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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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bung bei dem Menschen, die größere Ausdehnung des Gaumens und
die daraus folgende Weiterstellung der Zähne, so wie die Zahnlücke
für die Eckzähne, welche bei den Affen vorhanden ist, bei den Men-
schen aber fehlt. Mit den Affen gemein hat der menschliche Schädel
die gegen die Schläfen zu geschlossenen Augenhöhlen, welche bei den
meisten Säugethieren an dieser Stelle durchbrochen sind. Auch in der
Ausbildung der einzelnen Knochen des Schädels zeigen sich vielfache
Eigenthümlichkeiten, welche alle mit der bedeutenderen Entwickelung
des Hirnantheiles zusammenhängen. Die Hinterhauptsschuppe und
die Schläfenschuppe, zur Umhüllung der hinteren und seitlichen Theile
des Gehirnes bestimmt, sind bei dem Menschen größer, als bei allen
übrigen Thieren, ebenso ist der ansteigende Theil des Stirnbeines,
welcher die vorderen Hirnlappen umfaßt, bei dem Menschen am größ-
ten und die beiden Hälften schon frühzeitig in der Mittellinie ver-
wachsen, was sonst nur bei wenigen Thieren, wie namentlich bei den
Affen und Fledermäusen der Fall ist. Das Keilbein verwächst sehr
früh, sowohl mit dem Hinterhauptsbeine, als auch namentlich mit
seinen Flügeln, die bei den meisten Säugethieren als eigene Knochen
getrennt bleiben. Die hinteren Keilbeinflügel, welche die unteren Sei-
tentheile des Gehirnes umschließen helfen, sind ebenfalls bei dem Men-
schen größer, als irgend wo anders. An den Gesichtsknochen des
Menschen fällt besonders die starke Tendenz zur Verwachsung auf.
Die bei den Säugethieren getrennten Flügelbeine verschmelzen mit dem
Keilbeine, die Unterkieferhälften wachsen schon bei dem Embryo in
der Mitte zusammen, das oberste Ende des Zungenbeines trennt sich
von diesem ab und verwächst mit dem Schläfenbeine, wo es den Grif-
felfortsatz bildet. Das Zwischenkieferbein, welches bei allen Säuge-
thieren existirt und dessen Spuren sich auch im erwachsenen Alter bei
allen erkennen lassen, verwächst schon so frühzeitig bei dem mensch-
lichen Embryo mit dem Oberkiefer, daß man früher sogar seine
Existenz gänzlich abläugnete, während jetzt nur seine frühe Verwach-
sung für charakteristisch gelten muß. Nicht minder charakteristisch für
den Menschen ist die Bildung eines eigentlichen Kinnes, d. h. die
Vorbiegung des unteren Unterkieferrandes an der Verwachsungsstelle
in der Mittellinie, eine Eigenthümlichkeit, die auch den menschenähn-
lichsten Affen abgeht. Das Zahnsystem des Menschen besteht aus vier
Schneidezähnen, zwei Eckzähnen und zehn Backzähnen in jedem Kiefer:
die Schneidezähne meiselartig zugeschärft, die Eckzähne pyramidalisch,
kaum vorstehend, die Backzähne mit stumpfen, in einanderpassenden
Höckern versehen; -- eine Bezahnung, welche auf gemischte Kost,

bung bei dem Menſchen, die größere Ausdehnung des Gaumens und
die daraus folgende Weiterſtellung der Zähne, ſo wie die Zahnlücke
für die Eckzähne, welche bei den Affen vorhanden iſt, bei den Men-
ſchen aber fehlt. Mit den Affen gemein hat der menſchliche Schädel
die gegen die Schläfen zu geſchloſſenen Augenhöhlen, welche bei den
meiſten Säugethieren an dieſer Stelle durchbrochen ſind. Auch in der
Ausbildung der einzelnen Knochen des Schädels zeigen ſich vielfache
Eigenthümlichkeiten, welche alle mit der bedeutenderen Entwickelung
des Hirnantheiles zuſammenhängen. Die Hinterhauptsſchuppe und
die Schläfenſchuppe, zur Umhüllung der hinteren und ſeitlichen Theile
des Gehirnes beſtimmt, ſind bei dem Menſchen größer, als bei allen
übrigen Thieren, ebenſo iſt der anſteigende Theil des Stirnbeines,
welcher die vorderen Hirnlappen umfaßt, bei dem Menſchen am größ-
ten und die beiden Hälften ſchon frühzeitig in der Mittellinie ver-
wachſen, was ſonſt nur bei wenigen Thieren, wie namentlich bei den
Affen und Fledermäuſen der Fall iſt. Das Keilbein verwächſt ſehr
früh, ſowohl mit dem Hinterhauptsbeine, als auch namentlich mit
ſeinen Flügeln, die bei den meiſten Säugethieren als eigene Knochen
getrennt bleiben. Die hinteren Keilbeinflügel, welche die unteren Sei-
tentheile des Gehirnes umſchließen helfen, ſind ebenfalls bei dem Men-
ſchen größer, als irgend wo anders. An den Geſichtsknochen des
Menſchen fällt beſonders die ſtarke Tendenz zur Verwachſung auf.
Die bei den Säugethieren getrennten Flügelbeine verſchmelzen mit dem
Keilbeine, die Unterkieferhälften wachſen ſchon bei dem Embryo in
der Mitte zuſammen, das oberſte Ende des Zungenbeines trennt ſich
von dieſem ab und verwächſt mit dem Schläfenbeine, wo es den Grif-
felfortſatz bildet. Das Zwiſchenkieferbein, welches bei allen Säuge-
thieren exiſtirt und deſſen Spuren ſich auch im erwachſenen Alter bei
allen erkennen laſſen, verwächſt ſchon ſo frühzeitig bei dem menſch-
lichen Embryo mit dem Oberkiefer, daß man früher ſogar ſeine
Exiſtenz gänzlich abläugnete, während jetzt nur ſeine frühe Verwach-
ſung für charakteriſtiſch gelten muß. Nicht minder charakteriſtiſch für
den Menſchen iſt die Bildung eines eigentlichen Kinnes, d. h. die
Vorbiegung des unteren Unterkieferrandes an der Verwachſungsſtelle
in der Mittellinie, eine Eigenthümlichkeit, die auch den menſchenähn-
lichſten Affen abgeht. Das Zahnſyſtem des Menſchen beſteht aus vier
Schneidezähnen, zwei Eckzähnen und zehn Backzähnen in jedem Kiefer:
die Schneidezähne meiſelartig zugeſchärft, die Eckzähne pyramidaliſch,
kaum vorſtehend, die Backzähne mit ſtumpfen, in einanderpaſſenden
Höckern verſehen; — eine Bezahnung, welche auf gemiſchte Koſt,

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[540/0546] bung bei dem Menſchen, die größere Ausdehnung des Gaumens und die daraus folgende Weiterſtellung der Zähne, ſo wie die Zahnlücke für die Eckzähne, welche bei den Affen vorhanden iſt, bei den Men- ſchen aber fehlt. Mit den Affen gemein hat der menſchliche Schädel die gegen die Schläfen zu geſchloſſenen Augenhöhlen, welche bei den meiſten Säugethieren an dieſer Stelle durchbrochen ſind. Auch in der Ausbildung der einzelnen Knochen des Schädels zeigen ſich vielfache Eigenthümlichkeiten, welche alle mit der bedeutenderen Entwickelung des Hirnantheiles zuſammenhängen. Die Hinterhauptsſchuppe und die Schläfenſchuppe, zur Umhüllung der hinteren und ſeitlichen Theile des Gehirnes beſtimmt, ſind bei dem Menſchen größer, als bei allen übrigen Thieren, ebenſo iſt der anſteigende Theil des Stirnbeines, welcher die vorderen Hirnlappen umfaßt, bei dem Menſchen am größ- ten und die beiden Hälften ſchon frühzeitig in der Mittellinie ver- wachſen, was ſonſt nur bei wenigen Thieren, wie namentlich bei den Affen und Fledermäuſen der Fall iſt. Das Keilbein verwächſt ſehr früh, ſowohl mit dem Hinterhauptsbeine, als auch namentlich mit ſeinen Flügeln, die bei den meiſten Säugethieren als eigene Knochen getrennt bleiben. Die hinteren Keilbeinflügel, welche die unteren Sei- tentheile des Gehirnes umſchließen helfen, ſind ebenfalls bei dem Men- ſchen größer, als irgend wo anders. An den Geſichtsknochen des Menſchen fällt beſonders die ſtarke Tendenz zur Verwachſung auf. Die bei den Säugethieren getrennten Flügelbeine verſchmelzen mit dem Keilbeine, die Unterkieferhälften wachſen ſchon bei dem Embryo in der Mitte zuſammen, das oberſte Ende des Zungenbeines trennt ſich von dieſem ab und verwächſt mit dem Schläfenbeine, wo es den Grif- felfortſatz bildet. Das Zwiſchenkieferbein, welches bei allen Säuge- thieren exiſtirt und deſſen Spuren ſich auch im erwachſenen Alter bei allen erkennen laſſen, verwächſt ſchon ſo frühzeitig bei dem menſch- lichen Embryo mit dem Oberkiefer, daß man früher ſogar ſeine Exiſtenz gänzlich abläugnete, während jetzt nur ſeine frühe Verwach- ſung für charakteriſtiſch gelten muß. Nicht minder charakteriſtiſch für den Menſchen iſt die Bildung eines eigentlichen Kinnes, d. h. die Vorbiegung des unteren Unterkieferrandes an der Verwachſungsſtelle in der Mittellinie, eine Eigenthümlichkeit, die auch den menſchenähn- lichſten Affen abgeht. Das Zahnſyſtem des Menſchen beſteht aus vier Schneidezähnen, zwei Eckzähnen und zehn Backzähnen in jedem Kiefer: die Schneidezähne meiſelartig zugeſchärft, die Eckzähne pyramidaliſch, kaum vorſtehend, die Backzähne mit ſtumpfen, in einanderpaſſenden Höckern verſehen; — eine Bezahnung, welche auf gemiſchte Koſt,

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/546>, abgerufen am 23.11.2024.