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Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

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Unglück der Volker bildet, schon in der Bienenwelt seine Begründung, vielleicht gar seine Berechtigung. Er beruht auf keinem sichtbaren Grunde - der Bienennachbar ist eben so konstitutionell geboren, erzogen und gesinnt, als derjenige, welcher ihn mit Stichen von der Staatsgrenze zurückjagt; - mit derselben dummen, entsagenden Treue würde er, nach dem Beispiel der Deutschen Zeitung, der Monarchie dienen, der er sich unterordnen will, und nicht einmal einen Flüster- oder Summverein zu Fortsetzung zahmer Opposition bilden; er würde in dem neuen Staate dieselben engen konstitutionellen Zellen, dieselben Schablonen, denselben Staatsmechanismus finden und ihm unbedingt zuschwören - aber nichts desto weniger weist der Nachbar ihn zurück. Vielleicht nur aus dem Grunde, weil er grüne, der andere gelbe Höschen trägt, weil er beim Gruße das linke Fühlhorn senkt, während der andere das rechte beugt - wer will dieß untersuchen? Geht es ja bei den Menschen gerade so, und ist doch besonders Deutschland der Boden, wo sich diese Aermlichkeiten, die man Stammes-Eigenthümlichkeiten zu nennen beliebte, so recht breit machen. Wie Bienen aus verschiedenen Stöcken feinden sie sich darum an, weil der eine einen schwarzgelb geringelten Haselstock, der andere eine schwarzweiß gebänderte Peitsche küssen muß, weil der eine eine weißrothe, der andere eine grünweiße Kokarde auf dem Hute tragen darf! Haben sie nicht überall die gleiche Misere, die gleiche Erbärmlichkeit zu tragen und darunter zu leiden?

Bei den Bienen gibt es ein Mittel, diese Stammesfeindschaft zu tilgen. Es ist das Wasser. Um zwei Stöcke mit einander zu vereinigen, wirft man ihre Bewohner in das Wasser. Sie werden bewußtlos - man fischt die

Unglück der Volker bildet, schon in der Bienenwelt seine Begründung, vielleicht gar seine Berechtigung. Er beruht auf keinem sichtbaren Grunde – der Bienennachbar ist eben so konstitutionell geboren, erzogen und gesinnt, als derjenige, welcher ihn mit Stichen von der Staatsgrenze zurückjagt; – mit derselben dummen, entsagenden Treue würde er, nach dem Beispiel der Deutschen Zeitung, der Monarchie dienen, der er sich unterordnen will, und nicht einmal einen Flüster- oder Summverein zu Fortsetzung zahmer Opposition bilden; er würde in dem neuen Staate dieselben engen konstitutionellen Zellen, dieselben Schablonen, denselben Staatsmechanismus finden und ihm unbedingt zuschwören – aber nichts desto weniger weist der Nachbar ihn zurück. Vielleicht nur aus dem Grunde, weil er grüne, der andere gelbe Höschen trägt, weil er beim Gruße das linke Fühlhorn senkt, während der andere das rechte beugt – wer will dieß untersuchen? Geht es ja bei den Menschen gerade so, und ist doch besonders Deutschland der Boden, wo sich diese Aermlichkeiten, die man Stammes-Eigenthümlichkeiten zu nennen beliebte, so recht breit machen. Wie Bienen aus verschiedenen Stöcken feinden sie sich darum an, weil der eine einen schwarzgelb geringelten Haselstock, der andere eine schwarzweiß gebänderte Peitsche küssen muß, weil der eine eine weißrothe, der andere eine grünweiße Kokarde auf dem Hute tragen darf! Haben sie nicht überall die gleiche Misere, die gleiche Erbärmlichkeit zu tragen und darunter zu leiden?

Bei den Bienen gibt es ein Mittel, diese Stammesfeindschaft zu tilgen. Es ist das Wasser. Um zwei Stöcke mit einander zu vereinigen, wirft man ihre Bewohner in das Wasser. Sie werden bewußtlos – man fischt die

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[84/0110] Unglück der Volker bildet, schon in der Bienenwelt seine Begründung, vielleicht gar seine Berechtigung. Er beruht auf keinem sichtbaren Grunde – der Bienennachbar ist eben so konstitutionell geboren, erzogen und gesinnt, als derjenige, welcher ihn mit Stichen von der Staatsgrenze zurückjagt; – mit derselben dummen, entsagenden Treue würde er, nach dem Beispiel der Deutschen Zeitung, der Monarchie dienen, der er sich unterordnen will, und nicht einmal einen Flüster- oder Summverein zu Fortsetzung zahmer Opposition bilden; er würde in dem neuen Staate dieselben engen konstitutionellen Zellen, dieselben Schablonen, denselben Staatsmechanismus finden und ihm unbedingt zuschwören – aber nichts desto weniger weist der Nachbar ihn zurück. Vielleicht nur aus dem Grunde, weil er grüne, der andere gelbe Höschen trägt, weil er beim Gruße das linke Fühlhorn senkt, während der andere das rechte beugt – wer will dieß untersuchen? Geht es ja bei den Menschen gerade so, und ist doch besonders Deutschland der Boden, wo sich diese Aermlichkeiten, die man Stammes-Eigenthümlichkeiten zu nennen beliebte, so recht breit machen. Wie Bienen aus verschiedenen Stöcken feinden sie sich darum an, weil der eine einen schwarzgelb geringelten Haselstock, der andere eine schwarzweiß gebänderte Peitsche küssen muß, weil der eine eine weißrothe, der andere eine grünweiße Kokarde auf dem Hute tragen darf! Haben sie nicht überall die gleiche Misere, die gleiche Erbärmlichkeit zu tragen und darunter zu leiden? Bei den Bienen gibt es ein Mittel, diese Stammesfeindschaft zu tilgen. Es ist das Wasser. Um zwei Stöcke mit einander zu vereinigen, wirft man ihre Bewohner in das Wasser. Sie werden bewußtlos – man fischt die

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/110>, abgerufen am 28.11.2024.