werkzeuge. Der Schwanz ist von sehr verschiedener Länge, gewöhnlich aber mindestens ebenso lang, als der Körper, und oft mit ausgezeich- neten, stacheligen Wirtelschuppen bedeckt.
Die meisten Eidechsen sind Bewohner südlicher und tropischer Gegenden, wo sie sich entweder auf der Erde, oder auf Bäumen und Gesträuchen kletternd umhertreiben, Insekten, kleine Säugethiere und Vögel im Sprunge haschen. Die größten Arten erreichen höchstens eine Länge von vier bis sechs Fuß und keine einzige wird dem Men- schen gefährlich. Manche größere Gattungen werden sogar ihres zar- ten Fleisches willen als Wild gejagt. In den gemäßigten Zonen verfallen sie in Winterschlaf und werden bei kälterem Wetter sehr träge und langsam, während sie bei lebhaftem Sonnenscheine außerordentlich agil und munter werden und sogar sich insofern zähmen lassen, daß sie auf bekannte Zeichen aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen und das ihnen bestimmte Futter in Empfang nehmen.
In der Vorwelt waren die Eidechsen die ersten Repräsentanten des Typus der Reptilien und einige Gattungen derselben, die der Kreideperiode besonders angehören, erreichen eine riesenmäßige Größe. Wir erkennen unter ihnen mit Berücksichtigung der fossilen Gattungen folgende Unterordnungen und Familien:
Unterordnung der Ringelechsen (Annulata). Der Körper dieser Thiere ist drehrund, ziemlich dick, wurmförmig, der Kopf nicht abgesetzt, der Schwanz dick, abgerundet, sehr kurz, so daß der After sich ganz nahe an dem hinteren Ende befindet. Die Haut dieser Eid- echsen ist ganz eigenthümlich gebildet; man bemerkt keine Schuppen, sondern lediglich Querfurchen ähnlich den Eindrücken oder Ringeln der Würmer, die wieder durch feine Längsrisse getheilt sind, so daß der ganze Körper von wirtelförmig gestellten, häutigen Schildchen um- geben scheint. Die Mundspalte ist nur sehr klein, unterwärts ange- bracht, die Zähne bei den meisten in eine Rinne angewachsen, bei einer Gattung dagegen auf den Rand des Kiefers aufgesetzt. Die Zunge ist dick, kurz, vorn etwas ausgeschnitten, das Auge sehr klein, rund und in ähnlicher Weise, wie bei den Schlangen, nur von einer durchsichtigen Hautkapsel, nicht aber von Augenlidern beschützt; ebenso überzieht die äußere Haut ganz vollständig das Paukenfell, so daß keine Spur vom Ohre sich vorweist. Den meisten Gattungen fehlen äußere Gliedmaßen durchaus, nur bei einer findet man zwei
werkzeuge. Der Schwanz iſt von ſehr verſchiedener Länge, gewöhnlich aber mindeſtens ebenſo lang, als der Körper, und oft mit ausgezeich- neten, ſtacheligen Wirtelſchuppen bedeckt.
Die meiſten Eidechſen ſind Bewohner ſüdlicher und tropiſcher Gegenden, wo ſie ſich entweder auf der Erde, oder auf Bäumen und Geſträuchen kletternd umhertreiben, Inſekten, kleine Säugethiere und Vögel im Sprunge haſchen. Die größten Arten erreichen höchſtens eine Länge von vier bis ſechs Fuß und keine einzige wird dem Men- ſchen gefährlich. Manche größere Gattungen werden ſogar ihres zar- ten Fleiſches willen als Wild gejagt. In den gemäßigten Zonen verfallen ſie in Winterſchlaf und werden bei kälterem Wetter ſehr träge und langſam, während ſie bei lebhaftem Sonnenſcheine außerordentlich agil und munter werden und ſogar ſich inſofern zähmen laſſen, daß ſie auf bekannte Zeichen aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen und das ihnen beſtimmte Futter in Empfang nehmen.
In der Vorwelt waren die Eidechſen die erſten Repräſentanten des Typus der Reptilien und einige Gattungen derſelben, die der Kreideperiode beſonders angehören, erreichen eine rieſenmäßige Größe. Wir erkennen unter ihnen mit Berückſichtigung der foſſilen Gattungen folgende Unterordnungen und Familien:
Unterordnung der Ringelechſen (Annulata). Der Körper dieſer Thiere iſt drehrund, ziemlich dick, wurmförmig, der Kopf nicht abgeſetzt, der Schwanz dick, abgerundet, ſehr kurz, ſo daß der After ſich ganz nahe an dem hinteren Ende befindet. Die Haut dieſer Eid- echſen iſt ganz eigenthümlich gebildet; man bemerkt keine Schuppen, ſondern lediglich Querfurchen ähnlich den Eindrücken oder Ringeln der Würmer, die wieder durch feine Längsriſſe getheilt ſind, ſo daß der ganze Körper von wirtelförmig geſtellten, häutigen Schildchen um- geben ſcheint. Die Mundſpalte iſt nur ſehr klein, unterwärts ange- bracht, die Zähne bei den meiſten in eine Rinne angewachſen, bei einer Gattung dagegen auf den Rand des Kiefers aufgeſetzt. Die Zunge iſt dick, kurz, vorn etwas ausgeſchnitten, das Auge ſehr klein, rund und in ähnlicher Weiſe, wie bei den Schlangen, nur von einer durchſichtigen Hautkapſel, nicht aber von Augenlidern beſchützt; ebenſo überzieht die äußere Haut ganz vollſtändig das Paukenfell, ſo daß keine Spur vom Ohre ſich vorweiſt. Den meiſten Gattungen fehlen äußere Gliedmaßen durchaus, nur bei einer findet man zwei
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werkzeuge. Der Schwanz iſt von ſehr verſchiedener Länge, gewöhnlich
aber mindeſtens ebenſo lang, als der Körper, und oft mit ausgezeich-
neten, ſtacheligen Wirtelſchuppen bedeckt.
Die meiſten Eidechſen ſind Bewohner ſüdlicher und tropiſcher
Gegenden, wo ſie ſich entweder auf der Erde, oder auf Bäumen und
Geſträuchen kletternd umhertreiben, Inſekten, kleine Säugethiere und
Vögel im Sprunge haſchen. Die größten Arten erreichen höchſtens
eine Länge von vier bis ſechs Fuß und keine einzige wird dem Men-
ſchen gefährlich. Manche größere Gattungen werden ſogar ihres zar-
ten Fleiſches willen als Wild gejagt. In den gemäßigten Zonen
verfallen ſie in Winterſchlaf und werden bei kälterem Wetter ſehr träge
und langſam, während ſie bei lebhaftem Sonnenſcheine außerordentlich
agil und munter werden und ſogar ſich inſofern zähmen laſſen, daß
ſie auf bekannte Zeichen aus ihren Schlupfwinkeln hervorkommen und
das ihnen beſtimmte Futter in Empfang nehmen.
In der Vorwelt waren die Eidechſen die erſten Repräſentanten
des Typus der Reptilien und einige Gattungen derſelben, die der
Kreideperiode beſonders angehören, erreichen eine rieſenmäßige Größe.
Wir erkennen unter ihnen mit Berückſichtigung der foſſilen Gattungen
folgende Unterordnungen und Familien:
Unterordnung der Ringelechſen (Annulata). Der Körper
dieſer Thiere iſt drehrund, ziemlich dick, wurmförmig, der Kopf nicht
abgeſetzt, der Schwanz dick, abgerundet, ſehr kurz, ſo daß der After
ſich ganz nahe an dem hinteren Ende befindet. Die Haut dieſer Eid-
echſen iſt ganz eigenthümlich gebildet; man bemerkt keine Schuppen,
ſondern lediglich Querfurchen ähnlich den Eindrücken oder Ringeln
der Würmer, die wieder durch feine Längsriſſe getheilt ſind, ſo daß
der ganze Körper von wirtelförmig geſtellten, häutigen Schildchen um-
geben ſcheint. Die Mundſpalte iſt nur ſehr klein, unterwärts ange-
bracht, die Zähne bei den meiſten in eine Rinne angewachſen, bei
einer Gattung dagegen auf den Rand des Kiefers aufgeſetzt. Die
Zunge iſt dick, kurz, vorn etwas ausgeſchnitten, das Auge ſehr
klein, rund und in ähnlicher Weiſe, wie bei den Schlangen, nur von
einer durchſichtigen Hautkapſel, nicht aber von Augenlidern beſchützt;
ebenſo überzieht die äußere Haut ganz vollſtändig das Paukenfell, ſo
daß keine Spur vom Ohre ſich vorweiſt. Den meiſten Gattungen
fehlen äußere Gliedmaßen durchaus, nur bei einer findet man zwei
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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