Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

gemeinen in Schwungfedern, Steuerfedern und Deckfedern
theilt. An einem ausgestreckten Vogelflügel unterscheidet man zuerst
die Hauptsteuerfedern oder die Handschwingen, gewöhnlich zehn,
seltener neun oder eilf lange Federn, mit breiten Fahnen, welche sich
an der ganzen Länge der Handknochen vom Flügelbuge bis zur Spitze
festsetzen, dann die Armschwingen, welche den Raum vom Ellen-
bogen bis zum Armgelenke einnehmen, und die Deckfedern des Schul-
terfittigs
(Parapterum), welche an dem Oberarme eingefügt sind.
Der Daumen trägt an dem Handgelenke eine Sammlung kleiner
Schwungfedern, welche man den falschen Flügel (alula) nennt.
Von allen Seiten sind die Kiele der Schwungfedern von kürzeren
Deckfedern umgeben, wodurch aus dem ganzen Flügel eine breite
Platte gebildet wird, an der die Schwungfedern so angelagert sind,
daß beim Heben des Flügels die Luft zwischen ihnen durchstreicht,
beim Senken darunter gefangen wird. Die Steuerfedern des
Schwanzes stehen gewöhnlich fächerartig und dienen hauptsächlich zum
Balanciren des Vogelleibes in horizontaler Stellung, so wie zum seit-
lichen Steuern desselben, was man namentlich deutlich bei den Raub-
vögeln beobachten kann, wenn sie mit unbeweglich ausgespannten Flü-
geln ihre langsamen Kreise in der Luft beschreiben. An denjenigen
Stellen, wo die Haut nicht mit Federn bedeckt ist, zeigt sie sich bald
nackt und weich und ziemlich dünn, wie an dem Halse mancher Geier,
bald ist die Oberhaut hornartig verdickt, wie dieß namentlich an dem
Laufe und den Zehen der Fall ist. Hier zeigt sich diese Hornmasse
bald einfach körnig, bald durch Furchen in mehr oder minder bedeu-
tende Schilder getheilt, welche, wenn sie in größerer Länge zusammen-
fließen, Schienen oder Stiefel genannt werden und deren Anord-
nung für die Systematik von Bedeutung ist. Zu diesen Hornbildun-
gen der Oberhaut gehören ebenfalls auch die Nägel der Zehen, die
schon früher beschriebenen Schnabelscheiden und die Sporen, scharfe,
nagelartige Hornspitzen, die gewöhnlich auf der inneren Seite der
Füße, wie bei den Hähnen, oft aber auch, wie bei den Wehrvögeln,
dem Casuar und dem Sekretär, an der vorderen Flügelecke angebracht
sind und den Thieren als Waffe dienen, womit sie beim Schlagen
mittelst des Flügels verwunden. Endlich kommen noch bei manchen
Vögeln, besonders stark entwickelt bei dem Truthahne und bei man-
chen Geiern, Fleischauswüchse auf der Haut des Kopfes und Halses
vor, welche durch das Andrängen des Blutes geschwellt werden können.

An dem Nervensysteme der Vögel läßt sich eine bedeutende

gemeinen in Schwungfedern, Steuerfedern und Deckfedern
theilt. An einem ausgeſtreckten Vogelflügel unterſcheidet man zuerſt
die Hauptſteuerfedern oder die Handſchwingen, gewöhnlich zehn,
ſeltener neun oder eilf lange Federn, mit breiten Fahnen, welche ſich
an der ganzen Länge der Handknochen vom Flügelbuge bis zur Spitze
feſtſetzen, dann die Armſchwingen, welche den Raum vom Ellen-
bogen bis zum Armgelenke einnehmen, und die Deckfedern des Schul-
terfittigs
(Parapterum), welche an dem Oberarme eingefügt ſind.
Der Daumen trägt an dem Handgelenke eine Sammlung kleiner
Schwungfedern, welche man den falſchen Flügel (alula) nennt.
Von allen Seiten ſind die Kiele der Schwungfedern von kürzeren
Deckfedern umgeben, wodurch aus dem ganzen Flügel eine breite
Platte gebildet wird, an der die Schwungfedern ſo angelagert ſind,
daß beim Heben des Flügels die Luft zwiſchen ihnen durchſtreicht,
beim Senken darunter gefangen wird. Die Steuerfedern des
Schwanzes ſtehen gewöhnlich fächerartig und dienen hauptſächlich zum
Balanciren des Vogelleibes in horizontaler Stellung, ſo wie zum ſeit-
lichen Steuern deſſelben, was man namentlich deutlich bei den Raub-
vögeln beobachten kann, wenn ſie mit unbeweglich ausgeſpannten Flü-
geln ihre langſamen Kreiſe in der Luft beſchreiben. An denjenigen
Stellen, wo die Haut nicht mit Federn bedeckt iſt, zeigt ſie ſich bald
nackt und weich und ziemlich dünn, wie an dem Halſe mancher Geier,
bald iſt die Oberhaut hornartig verdickt, wie dieß namentlich an dem
Laufe und den Zehen der Fall iſt. Hier zeigt ſich dieſe Hornmaſſe
bald einfach körnig, bald durch Furchen in mehr oder minder bedeu-
tende Schilder getheilt, welche, wenn ſie in größerer Länge zuſammen-
fließen, Schienen oder Stiefel genannt werden und deren Anord-
nung für die Syſtematik von Bedeutung iſt. Zu dieſen Hornbildun-
gen der Oberhaut gehören ebenfalls auch die Nägel der Zehen, die
ſchon früher beſchriebenen Schnabelſcheiden und die Sporen, ſcharfe,
nagelartige Hornſpitzen, die gewöhnlich auf der inneren Seite der
Füße, wie bei den Hähnen, oft aber auch, wie bei den Wehrvögeln,
dem Caſuar und dem Sekretär, an der vorderen Flügelecke angebracht
ſind und den Thieren als Waffe dienen, womit ſie beim Schlagen
mittelſt des Flügels verwunden. Endlich kommen noch bei manchen
Vögeln, beſonders ſtark entwickelt bei dem Truthahne und bei man-
chen Geiern, Fleiſchauswüchſe auf der Haut des Kopfes und Halſes
vor, welche durch das Andrängen des Blutes geſchwellt werden können.

An dem Nervenſyſteme der Vögel läßt ſich eine bedeutende

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0316" n="310"/>
gemeinen in <hi rendition="#g">Schwungfedern, Steuerfedern</hi> und <hi rendition="#g">Deckfedern</hi><lb/>
theilt. An einem ausge&#x017F;treckten Vogelflügel unter&#x017F;cheidet man zuer&#x017F;t<lb/>
die Haupt&#x017F;teuerfedern oder die <hi rendition="#g">Hand&#x017F;chwingen</hi>, gewöhnlich zehn,<lb/>
&#x017F;eltener neun oder eilf lange Federn, mit breiten Fahnen, welche &#x017F;ich<lb/>
an der ganzen Länge der Handknochen vom Flügelbuge bis zur Spitze<lb/>
fe&#x017F;t&#x017F;etzen, dann die <hi rendition="#g">Arm&#x017F;chwingen</hi>, welche den Raum vom Ellen-<lb/>
bogen bis zum Armgelenke einnehmen, und die Deckfedern des <hi rendition="#g">Schul-<lb/>
terfittigs</hi> <hi rendition="#aq">(Parapterum)</hi>, welche an dem Oberarme eingefügt &#x017F;ind.<lb/>
Der Daumen trägt an dem Handgelenke eine Sammlung kleiner<lb/>
Schwungfedern, welche man den <hi rendition="#g">fal&#x017F;chen Flügel</hi> <hi rendition="#aq">(alula)</hi> nennt.<lb/>
Von allen Seiten &#x017F;ind die Kiele der Schwungfedern von kürzeren<lb/>
Deckfedern umgeben, wodurch aus dem ganzen Flügel eine breite<lb/>
Platte gebildet wird, an der die Schwungfedern &#x017F;o angelagert &#x017F;ind,<lb/>
daß beim Heben des Flügels die Luft zwi&#x017F;chen ihnen durch&#x017F;treicht,<lb/>
beim Senken darunter gefangen wird. Die <hi rendition="#g">Steuerfedern</hi> des<lb/>
Schwanzes &#x017F;tehen gewöhnlich fächerartig und dienen haupt&#x017F;ächlich zum<lb/>
Balanciren des Vogelleibes in horizontaler Stellung, &#x017F;o wie zum &#x017F;eit-<lb/>
lichen Steuern de&#x017F;&#x017F;elben, was man namentlich deutlich bei den Raub-<lb/>
vögeln beobachten kann, wenn &#x017F;ie mit unbeweglich ausge&#x017F;pannten Flü-<lb/>
geln ihre lang&#x017F;amen Krei&#x017F;e in der Luft be&#x017F;chreiben. An denjenigen<lb/>
Stellen, wo die Haut nicht mit Federn bedeckt i&#x017F;t, zeigt &#x017F;ie &#x017F;ich bald<lb/>
nackt und weich und ziemlich dünn, wie an dem Hal&#x017F;e mancher Geier,<lb/>
bald i&#x017F;t die Oberhaut hornartig verdickt, wie dieß namentlich an dem<lb/>
Laufe und den Zehen der Fall i&#x017F;t. Hier zeigt &#x017F;ich die&#x017F;e Hornma&#x017F;&#x017F;e<lb/>
bald einfach körnig, bald durch Furchen in mehr oder minder bedeu-<lb/>
tende Schilder getheilt, welche, wenn &#x017F;ie in größerer Länge zu&#x017F;ammen-<lb/>
fließen, <hi rendition="#g">Schienen</hi> oder <hi rendition="#g">Stiefel</hi> genannt werden und deren Anord-<lb/>
nung für die Sy&#x017F;tematik von Bedeutung i&#x017F;t. Zu die&#x017F;en Hornbildun-<lb/>
gen der Oberhaut gehören ebenfalls auch die Nägel der Zehen, die<lb/>
&#x017F;chon früher be&#x017F;chriebenen Schnabel&#x017F;cheiden und die Sporen, &#x017F;charfe,<lb/>
nagelartige Horn&#x017F;pitzen, die gewöhnlich auf der inneren Seite der<lb/>
Füße, wie bei den Hähnen, oft aber auch, wie bei den Wehrvögeln,<lb/>
dem Ca&#x017F;uar und dem Sekretär, an der vorderen Flügelecke angebracht<lb/>
&#x017F;ind und den Thieren als Waffe dienen, womit &#x017F;ie beim Schlagen<lb/>
mittel&#x017F;t des Flügels verwunden. Endlich kommen noch bei manchen<lb/>
Vögeln, be&#x017F;onders &#x017F;tark entwickelt bei dem Truthahne und bei man-<lb/>
chen Geiern, Flei&#x017F;chauswüch&#x017F;e auf der Haut des Kopfes und Hal&#x017F;es<lb/>
vor, welche durch das Andrängen des Blutes ge&#x017F;chwellt werden können.</p><lb/>
            <p>An dem <hi rendition="#g">Nerven&#x017F;y&#x017F;teme</hi> der Vögel läßt &#x017F;ich eine bedeutende<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0316] gemeinen in Schwungfedern, Steuerfedern und Deckfedern theilt. An einem ausgeſtreckten Vogelflügel unterſcheidet man zuerſt die Hauptſteuerfedern oder die Handſchwingen, gewöhnlich zehn, ſeltener neun oder eilf lange Federn, mit breiten Fahnen, welche ſich an der ganzen Länge der Handknochen vom Flügelbuge bis zur Spitze feſtſetzen, dann die Armſchwingen, welche den Raum vom Ellen- bogen bis zum Armgelenke einnehmen, und die Deckfedern des Schul- terfittigs (Parapterum), welche an dem Oberarme eingefügt ſind. Der Daumen trägt an dem Handgelenke eine Sammlung kleiner Schwungfedern, welche man den falſchen Flügel (alula) nennt. Von allen Seiten ſind die Kiele der Schwungfedern von kürzeren Deckfedern umgeben, wodurch aus dem ganzen Flügel eine breite Platte gebildet wird, an der die Schwungfedern ſo angelagert ſind, daß beim Heben des Flügels die Luft zwiſchen ihnen durchſtreicht, beim Senken darunter gefangen wird. Die Steuerfedern des Schwanzes ſtehen gewöhnlich fächerartig und dienen hauptſächlich zum Balanciren des Vogelleibes in horizontaler Stellung, ſo wie zum ſeit- lichen Steuern deſſelben, was man namentlich deutlich bei den Raub- vögeln beobachten kann, wenn ſie mit unbeweglich ausgeſpannten Flü- geln ihre langſamen Kreiſe in der Luft beſchreiben. An denjenigen Stellen, wo die Haut nicht mit Federn bedeckt iſt, zeigt ſie ſich bald nackt und weich und ziemlich dünn, wie an dem Halſe mancher Geier, bald iſt die Oberhaut hornartig verdickt, wie dieß namentlich an dem Laufe und den Zehen der Fall iſt. Hier zeigt ſich dieſe Hornmaſſe bald einfach körnig, bald durch Furchen in mehr oder minder bedeu- tende Schilder getheilt, welche, wenn ſie in größerer Länge zuſammen- fließen, Schienen oder Stiefel genannt werden und deren Anord- nung für die Syſtematik von Bedeutung iſt. Zu dieſen Hornbildun- gen der Oberhaut gehören ebenfalls auch die Nägel der Zehen, die ſchon früher beſchriebenen Schnabelſcheiden und die Sporen, ſcharfe, nagelartige Hornſpitzen, die gewöhnlich auf der inneren Seite der Füße, wie bei den Hähnen, oft aber auch, wie bei den Wehrvögeln, dem Caſuar und dem Sekretär, an der vorderen Flügelecke angebracht ſind und den Thieren als Waffe dienen, womit ſie beim Schlagen mittelſt des Flügels verwunden. Endlich kommen noch bei manchen Vögeln, beſonders ſtark entwickelt bei dem Truthahne und bei man- chen Geiern, Fleiſchauswüchſe auf der Haut des Kopfes und Halſes vor, welche durch das Andrängen des Blutes geſchwellt werden können. An dem Nervenſyſteme der Vögel läßt ſich eine bedeutende

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/316
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/316>, abgerufen am 25.11.2024.