Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.mir unleserlich - selbst wenn eine königliche Akademie mich, wie Lepsius, mit Geld zum Studium vollauf ausgerüstet hätte, so würde ich wahrscheinlich noch weniger verstanden haben. Freilich entgeht mir so die Genugthuung, den Kukuk aus dem Wappen meines Mäcenas in hieroglyphischer Raupenschrift der Nachwelt an den Wänden irgend eines Museums zu übergeben! Fatale demokratische Geistesrichtung, welche uns jene Ermunterungen entzieht, die aus der Wissenschaft die melkende Kuh machen! Uns rohen, unwissenden, oberflächlichen, ungebildeten Subjekten bleibt sie nur die hehre Göttin, die stets in weitere Ferne entschwebt, je mehr wir uns nahen! Weise Staatsfrösche aus dem Centrumssumpfe, ihr, deren Andenken uns lange überleben wird, lehrt uns, ich beschwöre Euch, jenen zauberischen Unkengesang, jenes melodische Rhythmusgequack, das die Göttin zur melkenden Kuh wandelt, deren Milch ihr in Göttingen und Greifswald in reichlicher Fülle schlürft! - Doch hinweg mit diesem Bilde - zu meinen Hieroglyphen! - Ich fand mich getäuscht! Was ich lesen konnte, wußte ich schon lange aus unseren Naturgeschichten, und Denjenigen, welche keine Bücher lesen, haben die Zeitereignisse jene Wahrheiten mit blutigen Gedenkzeichen in das Gedächtniß zurückgerufen. Sie kannten sie schon lange, aus alten Sagen, ohne daß sie darum fester daran geglaubt hätten. Geht es uns doch mit Allem so! Was nackt und klar unserem Verstande oder unserem Wissen vorliegt, das wollen wir erst glauben, wenn wir es mühsam aus alten Hieroglyphen entziffert haben, und was in den vergilbten Pergamenten steht, glaubt man oft ohne weitere Prüfung. Das abgeschmackte Mährchen von Adam glauben die großen Kinder mir unleserlich – selbst wenn eine königliche Akademie mich, wie Lepsius, mit Geld zum Studium vollauf ausgerüstet hätte, so würde ich wahrscheinlich noch weniger verstanden haben. Freilich entgeht mir so die Genugthuung, den Kukuk aus dem Wappen meines Mäcenas in hieroglyphischer Raupenschrift der Nachwelt an den Wänden irgend eines Museums zu übergeben! Fatale demokratische Geistesrichtung, welche uns jene Ermunterungen entzieht, die aus der Wissenschaft die melkende Kuh machen! Uns rohen, unwissenden, oberflächlichen, ungebildeten Subjekten bleibt sie nur die hehre Göttin, die stets in weitere Ferne entschwebt, je mehr wir uns nahen! Weise Staatsfrösche aus dem Centrumssumpfe, ihr, deren Andenken uns lange überleben wird, lehrt uns, ich beschwöre Euch, jenen zauberischen Unkengesang, jenes melodische Rhythmusgequack, das die Göttin zur melkenden Kuh wandelt, deren Milch ihr in Göttingen und Greifswald in reichlicher Fülle schlürft! – Doch hinweg mit diesem Bilde – zu meinen Hieroglyphen! – Ich fand mich getäuscht! Was ich lesen konnte, wußte ich schon lange aus unseren Naturgeschichten, und Denjenigen, welche keine Bücher lesen, haben die Zeitereignisse jene Wahrheiten mit blutigen Gedenkzeichen in das Gedächtniß zurückgerufen. Sie kannten sie schon lange, aus alten Sagen, ohne daß sie darum fester daran geglaubt hätten. Geht es uns doch mit Allem so! Was nackt und klar unserem Verstande oder unserem Wissen vorliegt, das wollen wir erst glauben, wenn wir es mühsam aus alten Hieroglyphen entziffert haben, und was in den vergilbten Pergamenten steht, glaubt man oft ohne weitere Prüfung. Das abgeschmackte Mährchen von Adam glauben die großen Kinder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0153" n="125"/> mir unleserlich – selbst wenn eine königliche Akademie mich, wie Lepsius, mit Geld zum Studium vollauf ausgerüstet hätte, so würde ich wahrscheinlich noch weniger verstanden haben. Freilich entgeht mir so die Genugthuung, den Kukuk aus dem Wappen meines Mäcenas in hieroglyphischer Raupenschrift der Nachwelt an den Wänden irgend eines Museums zu übergeben! Fatale demokratische Geistesrichtung, welche uns jene Ermunterungen entzieht, die aus der Wissenschaft die melkende Kuh machen! Uns rohen, unwissenden, oberflächlichen, ungebildeten Subjekten bleibt sie nur die hehre Göttin, die stets in weitere Ferne entschwebt, je mehr wir uns nahen! Weise Staatsfrösche aus dem Centrumssumpfe, ihr, deren Andenken uns lange überleben wird, lehrt uns, ich beschwöre Euch, jenen zauberischen Unkengesang, jenes melodische Rhythmusgequack, das die Göttin zur melkenden Kuh wandelt, deren Milch ihr in Göttingen und Greifswald in reichlicher Fülle schlürft! – Doch hinweg mit diesem Bilde – zu meinen Hieroglyphen! – Ich fand mich getäuscht! Was ich lesen konnte, wußte ich schon lange aus unseren Naturgeschichten, und Denjenigen, welche keine Bücher lesen, haben die Zeitereignisse jene Wahrheiten mit blutigen Gedenkzeichen in das Gedächtniß zurückgerufen. Sie kannten sie schon lange, aus alten Sagen, ohne daß sie darum fester daran geglaubt hätten. Geht es uns doch mit Allem so! Was nackt und klar unserem Verstande oder unserem Wissen vorliegt, das wollen wir erst glauben, wenn wir es mühsam aus alten Hieroglyphen entziffert haben, und was in den vergilbten Pergamenten steht, glaubt man oft ohne weitere Prüfung. Das abgeschmackte Mährchen von Adam glauben die großen Kinder </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0153]
mir unleserlich – selbst wenn eine königliche Akademie mich, wie Lepsius, mit Geld zum Studium vollauf ausgerüstet hätte, so würde ich wahrscheinlich noch weniger verstanden haben. Freilich entgeht mir so die Genugthuung, den Kukuk aus dem Wappen meines Mäcenas in hieroglyphischer Raupenschrift der Nachwelt an den Wänden irgend eines Museums zu übergeben! Fatale demokratische Geistesrichtung, welche uns jene Ermunterungen entzieht, die aus der Wissenschaft die melkende Kuh machen! Uns rohen, unwissenden, oberflächlichen, ungebildeten Subjekten bleibt sie nur die hehre Göttin, die stets in weitere Ferne entschwebt, je mehr wir uns nahen! Weise Staatsfrösche aus dem Centrumssumpfe, ihr, deren Andenken uns lange überleben wird, lehrt uns, ich beschwöre Euch, jenen zauberischen Unkengesang, jenes melodische Rhythmusgequack, das die Göttin zur melkenden Kuh wandelt, deren Milch ihr in Göttingen und Greifswald in reichlicher Fülle schlürft! – Doch hinweg mit diesem Bilde – zu meinen Hieroglyphen! – Ich fand mich getäuscht! Was ich lesen konnte, wußte ich schon lange aus unseren Naturgeschichten, und Denjenigen, welche keine Bücher lesen, haben die Zeitereignisse jene Wahrheiten mit blutigen Gedenkzeichen in das Gedächtniß zurückgerufen. Sie kannten sie schon lange, aus alten Sagen, ohne daß sie darum fester daran geglaubt hätten. Geht es uns doch mit Allem so! Was nackt und klar unserem Verstande oder unserem Wissen vorliegt, das wollen wir erst glauben, wenn wir es mühsam aus alten Hieroglyphen entziffert haben, und was in den vergilbten Pergamenten steht, glaubt man oft ohne weitere Prüfung. Das abgeschmackte Mährchen von Adam glauben die großen Kinder
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