Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
Ordnung der Affen. (Quadrumana.)
[Abbildung] Fig. 1466.

Schädel vom Pavian (Cynocephalus).

Die Verhältnisse des Körpers, die Form des Kopfes und der
Extremitäten nähern sich in allen Beziehungen der menschlichen Ge-
stalt. Bei den meisten Affen ist der Schädel rundlich, von um so
gefälligerer und menschenähnlicher Form, je jünger das Thier ist, dem
er entnommen; die Kiefer sind meist hoch, aber kurz und kräftig und
entwickeln sich mit zunehmendem Alter, so daß der Gesichtswinkel um
so spitzer wird, je mehr das Thier an Jahren vorschreitet. Die Zähne
nähern sich im Allgemeinen denen des Menschen, doch stehen die Eck-
zähne auch bei den menschenähnlichsten Affen stärker hervor und grei-
fen so über einander, daß zwischen ihnen einerseits und den Eck- oder
Backzähnen andererseits eine mehr oder minder bedeutende Lücke be-
steht, in welche der entsprechende Eckzahn eingreift, so daß also nie-
mals bei den Affen eine vollständig geschlossene Zahnreihe existirt.
Meistens sind die Schneidezähne meißelförmig, die Eckzähne stumpf
konisch, die würfelförmigen, zweiwurzeligen Backzähne mit kegelförmi-
gen Spitzen versehen und gewöhnlich in größerer Zahl vorhanden,
als bei dem Menschen. Doch herrschen in dieser Beziehung auch
mancherlei Verschiedenheiten und namentlich zeigt die Unterordnung
der Halbaffen oder Aeffer eine große Mannigfaltigkeit in dem Zahn-
baue, der alle Zwischenstufen zwischen Nagethieren, Insektenfressern
und Früchtefressern durchmacht. Die Augenhöhle der Affen ist stets
geschlossen, die äußeren Ohren meist nur mäßig groß, bald mehr zu-
gespitzt, bald auch der Menschenform annähernd. Der wesentliche
Charakter der ganzen Ordnung liegt in der Bildung der Füße. Die

Ordnung der Affen. (Quadrumana.)
[Abbildung] Fig. 1466.

Schädel vom Pavian (Cynocephalus).

Die Verhältniſſe des Körpers, die Form des Kopfes und der
Extremitäten nähern ſich in allen Beziehungen der menſchlichen Ge-
ſtalt. Bei den meiſten Affen iſt der Schädel rundlich, von um ſo
gefälligerer und menſchenähnlicher Form, je jünger das Thier iſt, dem
er entnommen; die Kiefer ſind meiſt hoch, aber kurz und kräftig und
entwickeln ſich mit zunehmendem Alter, ſo daß der Geſichtswinkel um
ſo ſpitzer wird, je mehr das Thier an Jahren vorſchreitet. Die Zähne
nähern ſich im Allgemeinen denen des Menſchen, doch ſtehen die Eck-
zähne auch bei den menſchenähnlichſten Affen ſtärker hervor und grei-
fen ſo über einander, daß zwiſchen ihnen einerſeits und den Eck- oder
Backzähnen andererſeits eine mehr oder minder bedeutende Lücke be-
ſteht, in welche der entſprechende Eckzahn eingreift, ſo daß alſo nie-
mals bei den Affen eine vollſtändig geſchloſſene Zahnreihe exiſtirt.
Meiſtens ſind die Schneidezähne meißelförmig, die Eckzähne ſtumpf
koniſch, die würfelförmigen, zweiwurzeligen Backzähne mit kegelförmi-
gen Spitzen verſehen und gewöhnlich in größerer Zahl vorhanden,
als bei dem Menſchen. Doch herrſchen in dieſer Beziehung auch
mancherlei Verſchiedenheiten und namentlich zeigt die Unterordnung
der Halbaffen oder Aeffer eine große Mannigfaltigkeit in dem Zahn-
baue, der alle Zwiſchenſtufen zwiſchen Nagethieren, Inſektenfreſſern
und Früchtefreſſern durchmacht. Die Augenhöhle der Affen iſt ſtets
geſchloſſen, die äußeren Ohren meiſt nur mäßig groß, bald mehr zu-
geſpitzt, bald auch der Menſchenform annähernd. Der weſentliche
Charakter der ganzen Ordnung liegt in der Bildung der Füße. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0529" n="523"/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">Ordnung der Affen. <hi rendition="#aq">(Quadrumana.)</hi></hi> </head><lb/>
                  <figure>
                    <head>Fig. 1466.</head><lb/>
                    <p>Schädel vom Pavian <hi rendition="#aq">(Cynocephalus)</hi>.</p>
                  </figure><lb/>
                  <p>Die Verhältni&#x017F;&#x017F;e des Körpers, die Form des Kopfes und der<lb/>
Extremitäten nähern &#x017F;ich in allen Beziehungen der men&#x017F;chlichen Ge-<lb/>
&#x017F;talt. Bei den mei&#x017F;ten Affen i&#x017F;t der Schädel rundlich, von um &#x017F;o<lb/>
gefälligerer und men&#x017F;chenähnlicher Form, je jünger das Thier i&#x017F;t, dem<lb/>
er entnommen; die Kiefer &#x017F;ind mei&#x017F;t hoch, aber kurz und kräftig und<lb/>
entwickeln &#x017F;ich mit zunehmendem Alter, &#x017F;o daß der Ge&#x017F;ichtswinkel um<lb/>
&#x017F;o &#x017F;pitzer wird, je mehr das Thier an Jahren vor&#x017F;chreitet. Die Zähne<lb/>
nähern &#x017F;ich im Allgemeinen denen des Men&#x017F;chen, doch &#x017F;tehen die Eck-<lb/>
zähne auch bei den men&#x017F;chenähnlich&#x017F;ten Affen &#x017F;tärker hervor und grei-<lb/>
fen &#x017F;o über einander, daß zwi&#x017F;chen ihnen einer&#x017F;eits und den Eck- oder<lb/>
Backzähnen anderer&#x017F;eits eine mehr oder minder bedeutende Lücke be-<lb/>
&#x017F;teht, in welche der ent&#x017F;prechende Eckzahn eingreift, &#x017F;o daß al&#x017F;o nie-<lb/>
mals bei den Affen eine voll&#x017F;tändig ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Zahnreihe exi&#x017F;tirt.<lb/>
Mei&#x017F;tens &#x017F;ind die Schneidezähne meißelförmig, die Eckzähne &#x017F;tumpf<lb/>
koni&#x017F;ch, die würfelförmigen, zweiwurzeligen Backzähne mit kegelförmi-<lb/>
gen Spitzen ver&#x017F;ehen und gewöhnlich in größerer Zahl vorhanden,<lb/>
als bei dem Men&#x017F;chen. Doch herr&#x017F;chen in die&#x017F;er Beziehung auch<lb/>
mancherlei Ver&#x017F;chiedenheiten und namentlich zeigt die Unterordnung<lb/>
der Halbaffen oder Aeffer eine große Mannigfaltigkeit in dem Zahn-<lb/>
baue, der alle Zwi&#x017F;chen&#x017F;tufen zwi&#x017F;chen Nagethieren, In&#x017F;ektenfre&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
und Früchtefre&#x017F;&#x017F;ern durchmacht. Die Augenhöhle der Affen i&#x017F;t &#x017F;tets<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, die äußeren Ohren mei&#x017F;t nur mäßig groß, bald mehr zu-<lb/>
ge&#x017F;pitzt, bald auch der Men&#x017F;chenform annähernd. Der we&#x017F;entliche<lb/>
Charakter der ganzen Ordnung liegt in der Bildung der Füße. Die<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[523/0529] Ordnung der Affen. (Quadrumana.) [Abbildung Fig. 1466. Schädel vom Pavian (Cynocephalus). ] Die Verhältniſſe des Körpers, die Form des Kopfes und der Extremitäten nähern ſich in allen Beziehungen der menſchlichen Ge- ſtalt. Bei den meiſten Affen iſt der Schädel rundlich, von um ſo gefälligerer und menſchenähnlicher Form, je jünger das Thier iſt, dem er entnommen; die Kiefer ſind meiſt hoch, aber kurz und kräftig und entwickeln ſich mit zunehmendem Alter, ſo daß der Geſichtswinkel um ſo ſpitzer wird, je mehr das Thier an Jahren vorſchreitet. Die Zähne nähern ſich im Allgemeinen denen des Menſchen, doch ſtehen die Eck- zähne auch bei den menſchenähnlichſten Affen ſtärker hervor und grei- fen ſo über einander, daß zwiſchen ihnen einerſeits und den Eck- oder Backzähnen andererſeits eine mehr oder minder bedeutende Lücke be- ſteht, in welche der entſprechende Eckzahn eingreift, ſo daß alſo nie- mals bei den Affen eine vollſtändig geſchloſſene Zahnreihe exiſtirt. Meiſtens ſind die Schneidezähne meißelförmig, die Eckzähne ſtumpf koniſch, die würfelförmigen, zweiwurzeligen Backzähne mit kegelförmi- gen Spitzen verſehen und gewöhnlich in größerer Zahl vorhanden, als bei dem Menſchen. Doch herrſchen in dieſer Beziehung auch mancherlei Verſchiedenheiten und namentlich zeigt die Unterordnung der Halbaffen oder Aeffer eine große Mannigfaltigkeit in dem Zahn- baue, der alle Zwiſchenſtufen zwiſchen Nagethieren, Inſektenfreſſern und Früchtefreſſern durchmacht. Die Augenhöhle der Affen iſt ſtets geſchloſſen, die äußeren Ohren meiſt nur mäßig groß, bald mehr zu- geſpitzt, bald auch der Menſchenform annähernd. Der weſentliche Charakter der ganzen Ordnung liegt in der Bildung der Füße. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/529
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/529>, abgerufen am 25.11.2024.