Cäment, welches meistens viel weicher ist, als die übrigen Substan- zen und durch die Ausbildung von fein verzweigten Kalkräumen der Knochensubstanz einigermaßen ähnlich erscheint. Betrachtet man das Verhältniß dieser Substanzen zu einander und zu der ernährenden Zahnpulpe, welche stets im Inneren des Zahnes sich findet, so erge- ben sich mehrere verschiedene Typen der Struktur. Die einfachste Struktur ist diejenige, welche die meisten kegelförmigen Fangzähne zeigen. Der Zahn bildet einen Hohlkegel, dessen innere Axenhöhle von der gleichfalls kegelförmigen Zahnpulpe eingenommen ist. Man kann diese Zähne einfache nennen. Bei den Zähnen mit gefal- teter Zahnsubstanz, die stets Fangzähne sind und hauptsächlich nur bei Knochenfischen, wie z. B. beim Knochenhechte (Lepidosteus), vorkommen, zeigen sich an der Außenseite der Zähne tiefe Längsstrei- fen, welche besonders an der Basis hervortreten und nach der Spitze hin allmälig abnehmen. Untersucht man diese Zähne genauer, indem man Querschnitte macht, so sieht man, daß ursprünglich zwar in der Mitte eine einfache Markhöhle existirt, daß aber die Zahnsubstanzen um dieselbe herum in zierliche Falten gelegt sind, die wie die Falten eines dicken Teppiches erscheinen, so daß die Markhöhle überall in diese Falten seitliche Ausläufer schickt. Zuweilen werden nun diese Faltungen so bedeutend, daß sie einander berühren, zusammenwachsen und nun auf dem Durchschnitte gewundene Gänge bilden, so daß von der ursprünglichen Markhöhle fast keine Spur mehr übrig bleibt. So wird denn der Uebergang zu einem dritten Typus der Zahnstruktur gebildet, zu den Zähnen mit netzförmigen Markkanälen, welche im ganzen Thierreiche einzig bei den Fischen vorkommen und stets Fangzähne sind. Hier findet sich durchaus keine Markhöhle mehr. Die Gefäße und Nerven der Zahnpulpe durchsetzen die Zahn- substanz nach allen Richtungen hin in Gestalt netzförmiger Kanäle, von denen die Zahnröhrchen ausgehen und diese ganze Masse ist an der Krone von einer zusammenhängenden Schicht von Schmelz über- gossen. Endlich als letzte Form stellen sich die zusammengesetzten Zähne dar, welche nur unter der Form von Mahlzähnen auftreten und den Knorpelfischen eigenthümlich sind. Auch hier findet sich keine gemeinsame Markhöhle, sondern einzelne senkrechte Markröhren, welche bald gänzlich vereinzelt, bald von einem gemeinsamen Gefäßnetze von unten her nach der Oberfläche des Zahnes in die Höhe steigen. Jede dieser Markröhren stellt gleichsam einen hohlen Cylinder von Zahn- substanz vor, der senkrecht auf der Abnutzungsfläche der Zahnkrone steht und alle diese einzelnen Cylinder sind gewöhnlich durch Cäment
Cäment, welches meiſtens viel weicher iſt, als die übrigen Subſtan- zen und durch die Ausbildung von fein verzweigten Kalkräumen der Knochenſubſtanz einigermaßen ähnlich erſcheint. Betrachtet man das Verhältniß dieſer Subſtanzen zu einander und zu der ernährenden Zahnpulpe, welche ſtets im Inneren des Zahnes ſich findet, ſo erge- ben ſich mehrere verſchiedene Typen der Struktur. Die einfachſte Struktur iſt diejenige, welche die meiſten kegelförmigen Fangzähne zeigen. Der Zahn bildet einen Hohlkegel, deſſen innere Axenhöhle von der gleichfalls kegelförmigen Zahnpulpe eingenommen iſt. Man kann dieſe Zähne einfache nennen. Bei den Zähnen mit gefal- teter Zahnſubſtanz, die ſtets Fangzähne ſind und hauptſächlich nur bei Knochenfiſchen, wie z. B. beim Knochenhechte (Lepidosteus), vorkommen, zeigen ſich an der Außenſeite der Zähne tiefe Längsſtrei- fen, welche beſonders an der Baſis hervortreten und nach der Spitze hin allmälig abnehmen. Unterſucht man dieſe Zähne genauer, indem man Querſchnitte macht, ſo ſieht man, daß urſprünglich zwar in der Mitte eine einfache Markhöhle exiſtirt, daß aber die Zahnſubſtanzen um dieſelbe herum in zierliche Falten gelegt ſind, die wie die Falten eines dicken Teppiches erſcheinen, ſo daß die Markhöhle überall in dieſe Falten ſeitliche Ausläufer ſchickt. Zuweilen werden nun dieſe Faltungen ſo bedeutend, daß ſie einander berühren, zuſammenwachſen und nun auf dem Durchſchnitte gewundene Gänge bilden, ſo daß von der urſprünglichen Markhöhle faſt keine Spur mehr übrig bleibt. So wird denn der Uebergang zu einem dritten Typus der Zahnſtruktur gebildet, zu den Zähnen mit netzförmigen Markkanälen, welche im ganzen Thierreiche einzig bei den Fiſchen vorkommen und ſtets Fangzähne ſind. Hier findet ſich durchaus keine Markhöhle mehr. Die Gefäße und Nerven der Zahnpulpe durchſetzen die Zahn- ſubſtanz nach allen Richtungen hin in Geſtalt netzförmiger Kanäle, von denen die Zahnröhrchen ausgehen und dieſe ganze Maſſe iſt an der Krone von einer zuſammenhängenden Schicht von Schmelz über- goſſen. Endlich als letzte Form ſtellen ſich die zuſammengeſetzten Zähne dar, welche nur unter der Form von Mahlzähnen auftreten und den Knorpelfiſchen eigenthümlich ſind. Auch hier findet ſich keine gemeinſame Markhöhle, ſondern einzelne ſenkrechte Markröhren, welche bald gänzlich vereinzelt, bald von einem gemeinſamen Gefäßnetze von unten her nach der Oberfläche des Zahnes in die Höhe ſteigen. Jede dieſer Markröhren ſtellt gleichſam einen hohlen Cylinder von Zahn- ſubſtanz vor, der ſenkrecht auf der Abnutzungsfläche der Zahnkrone ſteht und alle dieſe einzelnen Cylinder ſind gewöhnlich durch Cäment
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Cäment, welches meiſtens viel weicher iſt, als die übrigen Subſtan-
zen und durch die Ausbildung von fein verzweigten Kalkräumen der
Knochenſubſtanz einigermaßen ähnlich erſcheint. Betrachtet man das
Verhältniß dieſer Subſtanzen zu einander und zu der ernährenden
Zahnpulpe, welche ſtets im Inneren des Zahnes ſich findet, ſo erge-
ben ſich mehrere verſchiedene Typen der Struktur. Die einfachſte
Struktur iſt diejenige, welche die meiſten kegelförmigen Fangzähne
zeigen. Der Zahn bildet einen Hohlkegel, deſſen innere Axenhöhle
von der gleichfalls kegelförmigen Zahnpulpe eingenommen iſt. Man
kann dieſe Zähne einfache nennen. Bei den Zähnen mit gefal-
teter Zahnſubſtanz, die ſtets Fangzähne ſind und hauptſächlich
nur bei Knochenfiſchen, wie z. B. beim Knochenhechte (Lepidosteus),
vorkommen, zeigen ſich an der Außenſeite der Zähne tiefe Längsſtrei-
fen, welche beſonders an der Baſis hervortreten und nach der Spitze
hin allmälig abnehmen. Unterſucht man dieſe Zähne genauer, indem
man Querſchnitte macht, ſo ſieht man, daß urſprünglich zwar in der
Mitte eine einfache Markhöhle exiſtirt, daß aber die Zahnſubſtanzen
um dieſelbe herum in zierliche Falten gelegt ſind, die wie die Falten
eines dicken Teppiches erſcheinen, ſo daß die Markhöhle überall in
dieſe Falten ſeitliche Ausläufer ſchickt. Zuweilen werden nun dieſe
Faltungen ſo bedeutend, daß ſie einander berühren, zuſammenwachſen
und nun auf dem Durchſchnitte gewundene Gänge bilden, ſo daß von
der urſprünglichen Markhöhle faſt keine Spur mehr übrig bleibt. So
wird denn der Uebergang zu einem dritten Typus der Zahnſtruktur
gebildet, zu den Zähnen mit netzförmigen Markkanälen,
welche im ganzen Thierreiche einzig bei den Fiſchen vorkommen und
ſtets Fangzähne ſind. Hier findet ſich durchaus keine Markhöhle
mehr. Die Gefäße und Nerven der Zahnpulpe durchſetzen die Zahn-
ſubſtanz nach allen Richtungen hin in Geſtalt netzförmiger Kanäle,
von denen die Zahnröhrchen ausgehen und dieſe ganze Maſſe iſt an
der Krone von einer zuſammenhängenden Schicht von Schmelz über-
goſſen. Endlich als letzte Form ſtellen ſich die zuſammengeſetzten
Zähne dar, welche nur unter der Form von Mahlzähnen auftreten
und den Knorpelfiſchen eigenthümlich ſind. Auch hier findet ſich keine
gemeinſame Markhöhle, ſondern einzelne ſenkrechte Markröhren, welche
bald gänzlich vereinzelt, bald von einem gemeinſamen Gefäßnetze von
unten her nach der Oberfläche des Zahnes in die Höhe ſteigen. Jede
dieſer Markröhren ſtellt gleichſam einen hohlen Cylinder von Zahn-
ſubſtanz vor, der ſenkrecht auf der Abnutzungsfläche der Zahnkrone
ſteht und alle dieſe einzelnen Cylinder ſind gewöhnlich durch Cäment
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/76>, abgerufen am 29.11.2024.
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