um welchen sich die Stücke des Unterkiefers in ähnlicher Weise als Deckplatten gebildet haben, wie die Deckplatten am Schädel um die ursprüngliche Schädelkapsel.
Das Unterkiefergelenk gestattet fast immer nur eine einfache He- belbewegung von unten nach oben und wird von einer Art Flügelthür unter sich unbeweglicher Knochen getragen, die mit dem Gaumenbogen zusammen fest verbunden, von beiden Seiten her die Mund- und Ra- chenhöhle begrenzen und deren Erweiterung und Verengerung möglich machen. Diese ganze Flügelthür, auf deren Außenseite sich die Kau- muskeln festsetzen, ist gewöhnlich an drei Stellen eng mit dem Schädel eingelenkt, nämlich vorn an der Schnauzenspitze durch das Gaumen- bein, in der Mitte durch den Fortsatz des Querbeines an dem vorderen Rande der Augenhöhle und hinten an dem Kamme der Schläfenschuppe durch das hier beweglich gewordene Zitzenbein. Dieses Zitzenbein (Os mastoideum 23) ist gewöhnlich in seiner unteren Hälfte gespalten und bildet hierdurch zwei Arme, von welchen der eine mehr dem Zun- genbogen, der andere dem Unterkieferbogen zugewandt ist. Nach vorn setzt sich an diesen Knochen eine Platte, welche den Raum zwischen ihm und dem Flügel- und Gaumenbeine einnimmt und die man den Paukenknochen(Os tympanicum 27) nennen kann; nach vorn und unten setzen sich dann an das Zitzenbein noch zwei Knochen fest, ein kleinerer, meist von griffelförmiger Gestalt, der Hammerknochen (Tympano-malleale 31), welcher aus der Verknöcherung des oberen Stückes des Meckel'schen Knorpels hervorgegangen ist, und das Qua- dratbein(Os quadratum 26), welches das eigentliche Unterkiefer- gelenk für sich allein bildet und in dessen oberem Ausschnitte das Hammerbein gewöhnlich wie in einem Zapfen steckt. Bei den gewöhn- lichen Knochenfischen findet sich an der hinteren Seite des auf diese Weise von den angeführten Knochen gebildeten Flügels ein gewöhnlich halbmondförmiger Knochen, welcher meistens oben von der Einlenkung des Zitzenbeines an dem Schädel bis gegen das Unterkiefergelenk sich hin erstreckt und mit einem Falze an den Rand des Zitzenbeines, des Hammerbeines und des Quadratbeines eingelenkt ist. Dieser Knochen ist der Vorderdeckel(Praeoperculum 30), ein für die Systematik sehr bedeutsamer Knochen, weil er mit seinem freien Rande meist hinten an der Wange hervorsteht und hier oft besondere Vorsprünge, Zähne- lungen und Stacheln zeigt, die bei Familien, Gattungen und Arten eine große Beständigkeit wahrnehmen lassen. Bei den Welsen und überhaupt bei denjenigen Familien, wo das Gerüste, welches den Un-
um welchen ſich die Stücke des Unterkiefers in ähnlicher Weiſe als Deckplatten gebildet haben, wie die Deckplatten am Schädel um die urſprüngliche Schädelkapſel.
Das Unterkiefergelenk geſtattet faſt immer nur eine einfache He- belbewegung von unten nach oben und wird von einer Art Flügelthür unter ſich unbeweglicher Knochen getragen, die mit dem Gaumenbogen zuſammen feſt verbunden, von beiden Seiten her die Mund- und Ra- chenhöhle begrenzen und deren Erweiterung und Verengerung möglich machen. Dieſe ganze Flügelthür, auf deren Außenſeite ſich die Kau- muskeln feſtſetzen, iſt gewöhnlich an drei Stellen eng mit dem Schädel eingelenkt, nämlich vorn an der Schnauzenſpitze durch das Gaumen- bein, in der Mitte durch den Fortſatz des Querbeines an dem vorderen Rande der Augenhöhle und hinten an dem Kamme der Schläfenſchuppe durch das hier beweglich gewordene Zitzenbein. Dieſes Zitzenbein (Os mastoïdeum 23) iſt gewöhnlich in ſeiner unteren Hälfte geſpalten und bildet hierdurch zwei Arme, von welchen der eine mehr dem Zun- genbogen, der andere dem Unterkieferbogen zugewandt iſt. Nach vorn ſetzt ſich an dieſen Knochen eine Platte, welche den Raum zwiſchen ihm und dem Flügel- und Gaumenbeine einnimmt und die man den Paukenknochen(Os tympanicum 27) nennen kann; nach vorn und unten ſetzen ſich dann an das Zitzenbein noch zwei Knochen feſt, ein kleinerer, meiſt von griffelförmiger Geſtalt, der Hammerknochen (Tympano-malleale 31), welcher aus der Verknöcherung des oberen Stückes des Meckel’ſchen Knorpels hervorgegangen iſt, und das Qua- dratbein(Os quadratum 26), welches das eigentliche Unterkiefer- gelenk für ſich allein bildet und in deſſen oberem Ausſchnitte das Hammerbein gewöhnlich wie in einem Zapfen ſteckt. Bei den gewöhn- lichen Knochenfiſchen findet ſich an der hinteren Seite des auf dieſe Weiſe von den angeführten Knochen gebildeten Flügels ein gewöhnlich halbmondförmiger Knochen, welcher meiſtens oben von der Einlenkung des Zitzenbeines an dem Schädel bis gegen das Unterkiefergelenk ſich hin erſtreckt und mit einem Falze an den Rand des Zitzenbeines, des Hammerbeines und des Quadratbeines eingelenkt iſt. Dieſer Knochen iſt der Vorderdeckel(Praeoperculum 30), ein für die Syſtematik ſehr bedeutſamer Knochen, weil er mit ſeinem freien Rande meiſt hinten an der Wange hervorſteht und hier oft beſondere Vorſprünge, Zähne- lungen und Stacheln zeigt, die bei Familien, Gattungen und Arten eine große Beſtändigkeit wahrnehmen laſſen. Bei den Welſen und überhaupt bei denjenigen Familien, wo das Gerüſte, welches den Un-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0062"n="56"/>
um welchen ſich die Stücke des Unterkiefers in ähnlicher Weiſe als<lb/>
Deckplatten gebildet haben, wie die Deckplatten am Schädel um die<lb/>
urſprüngliche Schädelkapſel.</p><lb/><p>Das Unterkiefergelenk geſtattet faſt immer nur eine einfache He-<lb/>
belbewegung von unten nach oben und wird von einer Art Flügelthür<lb/>
unter ſich unbeweglicher Knochen getragen, die mit dem Gaumenbogen<lb/>
zuſammen feſt verbunden, von beiden Seiten her die Mund- und Ra-<lb/>
chenhöhle begrenzen und deren Erweiterung und Verengerung möglich<lb/>
machen. Dieſe ganze Flügelthür, auf deren Außenſeite ſich die Kau-<lb/>
muskeln feſtſetzen, iſt gewöhnlich an drei Stellen eng mit dem Schädel<lb/>
eingelenkt, nämlich vorn an der Schnauzenſpitze durch das Gaumen-<lb/>
bein, in der Mitte durch den Fortſatz des Querbeines an dem vorderen<lb/>
Rande der Augenhöhle und hinten an dem Kamme der Schläfenſchuppe<lb/>
durch das hier beweglich gewordene Zitzenbein. Dieſes <hirendition="#g">Zitzenbein</hi><lb/><hirendition="#aq">(Os mastoïdeum 23)</hi> iſt gewöhnlich in ſeiner unteren Hälfte geſpalten<lb/>
und bildet hierdurch zwei Arme, von welchen der eine mehr dem Zun-<lb/>
genbogen, der andere dem Unterkieferbogen zugewandt iſt. Nach vorn<lb/>ſetzt ſich an dieſen Knochen eine Platte, welche den Raum zwiſchen<lb/>
ihm und dem Flügel- und Gaumenbeine einnimmt und die man den<lb/><hirendition="#g">Paukenknochen</hi><hirendition="#aq">(Os tympanicum 27)</hi> nennen kann; nach vorn und<lb/>
unten ſetzen ſich dann an das Zitzenbein noch zwei Knochen feſt, ein<lb/>
kleinerer, meiſt von griffelförmiger Geſtalt, der <hirendition="#g">Hammerknochen</hi><lb/><hirendition="#aq">(Tympano-malleale 31)</hi>, welcher aus der Verknöcherung des oberen<lb/>
Stückes des Meckel’ſchen Knorpels hervorgegangen iſt, und das <hirendition="#g">Qua-<lb/>
dratbein</hi><hirendition="#aq">(Os quadratum 26)</hi>, welches das eigentliche Unterkiefer-<lb/>
gelenk für ſich allein bildet und in deſſen oberem Ausſchnitte das<lb/>
Hammerbein gewöhnlich wie in einem Zapfen ſteckt. Bei den gewöhn-<lb/>
lichen Knochenfiſchen findet ſich an der hinteren Seite des auf dieſe<lb/>
Weiſe von den angeführten Knochen gebildeten Flügels ein gewöhnlich<lb/>
halbmondförmiger Knochen, welcher meiſtens oben von der Einlenkung<lb/>
des Zitzenbeines an dem Schädel bis gegen das Unterkiefergelenk ſich<lb/>
hin erſtreckt und mit einem Falze an den Rand des Zitzenbeines, des<lb/>
Hammerbeines und des Quadratbeines eingelenkt iſt. Dieſer Knochen<lb/>
iſt der <hirendition="#g">Vorderdeckel</hi><hirendition="#aq">(Praeoperculum 30)</hi>, ein für die Syſtematik<lb/>ſehr bedeutſamer Knochen, weil er mit ſeinem freien Rande meiſt hinten<lb/>
an der Wange hervorſteht und hier oft beſondere Vorſprünge, Zähne-<lb/>
lungen und Stacheln zeigt, die bei Familien, Gattungen und Arten<lb/>
eine große Beſtändigkeit wahrnehmen laſſen. Bei den Welſen und<lb/>
überhaupt bei denjenigen Familien, wo das Gerüſte, welches den Un-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[56/0062]
um welchen ſich die Stücke des Unterkiefers in ähnlicher Weiſe als
Deckplatten gebildet haben, wie die Deckplatten am Schädel um die
urſprüngliche Schädelkapſel.
Das Unterkiefergelenk geſtattet faſt immer nur eine einfache He-
belbewegung von unten nach oben und wird von einer Art Flügelthür
unter ſich unbeweglicher Knochen getragen, die mit dem Gaumenbogen
zuſammen feſt verbunden, von beiden Seiten her die Mund- und Ra-
chenhöhle begrenzen und deren Erweiterung und Verengerung möglich
machen. Dieſe ganze Flügelthür, auf deren Außenſeite ſich die Kau-
muskeln feſtſetzen, iſt gewöhnlich an drei Stellen eng mit dem Schädel
eingelenkt, nämlich vorn an der Schnauzenſpitze durch das Gaumen-
bein, in der Mitte durch den Fortſatz des Querbeines an dem vorderen
Rande der Augenhöhle und hinten an dem Kamme der Schläfenſchuppe
durch das hier beweglich gewordene Zitzenbein. Dieſes Zitzenbein
(Os mastoïdeum 23) iſt gewöhnlich in ſeiner unteren Hälfte geſpalten
und bildet hierdurch zwei Arme, von welchen der eine mehr dem Zun-
genbogen, der andere dem Unterkieferbogen zugewandt iſt. Nach vorn
ſetzt ſich an dieſen Knochen eine Platte, welche den Raum zwiſchen
ihm und dem Flügel- und Gaumenbeine einnimmt und die man den
Paukenknochen (Os tympanicum 27) nennen kann; nach vorn und
unten ſetzen ſich dann an das Zitzenbein noch zwei Knochen feſt, ein
kleinerer, meiſt von griffelförmiger Geſtalt, der Hammerknochen
(Tympano-malleale 31), welcher aus der Verknöcherung des oberen
Stückes des Meckel’ſchen Knorpels hervorgegangen iſt, und das Qua-
dratbein (Os quadratum 26), welches das eigentliche Unterkiefer-
gelenk für ſich allein bildet und in deſſen oberem Ausſchnitte das
Hammerbein gewöhnlich wie in einem Zapfen ſteckt. Bei den gewöhn-
lichen Knochenfiſchen findet ſich an der hinteren Seite des auf dieſe
Weiſe von den angeführten Knochen gebildeten Flügels ein gewöhnlich
halbmondförmiger Knochen, welcher meiſtens oben von der Einlenkung
des Zitzenbeines an dem Schädel bis gegen das Unterkiefergelenk ſich
hin erſtreckt und mit einem Falze an den Rand des Zitzenbeines, des
Hammerbeines und des Quadratbeines eingelenkt iſt. Dieſer Knochen
iſt der Vorderdeckel (Praeoperculum 30), ein für die Syſtematik
ſehr bedeutſamer Knochen, weil er mit ſeinem freien Rande meiſt hinten
an der Wange hervorſteht und hier oft beſondere Vorſprünge, Zähne-
lungen und Stacheln zeigt, die bei Familien, Gattungen und Arten
eine große Beſtändigkeit wahrnehmen laſſen. Bei den Welſen und
überhaupt bei denjenigen Familien, wo das Gerüſte, welches den Un-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/62>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.