, welcher auch unter den Menschen bei einer gewissen verrufenen und

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[145/0173] Bewohnern ihrer Waldwiese sprachen: „Kommt, machen wir einen Besuch dem gottesfürchtigen Beter, der dort an der Ecke im Grase wohnt. Der arme Einsiedler lebt ganz allein, ohne anderes Obdach als den freien Himmel, allen Stürmen der Witterung ausgesetzt, in harter Kasteiung und beständigem Gebete! Kommt, gehen wir zu ihm, bringen wir ihm zarte Grassprossen, die noch süß schmecken, frische Knospen und Blüthenkölbchen, um ihn zu erquicken und eine gute That an dem frommen Dulder zu thun! Er wird uns dafür segnen und die Gnade des Himmels auf unsere Häupter herabflehen!“ Wie manchmal habe ich vergebens ein solch’ jungfräuliches Heuschrecken-Gemüth gewarnt, wie manchmal harte Worte hören müssen, daß ich ein Verläumder sei und den Ruf des frommen betenden Einsiedlers aus Neid zu schwärzen suche. Ich erinnere mich, daß eine junge Grylle, eine herrliche Sängerin mit einer schmelzenden Stimme, die mich oft an heißen Sommertagen in mein Mittagsschläfchen einlullte, mir förmlich die Freundschaft aufsagte, weil sie mich für ein garstiges Lästermaul halten müsse... Eine Stunde darauf war die Arme eine Beute des unersättlichen Heuchlers geworden. In ihrem letzten Todeskampfe heftete sie ihre tausend sterbenden Angen auf mich, der ich ängstlich schnurrend herzuflog, und rief mit gebrochener Stimme: „Flieh! sonst droht auch dir der Tod! Ich sterbe, ein Opfer blinden Vertrauens!“ Es gibt Verwandte dieser Heuchler und Beter in manchen heißen Ländern, welche in Ordensregeln geeinigt sind und durch deren scheinbare Beobachtung Viele täuschen. Man nennt sie Stabschrecken, denn ihr Spruch, welcher auch unter den Menschen bei einer gewissen verrufenen und

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/173>, abgerufen am 25.11.2024.