Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.[Abbildung]
Fig. 1480. Fig. 1481. Die Bildung der Schafhaut, so wie der übrigen EmbryonalhüllenFig. 1480. Vom Hunde, Fig. 1481. vom Menschen entnommen. In und die Anlage des Embryo's selbst stimmen so vollkommen mit denen der Säugethiere überein, daß es fast unmöglich scheint, einen solchen isolirten jungen Embryo von demjenigen eines Säugethieres zu un- terscheiden. Wesentliche Abweichungen zeigen sich nur in zwei Punk- ten. Der Harnsack oder die Allantois ist bei dem menschlichen Embryo außerordentlich klein und verschwindet sehr schnell wieder, nachdem sie einmal die Gefäße zur Bildung des Mutterkuchens an die Peri- pherie des Eies geführt hat. An eine solche Ausbildung des Harn- sackes, wie bei den meisten Säugethieren ist vollends gar nicht zu denken und es herrschte deßhalb bis in die neueste Zeit, wo man sehr junge Embryonen genauer kennen lernte, vielfach die Ansicht, als finde sich bei dem menschlichen Embryo gar kein Harnsack vor und würden die Nabelgefäße in ganz eigenthümlicher Weise zur Bildung des Mutterkuchens geleitet. Wenn dieß auch unrichtig ist, so steht doch so viel fest, daß bei keinem anderen Säugethiere der Harnsack [Abbildung]
Fig. 1480. Fig. 1481. Die Bildung der Schafhaut, ſo wie der übrigen EmbryonalhüllenFig. 1480. Vom Hunde, Fig. 1481. vom Menſchen entnommen. In und die Anlage des Embryo’s ſelbſt ſtimmen ſo vollkommen mit denen der Säugethiere überein, daß es faſt unmöglich ſcheint, einen ſolchen iſolirten jungen Embryo von demjenigen eines Säugethieres zu un- terſcheiden. Weſentliche Abweichungen zeigen ſich nur in zwei Punk- ten. Der Harnſack oder die Allantois iſt bei dem menſchlichen Embryo außerordentlich klein und verſchwindet ſehr ſchnell wieder, nachdem ſie einmal die Gefäße zur Bildung des Mutterkuchens an die Peri- pherie des Eies geführt hat. An eine ſolche Ausbildung des Harn- ſackes, wie bei den meiſten Säugethieren iſt vollends gar nicht zu denken und es herrſchte deßhalb bis in die neueſte Zeit, wo man ſehr junge Embryonen genauer kennen lernte, vielfach die Anſicht, als finde ſich bei dem menſchlichen Embryo gar kein Harnſack vor und würden die Nabelgefäße in ganz eigenthümlicher Weiſe zur Bildung des Mutterkuchens geleitet. Wenn dieß auch unrichtig iſt, ſo ſteht doch ſo viel feſt, daß bei keinem anderen Säugethiere der Harnſack <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0552" n="546"/><figure><head>Fig. 1480. Fig. 1481.</head><lb/><p>Fig. 1480. Vom Hunde, Fig. 1481. vom Menſchen entnommen. In<lb/> beiden Figuren ſind die Gebärmutterwandungen ſchwarz, das Chorion zackig<lb/> dargeſtellt worden. Die Umriſſe der Harnhaut ſind durch eine einfache Linie,<lb/> die der Nabelblaſe durch Punkte, die der Schafhaut durch eine punktirte Linie<lb/> angegeben. Bei dem Hunde iſt die Harnhaut um das ganze Ei herumgewach-<lb/> ſen und hat ſich zur Bildung des gürtelförmigen Mutterkuchens überall in<lb/> die Zacken des Chorions hineingelegt. Beim Menſchen iſt ſie klein geblieben<lb/> und hat ſich nur an einer Stelle, der Stelle der ſcheibenförmigen Placenta, in<lb/> die Zotten des Chorions hineingebildet. Dafür iſt das Amnios, die Schafhaut,<lb/> um ſo größer und außerdem dem Ei von Außen her die hinfällige Haut <hi rendition="#aq">(De-<lb/> cidua</hi>, durch eine zuſammenhängende Linie bezeichnet) umgebildet. <hi rendition="#aq">a</hi> Wand<lb/> des Fruchthälters. <hi rendition="#aq">b</hi> Einmündung der Eileiter. <hi rendition="#aq">c</hi> Muttermund. <hi rendition="#aq">d Deci-<lb/> dua. e</hi> Chorion. <hi rendition="#aq">f</hi> Schafhaut. <hi rendition="#aq">g</hi> Harnhaut. <hi rendition="#aq">h</hi> Nabelblaſe. <hi rendition="#aq">i</hi> Embryo.</p></figure><lb/> Die Bildung der Schafhaut, ſo wie der übrigen Embryonalhüllen<lb/> und die Anlage des Embryo’s ſelbſt ſtimmen ſo vollkommen mit denen<lb/> der Säugethiere überein, daß es faſt unmöglich ſcheint, einen ſolchen<lb/> iſolirten jungen Embryo von demjenigen eines Säugethieres zu un-<lb/> terſcheiden. Weſentliche Abweichungen zeigen ſich nur in zwei Punk-<lb/> ten. Der Harnſack oder die Allantois iſt bei dem menſchlichen Embryo<lb/> außerordentlich klein und verſchwindet ſehr ſchnell wieder, nachdem<lb/> ſie einmal die Gefäße zur Bildung des Mutterkuchens an die Peri-<lb/> pherie des Eies geführt hat. An eine ſolche Ausbildung des Harn-<lb/> ſackes, wie bei den meiſten Säugethieren iſt vollends gar nicht zu<lb/> denken und es herrſchte deßhalb bis in die neueſte Zeit, wo man ſehr<lb/> junge Embryonen genauer kennen lernte, vielfach die Anſicht, als<lb/> finde ſich bei dem menſchlichen Embryo gar kein Harnſack vor und<lb/> würden die Nabelgefäße in ganz eigenthümlicher Weiſe zur Bildung<lb/> des Mutterkuchens geleitet. Wenn dieß auch unrichtig iſt, ſo ſteht<lb/> doch ſo viel feſt, daß bei keinem anderen Säugethiere der Harnſack<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [546/0552]
[Abbildung Fig. 1480. Fig. 1481.
Fig. 1480. Vom Hunde, Fig. 1481. vom Menſchen entnommen. In
beiden Figuren ſind die Gebärmutterwandungen ſchwarz, das Chorion zackig
dargeſtellt worden. Die Umriſſe der Harnhaut ſind durch eine einfache Linie,
die der Nabelblaſe durch Punkte, die der Schafhaut durch eine punktirte Linie
angegeben. Bei dem Hunde iſt die Harnhaut um das ganze Ei herumgewach-
ſen und hat ſich zur Bildung des gürtelförmigen Mutterkuchens überall in
die Zacken des Chorions hineingelegt. Beim Menſchen iſt ſie klein geblieben
und hat ſich nur an einer Stelle, der Stelle der ſcheibenförmigen Placenta, in
die Zotten des Chorions hineingebildet. Dafür iſt das Amnios, die Schafhaut,
um ſo größer und außerdem dem Ei von Außen her die hinfällige Haut (De-
cidua, durch eine zuſammenhängende Linie bezeichnet) umgebildet. a Wand
des Fruchthälters. b Einmündung der Eileiter. c Muttermund. d Deci-
dua. e Chorion. f Schafhaut. g Harnhaut. h Nabelblaſe. i Embryo.]
Die Bildung der Schafhaut, ſo wie der übrigen Embryonalhüllen
und die Anlage des Embryo’s ſelbſt ſtimmen ſo vollkommen mit denen
der Säugethiere überein, daß es faſt unmöglich ſcheint, einen ſolchen
iſolirten jungen Embryo von demjenigen eines Säugethieres zu un-
terſcheiden. Weſentliche Abweichungen zeigen ſich nur in zwei Punk-
ten. Der Harnſack oder die Allantois iſt bei dem menſchlichen Embryo
außerordentlich klein und verſchwindet ſehr ſchnell wieder, nachdem
ſie einmal die Gefäße zur Bildung des Mutterkuchens an die Peri-
pherie des Eies geführt hat. An eine ſolche Ausbildung des Harn-
ſackes, wie bei den meiſten Säugethieren iſt vollends gar nicht zu
denken und es herrſchte deßhalb bis in die neueſte Zeit, wo man ſehr
junge Embryonen genauer kennen lernte, vielfach die Anſicht, als
finde ſich bei dem menſchlichen Embryo gar kein Harnſack vor und
würden die Nabelgefäße in ganz eigenthümlicher Weiſe zur Bildung
des Mutterkuchens geleitet. Wenn dieß auch unrichtig iſt, ſo ſteht
doch ſo viel feſt, daß bei keinem anderen Säugethiere der Harnſack
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Zitationshilfe: | Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/552>, abgerufen am 16.02.2025. |